Zeichnung von E. Croissant
Aus unserer Erfindermappe: Der Morgenpostansauger
Der Llmzrrg
„Ja, aber — ich begreife dich nicht!" stammelte Else, wobei sie
mir unauffällig den Puls fühlte.
„Liebling," sagte ich, „es ist ganz einfach: wir ziehen um!"
„Ah!" sagte Else und gab mir noch einen Kuß. Dann ging ich
fröhlich ins Büro.
Am zehn rief Else an. Aha, sie wollte mir sicher das Gelingen
unseres Planes melden!
„Nun, Else, ist Tante Malwine fort?"
„Tante Malwine bleibt. Sie sagt, sie muß uns helfe». Wir
verständen ja nicht das geringste vom Amziehen. Tante Malwines
Mann war Zollbeamter und ist in seinem Leben 24 mal versetzt
worden, daher hat sie die Erfahrung. Sie hat in alle Schränke hinein-
geguckt und die Lände über dem Kopf zusammengeschlage», wie
nachlässig wir gepackt hätten. Zum Beispiel das gute Geschirr sei
verloren, sagt sie. Aeberhaupt ist sie mißtrauisch. Mitten im Monat
ziehe niemand um, da stecke irgend was dahinter, meint sie. Am
liebsten gäbe ich die ganze Geschichte auf, aber das geht nickt, ich
habe ihr ja aus deinen Rat gesagt, daß die Ziehmänner um 11 Ahr
kommen. Bitte, komm sofort nach Lause. Tante Malwine sagt auch,
es sei eine Gemeinheit, daß du dir nicht hättest frei geben lassen."
Na, das war ja eine schöne Geschichte! Ich überlegte scharf.
Dann begab ich mich zu dem Mann, bei dem ich die Möbel auf
Raten gekauft hatte.
„Lerr Pinne," sagte ich, „ich soll Besuch von einer Tante be-
kommen, die ich nicht mag. Am sie loszuwerden, habe ich ihr vor-
geschwindelt, daß ich umziehe. Würden Sie mir nicht den Gefallen
tun und die Möbel für einige Tage auf Ihr Lager stellen, damit ich
mich vor der Tante nicht mit einer Lüge bloßzustellen brauche. Den
Transport zahle ich selbstverständlich."
Lerr Pinne sah mich sonderbar an.
„Erzählen Sie mir doch keine Märchen!" sagte er. „Ich weiß, wie
die Geschichte zusammenhängt. Mir können Sie nichts vormachen.
Ihnen steht von andrer Seite eine Pfändung bevor, und Sie wollen
nicht, daß etwas bei Ihnen gefunden wird zum Pfänden. Aber lassen
Sie nur ruhig pfänden. Ich habe ja Eigentumsvorbehalt auf den
Dingern, und die Kosten des Widerspruchsprozesses, den ich mit
Ihrem Gläubiger führen muß, zahlt, wer verliert! Auf Wieder-
sehen!"
Lerr Pinne schob mich hinaus. So weit also kommt man auf
dieser Welt, wenn inan die Wahrheit sagt!
Ich rannte zu dem Mann, von dem das Piano stammte. Mit vier
Pianotransporteuren kann man ganz gut einen Amzug Vortäuschen.
Mit der Schilderung des Sachverhaltes fing ich hier gar nicht erst an.
„.Lerr Schlicker," tagte ich, „leider muß ich Ihnen mitteilen, daß
es mir nickt möglich ist, die restlichen Raten zu zahlen. Ich möchte
Sie bitten, das Klavier abzuholen, und zwar so schnell wie möglich,
am liebsten beute noch, ja, ich möchte Sie bitten: sofort! Je eher ich
das Piano los bin, desto lieber ist es mir. Schicken Sie meinetwegen
acht oder zehn Männer statt vier, damit es nur schnell geht. Ich
zahle alles."
„Lm!" sagte Lerr Schlicker, „der Transport kostet schon mit
vier Männern genau so viel, wie eine Monatsrate ausmachtI Das
käme also auf eines hinaus. And außerdem bin ich gegen Kunden
nicht so. Gehen Sie ruhig nach Lause. Von mir kriegen Sie wegen
ein oder zwei Raten, die im Moment nicht bezahlt werden können,
noch lange keine Schwierigkeiten."
Ich schüttelte Lerrn Schlicker bewegt die Land und war mir
klar, daß er den Grund meiner Gemütsbewegung mißdeutete. Dann
trank ich vollständig verzweifelt einen Kognak.
Als ich nach Lause kam, gab es kein Mitagessen. Else war in
Tränen aufgelöst, und Tante Malwine packte abwechselnd Porzellan
in Zeitschriften ein und tropfte Loffmannstropfen aus Zucker, für
meine völlig desolate Frau. Taute Malwine war außerordentlich
geübt, das mußte ihr der Neid lassen! Im Verlauf von knapp drei Stun-
den hatte sie unser ganzes Lab und Gut so verpackt, daß auch kein Stück
mehr zu finden war: weder die Sbagpfeife noch die Pantoffeln.
„Wann kommen die Ziehleute?" fragte Tante Malwine.
„Ich möchte bezweifeln, daß sie überhaupt heute noch kommen."
„Warum nicht?"
„Die Firma hat pleite gemacht."
„So," sagte Tante Malwine, „ich wußte ja, daß hier etwas nicht
stimmte. Jetzt sag mir aber die volle Wahrheit, Kunibert!"
Ich schwieg.
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Aus unserer Erfindermappe: Der Morgenpostansauger
Der Llmzrrg
„Ja, aber — ich begreife dich nicht!" stammelte Else, wobei sie
mir unauffällig den Puls fühlte.
„Liebling," sagte ich, „es ist ganz einfach: wir ziehen um!"
„Ah!" sagte Else und gab mir noch einen Kuß. Dann ging ich
fröhlich ins Büro.
Am zehn rief Else an. Aha, sie wollte mir sicher das Gelingen
unseres Planes melden!
„Nun, Else, ist Tante Malwine fort?"
„Tante Malwine bleibt. Sie sagt, sie muß uns helfe». Wir
verständen ja nicht das geringste vom Amziehen. Tante Malwines
Mann war Zollbeamter und ist in seinem Leben 24 mal versetzt
worden, daher hat sie die Erfahrung. Sie hat in alle Schränke hinein-
geguckt und die Lände über dem Kopf zusammengeschlage», wie
nachlässig wir gepackt hätten. Zum Beispiel das gute Geschirr sei
verloren, sagt sie. Aeberhaupt ist sie mißtrauisch. Mitten im Monat
ziehe niemand um, da stecke irgend was dahinter, meint sie. Am
liebsten gäbe ich die ganze Geschichte auf, aber das geht nickt, ich
habe ihr ja aus deinen Rat gesagt, daß die Ziehmänner um 11 Ahr
kommen. Bitte, komm sofort nach Lause. Tante Malwine sagt auch,
es sei eine Gemeinheit, daß du dir nicht hättest frei geben lassen."
Na, das war ja eine schöne Geschichte! Ich überlegte scharf.
Dann begab ich mich zu dem Mann, bei dem ich die Möbel auf
Raten gekauft hatte.
„Lerr Pinne," sagte ich, „ich soll Besuch von einer Tante be-
kommen, die ich nicht mag. Am sie loszuwerden, habe ich ihr vor-
geschwindelt, daß ich umziehe. Würden Sie mir nicht den Gefallen
tun und die Möbel für einige Tage auf Ihr Lager stellen, damit ich
mich vor der Tante nicht mit einer Lüge bloßzustellen brauche. Den
Transport zahle ich selbstverständlich."
Lerr Pinne sah mich sonderbar an.
„Erzählen Sie mir doch keine Märchen!" sagte er. „Ich weiß, wie
die Geschichte zusammenhängt. Mir können Sie nichts vormachen.
Ihnen steht von andrer Seite eine Pfändung bevor, und Sie wollen
nicht, daß etwas bei Ihnen gefunden wird zum Pfänden. Aber lassen
Sie nur ruhig pfänden. Ich habe ja Eigentumsvorbehalt auf den
Dingern, und die Kosten des Widerspruchsprozesses, den ich mit
Ihrem Gläubiger führen muß, zahlt, wer verliert! Auf Wieder-
sehen!"
Lerr Pinne schob mich hinaus. So weit also kommt man auf
dieser Welt, wenn inan die Wahrheit sagt!
Ich rannte zu dem Mann, von dem das Piano stammte. Mit vier
Pianotransporteuren kann man ganz gut einen Amzug Vortäuschen.
Mit der Schilderung des Sachverhaltes fing ich hier gar nicht erst an.
„.Lerr Schlicker," tagte ich, „leider muß ich Ihnen mitteilen, daß
es mir nickt möglich ist, die restlichen Raten zu zahlen. Ich möchte
Sie bitten, das Klavier abzuholen, und zwar so schnell wie möglich,
am liebsten beute noch, ja, ich möchte Sie bitten: sofort! Je eher ich
das Piano los bin, desto lieber ist es mir. Schicken Sie meinetwegen
acht oder zehn Männer statt vier, damit es nur schnell geht. Ich
zahle alles."
„Lm!" sagte Lerr Schlicker, „der Transport kostet schon mit
vier Männern genau so viel, wie eine Monatsrate ausmachtI Das
käme also auf eines hinaus. And außerdem bin ich gegen Kunden
nicht so. Gehen Sie ruhig nach Lause. Von mir kriegen Sie wegen
ein oder zwei Raten, die im Moment nicht bezahlt werden können,
noch lange keine Schwierigkeiten."
Ich schüttelte Lerrn Schlicker bewegt die Land und war mir
klar, daß er den Grund meiner Gemütsbewegung mißdeutete. Dann
trank ich vollständig verzweifelt einen Kognak.
Als ich nach Lause kam, gab es kein Mitagessen. Else war in
Tränen aufgelöst, und Tante Malwine packte abwechselnd Porzellan
in Zeitschriften ein und tropfte Loffmannstropfen aus Zucker, für
meine völlig desolate Frau. Taute Malwine war außerordentlich
geübt, das mußte ihr der Neid lassen! Im Verlauf von knapp drei Stun-
den hatte sie unser ganzes Lab und Gut so verpackt, daß auch kein Stück
mehr zu finden war: weder die Sbagpfeife noch die Pantoffeln.
„Wann kommen die Ziehleute?" fragte Tante Malwine.
„Ich möchte bezweifeln, daß sie überhaupt heute noch kommen."
„Warum nicht?"
„Die Firma hat pleite gemacht."
„So," sagte Tante Malwine, „ich wußte ja, daß hier etwas nicht
stimmte. Jetzt sag mir aber die volle Wahrheit, Kunibert!"
Ich schwieg.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aus unserer Erfindermappe: Der Morgenpostansauger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4683, S. 275
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg