Zeichnung von ®. Traob
Begreiflich „Wie war die Fahrt, Tante?"
„Peinliche Reisegesellschaft gehabt! Die wollten mir nur einen Sitzplatz gönnen'"
Lalloh
Es war der letzte Patient in der Sprechstunde bei Dr. Klucker.
Er war maßlos nervös. Der Arzt drückte ihm ein Rezept in die Land
und klopfte ihm auf die Schulter.
„Nehmen Sie das regelmäßig, und die Sache wird besser werden."
Mißtrauisch besah sich der Patient das Rezept. Dann verzog er den
^Und und schlug eine Lohnlache an.
„Brom?" rief er. „Und das, denken Sie, soll mir helfen? Ich
U>ill Ihnen gleich sagen, daß ich das Zeug nicht nehme. And nun
i^tzen Sie sich bitte einen Moment, Doktor, und hören Sie mich an!
3ch will Ihnen den Grund meiner Nervosität sagen."
„Nun?"
„Ich heiße nämlich Lalloh."
„Lm!" sagte der Doktor, „und wieso-?"
Der Mann, der Lalloh hieß, goß zornig eine Flasche Jodtinktur
den Tisch.
^ "Wissen Sie, was es bedeutet, Lalloh zu heißen? Nein, das
^ss«n Sie nicht. Ich sehe es an Ihrer verständnislosen Miene. Kein
^.^dnsch es. Ich wünschte Ihnen, daß Sie nur mal vierzehn
^ Oe Lalloh hießen, dann hätten Sie eine Ahnung, was ich mein
^eben durchmachen mußte. Schon mein Vater ist daran zu-
dieo*** gegangen. Er hat SO Jahre seines Lebens einen Kampf um
Änderung dieses Namens mit dem Ministerium geführt. Tags
^ an,fe er sich, und nachts schrieb er Eingaben. Aber sie haben ihm
en tarnen nicht geändert. Sie tun das nicht gerne. And wenn.
dann nehmen sie nur einen Buchstaben heraus oder verstellen einige.
Als wenn ein Name etwas heiliges und unverletzliches wäre!"
Er machte eine Pause und nahm einige vierzig Loffmannstropfen.
Dann fuhr er fort:
„Laben Sie eine Ahnung, was es bedeutet, wenn Sie am Tage
40 und 50 mal Ihren Namen auf der Straße rufen hören. Jedesmal
dreht man sich herum. Besonders, seit dieser verfluchte Ausruf aus
dem Englischen bei uns so Mode geworden ist, ist es gar nicht mehr
zum Aushalten. Eine Frau ruft hinter ihrem Manne her Lalloh!
Ich gehe zufällig ganz in der Nähe, fahre herum, glaube angerufen
worden zu sein, vermute eine Bekannte, rede die Dame an — der
Lerr kommt dazwischen — es gibt Krach. Ich brauche Ihnen die un-
liebsamen Folgerungen nicht weiter auszumalen. Ich entschloß mich,
auf Lalloh überhaupt nicht mehr zu reagieren. Was passiert? Ein Ge-
schäftsfreund begegnet mir, ruft, ich gehe stracks durch wie ein Spanier,
er denkt, ich habe etwas gegen ihn, und ich verliere auf diese Weise
glatt 5000 Mark, weil er einem andern den Auftrag erteilt.
Oder ich werde angerufen. Ich melde mich: Lalloh! — Melden
Sie sich doch mit Ihrem Namen, schnarrt eine Aufsicht vom Amt
dazwischen. Lier Lalloh! sage ich daraufhin. Der Beamte kommt
mir grob, ich gehe hoch, es gibt einen Beamtenbeleidigungs-
prozeß.
Oder: meine Braut erzählt mir, sie müsse die Beziehungen zu
mir abbrechen. Sie wolle nicht zugestehen müssen, daß sie sich mit
Lalloh verlobt habe.
Der Mann seufzte schwer.
Der Dr. Klucker erhob sich.
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Begreiflich „Wie war die Fahrt, Tante?"
„Peinliche Reisegesellschaft gehabt! Die wollten mir nur einen Sitzplatz gönnen'"
Lalloh
Es war der letzte Patient in der Sprechstunde bei Dr. Klucker.
Er war maßlos nervös. Der Arzt drückte ihm ein Rezept in die Land
und klopfte ihm auf die Schulter.
„Nehmen Sie das regelmäßig, und die Sache wird besser werden."
Mißtrauisch besah sich der Patient das Rezept. Dann verzog er den
^Und und schlug eine Lohnlache an.
„Brom?" rief er. „Und das, denken Sie, soll mir helfen? Ich
U>ill Ihnen gleich sagen, daß ich das Zeug nicht nehme. And nun
i^tzen Sie sich bitte einen Moment, Doktor, und hören Sie mich an!
3ch will Ihnen den Grund meiner Nervosität sagen."
„Nun?"
„Ich heiße nämlich Lalloh."
„Lm!" sagte der Doktor, „und wieso-?"
Der Mann, der Lalloh hieß, goß zornig eine Flasche Jodtinktur
den Tisch.
^ "Wissen Sie, was es bedeutet, Lalloh zu heißen? Nein, das
^ss«n Sie nicht. Ich sehe es an Ihrer verständnislosen Miene. Kein
^.^dnsch es. Ich wünschte Ihnen, daß Sie nur mal vierzehn
^ Oe Lalloh hießen, dann hätten Sie eine Ahnung, was ich mein
^eben durchmachen mußte. Schon mein Vater ist daran zu-
dieo*** gegangen. Er hat SO Jahre seines Lebens einen Kampf um
Änderung dieses Namens mit dem Ministerium geführt. Tags
^ an,fe er sich, und nachts schrieb er Eingaben. Aber sie haben ihm
en tarnen nicht geändert. Sie tun das nicht gerne. And wenn.
dann nehmen sie nur einen Buchstaben heraus oder verstellen einige.
Als wenn ein Name etwas heiliges und unverletzliches wäre!"
Er machte eine Pause und nahm einige vierzig Loffmannstropfen.
Dann fuhr er fort:
„Laben Sie eine Ahnung, was es bedeutet, wenn Sie am Tage
40 und 50 mal Ihren Namen auf der Straße rufen hören. Jedesmal
dreht man sich herum. Besonders, seit dieser verfluchte Ausruf aus
dem Englischen bei uns so Mode geworden ist, ist es gar nicht mehr
zum Aushalten. Eine Frau ruft hinter ihrem Manne her Lalloh!
Ich gehe zufällig ganz in der Nähe, fahre herum, glaube angerufen
worden zu sein, vermute eine Bekannte, rede die Dame an — der
Lerr kommt dazwischen — es gibt Krach. Ich brauche Ihnen die un-
liebsamen Folgerungen nicht weiter auszumalen. Ich entschloß mich,
auf Lalloh überhaupt nicht mehr zu reagieren. Was passiert? Ein Ge-
schäftsfreund begegnet mir, ruft, ich gehe stracks durch wie ein Spanier,
er denkt, ich habe etwas gegen ihn, und ich verliere auf diese Weise
glatt 5000 Mark, weil er einem andern den Auftrag erteilt.
Oder ich werde angerufen. Ich melde mich: Lalloh! — Melden
Sie sich doch mit Ihrem Namen, schnarrt eine Aufsicht vom Amt
dazwischen. Lier Lalloh! sage ich daraufhin. Der Beamte kommt
mir grob, ich gehe hoch, es gibt einen Beamtenbeleidigungs-
prozeß.
Oder: meine Braut erzählt mir, sie müsse die Beziehungen zu
mir abbrechen. Sie wolle nicht zugestehen müssen, daß sie sich mit
Lalloh verlobt habe.
Der Mann seufzte schwer.
Der Dr. Klucker erhob sich.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Begreiflich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4720, S. 39
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg