Aufenthalt. Ja, das geht nun nicht, und deshalb fährt man doch wieder
wie im vorigen Jahre nach dem stillen Seedörfchen Poppelshagen, wo
man bei deni Oekonomen Kolderjahn so gut aufgehoben war.
Kolderjahns sind nette Leute. Sie stehen am Bahnhof und emp-
fangen Fabians voll Lerzlichkeit. And Frau Kolderjahn sagt zu Frau
Fabian: „Das ist aber mal schön, daß die Lerrschaften diesen Sommer
doch wieder gekoinmen sind! Wir haben uns ja so gefreut, wie der
Brief gekommen ist, daß der Äerr Gemahl so schwer die Grippe gehabt
hat und sich erholen muß."
Frau Prökel fängt jetzt an, davon zu reden. Am liebsten wäre ihr
in diesem Jahre ein großes Nordseebad.
„Schön I" sagt Prökel. „Aber nur unter einer Bedingung: wir fahren
gleich. Jetzt ist die billigste Zeit; darauf lasse ich mich schließlich ein."
„Anmöglich I" wehrt die Gattin ab. „Das ist viel zu früh. Ein Bad
ohne Saison ist nichts für mich."
„Erledigt!" schließt Prökel die Anterhaltung. „Dann also eine
Saison ohne Bad!"
„Ich werde also annoncieren: Kleines, hübsches Wochen-
endhäuschen mit laufendem Wasser aus Gesundheitsrücksichten
sofort zu verkaufen."
Die Vorsaison
Im „Gasthof zum Anker" in Strullendorf am wunderschönen
Strullensee ist der nach den Mühen des Winters so sehr erholungs-
bedürftige Großstädter — wenigstens versichern ihm die Leitungen
der Kurorte alljährlich diese Erholungsbedürstigkeit — ganz vorzüglich
aufgehoben. Das hatte August Pottkieker, der Besitzer des „Ankers"
in einigen kleinen Anzeigen erklärt, und darauf hatte Albert Bugge
bei ihm angesragt, was denn das vorzügliche Aufgehobensein koste.
August Pottkieker hatte geantwortet: „In der Vorsaison pro Tag
4 Mark, in der Lauptsaison 6 Mark. Aber alles einbegriffen."
Das hatte Albert Bugge gepaßt, und schon am I. Juni kam er
an, mit seiner Frau und drei erwachsenen Töchtern. Außerdem hatten
sich zwei Tanten und ein Onkel angeschlossen. Das waren also acht
Personen, die sich jetzt an dem „Anker" zur Erholung festlegen wollten.
August Pottkieker zählte die acht Läupter und nickte zufrieden.
And dann murmelte er etwas von 6 Mark pro Tag und Kops.
Erlauben Sie mal!" widersetzte sich Albert Bugge. „Sie haben
mir doch geschrieben,;»
der Vorsaison betrage
der Preis 4 Mark."
„Iawoll!" bestätigte
August Pottkieker.
„Aber ich bin doch man
bloß auf 8 Gäste im
ganzen eingerichtet.
Wenn ich 8 Leut' im
.Baus Hab' — — das
is' für mich Laupt-
saison."
Diesmal tritt der
RegierungsratFabian
seinen Arlaub sehr früh
an; er hat ihn sehr
nötig. Eigentlich hatte
er ja ganz andere
Pläne. Er wollte erst
imLerbstfortund dann
an den Rhein und von
Mainz hinuntersahren
bis nach Köln, mit
Naturwunder manchem angenehmen
Keineswegs soll behauptet werden, daß später, wenn das Laus
überfüllt ist, die Gäste des „Fremdenheims Seeblick" nicht reichlich
verpflegt werden. Aber das steht fest: besser haben sie es in der
Vorsaison. O, da werden sie wundervoll geatzt und geradezu ge-
mästet. Denn man will sie ja festhalten; sie dürfen nicht die
Gelegenheit benutzen, jetzt noch überall anderwärts Unterkommen
zu können.
Schlopper und Pranke sitzen bei Tisch. Pranke ist ein ge-
waltiger Esser, aber Schlopper kann nicht mehr — die halbe
Portion Kalbsbraten läßt er auf dem Teller liegen.
Pranke reicht ihm eine alte Zeitung. „Da — packen Sie
schnell ein! Sie können das Fleisch ja nachher heimlich dem Los-
Hund geben."
Schlopper gefällt das nicht. „Aber warum denn?"
„Ist doch klar: wenn Sie heute nicht aufessen, kriegen wir
morgen kleinere Portionen." —°n.
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wie im vorigen Jahre nach dem stillen Seedörfchen Poppelshagen, wo
man bei deni Oekonomen Kolderjahn so gut aufgehoben war.
Kolderjahns sind nette Leute. Sie stehen am Bahnhof und emp-
fangen Fabians voll Lerzlichkeit. And Frau Kolderjahn sagt zu Frau
Fabian: „Das ist aber mal schön, daß die Lerrschaften diesen Sommer
doch wieder gekoinmen sind! Wir haben uns ja so gefreut, wie der
Brief gekommen ist, daß der Äerr Gemahl so schwer die Grippe gehabt
hat und sich erholen muß."
Frau Prökel fängt jetzt an, davon zu reden. Am liebsten wäre ihr
in diesem Jahre ein großes Nordseebad.
„Schön I" sagt Prökel. „Aber nur unter einer Bedingung: wir fahren
gleich. Jetzt ist die billigste Zeit; darauf lasse ich mich schließlich ein."
„Anmöglich I" wehrt die Gattin ab. „Das ist viel zu früh. Ein Bad
ohne Saison ist nichts für mich."
„Erledigt!" schließt Prökel die Anterhaltung. „Dann also eine
Saison ohne Bad!"
„Ich werde also annoncieren: Kleines, hübsches Wochen-
endhäuschen mit laufendem Wasser aus Gesundheitsrücksichten
sofort zu verkaufen."
Die Vorsaison
Im „Gasthof zum Anker" in Strullendorf am wunderschönen
Strullensee ist der nach den Mühen des Winters so sehr erholungs-
bedürftige Großstädter — wenigstens versichern ihm die Leitungen
der Kurorte alljährlich diese Erholungsbedürstigkeit — ganz vorzüglich
aufgehoben. Das hatte August Pottkieker, der Besitzer des „Ankers"
in einigen kleinen Anzeigen erklärt, und darauf hatte Albert Bugge
bei ihm angesragt, was denn das vorzügliche Aufgehobensein koste.
August Pottkieker hatte geantwortet: „In der Vorsaison pro Tag
4 Mark, in der Lauptsaison 6 Mark. Aber alles einbegriffen."
Das hatte Albert Bugge gepaßt, und schon am I. Juni kam er
an, mit seiner Frau und drei erwachsenen Töchtern. Außerdem hatten
sich zwei Tanten und ein Onkel angeschlossen. Das waren also acht
Personen, die sich jetzt an dem „Anker" zur Erholung festlegen wollten.
August Pottkieker zählte die acht Läupter und nickte zufrieden.
And dann murmelte er etwas von 6 Mark pro Tag und Kops.
Erlauben Sie mal!" widersetzte sich Albert Bugge. „Sie haben
mir doch geschrieben,;»
der Vorsaison betrage
der Preis 4 Mark."
„Iawoll!" bestätigte
August Pottkieker.
„Aber ich bin doch man
bloß auf 8 Gäste im
ganzen eingerichtet.
Wenn ich 8 Leut' im
.Baus Hab' — — das
is' für mich Laupt-
saison."
Diesmal tritt der
RegierungsratFabian
seinen Arlaub sehr früh
an; er hat ihn sehr
nötig. Eigentlich hatte
er ja ganz andere
Pläne. Er wollte erst
imLerbstfortund dann
an den Rhein und von
Mainz hinuntersahren
bis nach Köln, mit
Naturwunder manchem angenehmen
Keineswegs soll behauptet werden, daß später, wenn das Laus
überfüllt ist, die Gäste des „Fremdenheims Seeblick" nicht reichlich
verpflegt werden. Aber das steht fest: besser haben sie es in der
Vorsaison. O, da werden sie wundervoll geatzt und geradezu ge-
mästet. Denn man will sie ja festhalten; sie dürfen nicht die
Gelegenheit benutzen, jetzt noch überall anderwärts Unterkommen
zu können.
Schlopper und Pranke sitzen bei Tisch. Pranke ist ein ge-
waltiger Esser, aber Schlopper kann nicht mehr — die halbe
Portion Kalbsbraten läßt er auf dem Teller liegen.
Pranke reicht ihm eine alte Zeitung. „Da — packen Sie
schnell ein! Sie können das Fleisch ja nachher heimlich dem Los-
Hund geben."
Schlopper gefällt das nicht. „Aber warum denn?"
„Ist doch klar: wenn Sie heute nicht aufessen, kriegen wir
morgen kleinere Portionen." —°n.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Annoncieren" "Naturwunder" "Waage"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4688, S. 362
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg