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Kots

nicht genügende Leizkraft besäße, er solle doch lieber wie bisher
Winterkoks nehmen.

Es war am 10. Juli, da fuhren zwei mit Koks schwer beladene Wagen
vor unserm Laus vor. Männer rissen den Verschlag vom ersten beste»
Kellerfenster und begannen, den Koks hineinzuschauseln. Es war vielleicht
schon ein halber Wagen abgcladen, da erschien der Studienrat Bocker auf
der Bildfläche. Er sagte, das sei gegen die Abrede, die er mit der Firma
getroffen habe. Er habe den Koks noch nicht abgerufen, zum heutigen
Tagespreise nehme er ihn nicht und sie sollten ihn wieder mitnehmen. Es
waren fünf Männer, starke Männer, aber sie standen zwei Minuten wie
versteinert. Dann äußerten sie alle möglichen Vermutungen über den
Geisteszustand des Studienrats. Auch sonderbare Vorschläge machten sie
ihm. So meinte einer, der im großen und ganzen nur mit Koksstaub be-
kleidet war, der Lerr solle, ehe er weiterrede, sich mit der Knochenver-
wertungszentrale in Verbindung setzen. Schließlich kam aber eine Einigung
zustande: für drei Mollen pro Nase wollten sie den Koks wieder heraus-
schaufeln. Und so geschah es.

Ich bat dem Studienrat im stillen alles ab. Das war immerhin eine
mannhafte Tat!

Aber nun überstürzten sich die Ereignisse. Es bleibe dahingestellt, ob
ein stiller, aber zäher Kampf zwischen dem Kohlenhändler und unserm
Leizungsbeauftragten entbrannte, oder ob die fünf rauhen Männer hier
auf eigene Land eine prachtvolle Gelegenheit zum Erwerb von „Mollen"
ausnutzten — auf jeden Fall wurde ich am nächsten Morgen durch das
häßlich scharrende Geräusch des Koksabladens aus meinem Urlaubsschlum-
mer geweckt. Wieder folgten erregte Verhandlungen, wieder wurde der
Koks zurückgeschaufelt, und wieder traten die Mollen in Erscheinung.

Dann war einen Tag Ruhe. And dann gab es ein Wettrennen. Die
Männer mit dem Koks versuchten den Studienrat zu überlisten. Sie kamen
zu den unmöglichsten Zeiten: morgens um fünf, lange vor Arbeitsbeginn,
mittags um zwei, abends um neun. Ich zitterte und bebte. Der Studienrat
wurde blaß und magerte sichtlich ab. Er sprach mit sich selber und nahm
bei jeder Gelegenheit Nervenpillen ein. Von der zweiten Woche ab ging
er nicht mehr auf die Straße, wenn die Kohlenmänner kamen, sondern
er bewilligte die Mollen von oben herunter. Schließlich schoß er mit einem
Luftgewehr und warf mit Kaktussen. Er hätte das früher tun sollen, denn
es hatte den Erfolg, daß der Vormann der Koksmenschen den Traktor
ausspannen und die zwei Waggons Koks auf der Straße stehen ließ.

Der Studienrat war in ein Sanatorium geflüchtet. Drei Tage respek-
tierte jedermann unfern Koks. Dann aber beobachtete ich, wie einzelne
Passanten wie spielend mit dem Spazierstockgriff Koks herunterholten. Ja,

„So ne Lederne ist doch 'n Aniversalstück. Auf
dem Alpenball geht sie als Maske, und im Ge-
birge sieht man damit aus wie 'n Eingeborener!"

es muß gesagt sein, daß der Rentner Dünnebrot das zwanzig-
mal am Tage machte, den Koks dann spielerisch bis vor seine
Laustür trat und seinem Dienstmädchen ihn wegzukehren be-
fahl. Am vierten Tag kletterte eine Schar Kinder auf den
Kokswagen herum. Schließlich spielte das ganze Viertel mit
Koks.

Ende Juli, nach Rückkehr der Mieter, fand eine erregte
Versammlung statt. Bocker behauptete, er habe nur die In-
teressen der Mietparteien wahrgenommen, Koks sei täglich
billiger geworden. Zum Beweis holte er die Zeitungen
herbei, die er aufgehoben hatte.

Es stellte sich heraus, daß er im Kurszettel nachge-
seheu hatte. AnterOberkoks. Die Aktien waren am Fallen.

Es gab eine Szene. Bocker wurde etwas lädiert.
Er verklagte uns. Die Aeberholungskosten, die wir alle
zu tragen hatten, waren erheblich. Der Koks ebenfalls
teuer. Außerdem waren 125 Mollen zu ersetzen. And
die Kaktusse und das Luftgewehr kamen ebenfalls auf
Mieterkonto.

Ob ich nicht nächstes Jahr doch wieder einmal
verreise?

Zerstreut

„Sie scheinen den .Lund zu vermissen! Der ist mit der
Wirtschafterin zum Tierarzt! — „Was fehlt ihr denn?"

Sommerlokal

„Die Limonade ist warm, Lerr Wirt. Laben Sie
kein Eis?"

„I Hab schon — >— aber dös gehört fürs Bier."

„kannst du es glauben, daß die Zenzi vom Ober-
pichler die Kühe mit einer Seidenbluse füttert?"
„Ansinn! Eine Kuh wird so was fressen!"

„Wenn mei' Alke wüßt, daß i heut beim Mai-
bock sitz, da hätt s' wieder was zum meckern I"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Maibock" "Ne Lederne"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Frank, Hugo
Entstehungsdatum
um 1935
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1940
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 183.1935, Nr. 4689, S. 371

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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