Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
den Schneidergesellen Wedehase zweimal aufgesordert hat, das
Lokal zu verlassen. Beim zweiten Male hat er also gesagt:
Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche! Das ist doch unverständlich;
was soll denn das bedeuten?"

Nun wundert sich der Stuckateur, der Gipskonditor, über
den Amtsrichter. „Det is doch bekannt, Lerr Rat: die Kaiser-
Wilhelm-Iedächtniskirche hat doch die mehrsten Türme von
alle Kirchen in Berlin."

„Das mag stimmen. Aber warum sollte der Linweis auf
diese Kirche den Wedehase veranlassen, sich aus dem Lokal zu
entfernen?"

„Is doch selbstverständlich, Lerr Rat! Wenn ick zu jemand
sage: ,Mensch, nu aber Kaiser-Wilhelm-Iedächtniskirchell —
denn muß er'raus, denn det heeßt doch: Mensch, nu türme!"-

Der Amtsrichter Collien stellt das Verfahren ein. Der
Schneidergeselle Wedehase ist zufrieden; die drei Lerren Borstig
Kuhlert und Senkel aber gehen, einige Mollen zu trinken, und
beklagen dabei die Weltfremdheit der Richter.

„Sie wollen also jetzt im Ruhestand von der Wasserkant fort
ins Binnenland ziehen, Lerr Kapitän; werden Sie sich dort aber
auch eingewöhnen?"

„Keene Bange deswegen, habe mich überzeugt: die Leute
haben da ganz trinkbare Sachen."

„Senfmeier und ich brauckeu einen dritten Mann zum Skat
Wie wär's denn mit Ihnen, Äerr Knöterich?"

„O, ich komme wohl nicht in Frage; ich bin ein sehr schwacher
Spieler."

„Famos! Einen starken wünschen wir auch gar nicht."

Lausfriedensbruch

Autofritze. And Senkel, det is der Iipskonditer, der Stuckateer, der sagt:
,Kinder, habt ihr jeheert: statt Schtrump sagt der Boomaffe: S—trumpf!
Iott, wie feinll — Na, und ick komme nu ooch mit 'n paar so'ne Wörter

an, wie S—tock, S-tein, S—tiebelknecht-und wir drei lachen. Da

steht der Mann uff und will det nich' haben. Belehren will er uns, det er
besser spricht. Die Berliner können ieberhaupt nich' richtig sprechen,
meint er; die sagen ja immer ,mir^, die wissen nich', wo ,mickst hinjeheert.
Na, Lerr Rat, det kann ick mir als Berliner doch nich' jefallen lassen,
det in mein Lokal uff die berlinsche Sprache jeschumpfen wird. Da habe
ick ihn uffjefordert, det Lokal zu verlassen. Aber er is nich' jegangen."

„Das s—timmt nicht, Lerr Richter!" ruft der Schneidergeselle.

„Ach wat, ick Hab' Zeijen!" erklärt der Budiker.

Der Schofför Kuhlert wird Hereingerufe». Er will gleich schwören,
aber der Amtsrichter Collien winkt ab. „Wird vielleicht nicht nötig sein.
Die Vorgeschichte kennen Sie ja. Wie war das dann? Lat der Gastwirt
Borstig den Schneidergesellen Wedehase aufgefordert, das Lokal zu
verlassen?"

„Iawoll — hat er, Lerr Rat!"

„So, was hat er dabei gesagt? Wiederholen Sie das mal!"

„Wat er jesagt hat? Vierdausendsiebenhundertelf! hat er jesagt."

Der Amtsrichter Collien wundert sich über den Zeuge». „Aber das
ist doch keine Aufforderung, das Lokal zu verlassen. Was soll denn das
heißen?"

„Ich habe nicht gewußt, warum mir der Mann eine Fernsprech-
nummer nannte," wirft Wedehase dazwischen.

„Fernsprechnummer? Quatsch!" sagt der Schofför. „4711-det

is doch 'ne Sorte Kölnischwasser, Lerr Rat."

„Ach so! Aber ich verstehe noch immer nicht."

„Is doch klar, Lerr Rat! Det heeßt doch: Verdufte!"

Der Amtsrichter Collien lächelt und nickt dem Schneidergesellen
Wedehase beruhigend zu. Er fragt den Zeugen weiter: „And wie war
das mit der zweiten Aufforderung?"

„Da war ick schon wech, Lerr Rat; ick wurd' 'rausjeholt, ick kriechte
me Fuhre."

Nun muß noch der Stuckateur Senkel gerufen werden. Auch er will
sofort schwören, soll aber erst einmal genau wiederholen, was der Gast-
wirt nach dem Worte „4711" noch zu Wedehase gesagt hat.

„Wat er dann jesagt hat? Mensch, nu aber Kaiser-Wilhelm-
Iedächtniskirche!" hat er gesagt.

Der Amtsrichter Collien wundert sich über diesen Zeugen noch mehr.
„Erklären Sie mir mal: Sie wollen bezeugen, daß der Gastwirt Borstig

Nachruf

Der Schreinermeister Brettreich, den wir heute als Toten
betrauern, war auch langjähriges Mitglied unseres Vereins.
Bis zu seinem seligen Ende hielt er treu zur Fahne, zu der
er die Stange gratis geliefert hat.

„Anterlassen Sie gefälligst Ihre Fensterpro-
menaden! Was sollen denn die Leute denken!"

20
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Trinkbare Sachen" "Fensterpromenaden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4719, S. 20

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen