Zeichnung von L. Fischer
„Aber Fiffi, ick kenn dir ja nich wieder!"
Dag
aber k *'x ®1<>crt
und IHUr*- ®0c^ dann wurden die erst breiten Gesichter immer länger
wg n- immer öfter wurden sie dem Nebensaale zugekehrt,
glatt wartete. Bei der Stelle: ,!1nd der Rinder breitgestirnte,
die gg ®^Qren kommen brüllend, die gewohnten Ställe füllend" sah
Aber Gesellschaft dorthin, wo der Oberkellner die Lände rang,
doch konnten die Leute machen? Unterbrechen durften sie mich
d>ahrscb ■' benn ^ krug ja Schiller vor. Sie mußten stumm leiden,
Gedicht Schiller verfluchend, daß er ein so furchtbar langes
Friede ?Emacht hat, und ausharren mußten sie bis zum Schluß:
° wi ihr erst Geläute!
^ilhrte p* überschütteten sie mich nicht mit Beifall. Keine Land
einig« & ot>er °®e ^eine — nach der gedeckten Tafel hin. Nur
Türk« herren schienen mich erwarten zu wollen, voran der würdige
die festig winkte. Aber ich winkte ab und zog mich hinter
hinten bi **"*E" zurück, die nun auch die Bühne verließen, aber nach
Gewerkt ®° 9elan9te ich auf einen Korridor und glücklich, ohne
sehr n„.5u Serben, wieder auf mein Zimmer. Danach habe ich dann
9eschlafen.-
"^lleicht ***** *ert s"9ke 9«r nichts. Er blickte zum Fenster hinaus;
nach b Rollte er sein Gesicht nicht zeigen, vielleicht wollte er auch
und da« Egend sehen. Richtig — gleich würde der Zug halten,
^"ssertasck***^** ev na3> Striepelshagen umsteigen. Er nahm seine
Den harte ***** b*^ schützenden Leinwandhülle und seinen Schirm,
’&n herunt ^ 0U^ b*e ant,ere Seite gelegt; er brauchte einige Zeit,
^Esährte^ Erzunehmen, und musterte dabei den Koffer seines Retse-
r’*' ""n w ^ **Un ^°pske er dem jüngeren Lerrn auf die Schulter.
Stri»»,.,.. Aen wir, wie die Sache gewesen ist! Nun können wir in
-"»yagen darangehen, alles wieder 9 sst das
3Utm^n läßt es sich ja leider nichl-Em-sch ** * wird das doch
Der jüngere L^rr wunderte sich-
zweien sein! Lat wohl ein bißchen R° ^ das damals dw
"Schlimmeres, viel Schlimmeres! Mck ^ foUte sie es übel
Gesellschaft sebr Übel genommen. Ab ^ __ daran dachte
^men? Daß sich ein Fremder emgedra g ^ Studienaffeffor u
Niemand. Also siel der Verdacht auf emen l» g Mesior" zu mir.
-Ar»D» Verdacht »» »1° »•*>
Gymnasiums. Er unterrichtete im Deu ^ .^n man schnitt ihn,
die ganze Glocke auswendig können. Man
man boykottierte ihn. Za, sogar seine Verlobung ging deshalb aus-
einander. Er aber erklärte, er hätte den Ball der ,Larmonie" ja
gar nicht besucht, sondern mit einer schweren Erkältung zu Bett
gelegen. Man glaubte ihm nicht. Da suchte er sich zu Helsen, indem
er einen Prozeß inszenierte. Ein Freund mußte ihn unter Anspielung
auf die Ballgeschichte öffentlich beleidigen. Dann klagte er und
brachte seine Wirtin als Zeugin, die auch unter Eid aussagte, der
Lerr Assessor wäre wirklich am Ballabend krank gewesen und zu
Lause im Bett geblieben. So, nun dachte er Ruhe zu haben und
rehabilitiert zu sein. Aber nein, der Boykott ging weiter. Die Frau
hat falsch ausgesagtI hieß es, und das Gerede wurde immer toller,
und schließlich kam es zu einem Meineidsverfahren. Einige Dutzend
Gäste jenes Balles, wahrscheinlich war auch Ihre kleine Zigeunerin
dabei, sagten aus, sie hätten den Assessor genau erkannt, und dann
wurde die unglückliche Frau, die Zimmerwirtin, zu einem Jahr
Zuchthaus verurteilt. Der Assessor aber bekam zwei Jahre, denn
Verleitung zum Meineide wird strenger bestraft. Ja, das kommt
davon, mein Lerr! Aber jetzt muß ich nach Striepelshagen — da
wird man sich wundern!"-
Der Zug hielt nur eine Minute. Er fuhr schon wieder, als der
jüngere Lerr sich besann, daß er wohl auch hinaus und nach Striepels-
hagen müßte. Aber da war es zu spät, und nun fuhr er dahin und
seufzte und jammerte. „Ich werde morgen gleich zu einem Rechts-
anwalt gehn!" stöhnte er. —
Aber am nächsten Tage, nach einer schlaflosen Nacht, bekam er
diesen Brief:
„Sehr geehrter Lerr Reisegefährte! Ich nehme die Anschrift
von Ihrem Kofferschildchen; hoffentlich stimmt sie. Ebenso hoffe ich,
daß Sie jetzt eine sehr schlechte Nacht gehabt haben; das wäre eine
kleine Vergeltung dafür, daß Sie uns damals unfern Ball so ver-
patzt haben. Aber die Geschichte mit dem Studienassessor habe ich
erfunden; in Striepelshagen gibt es überhaupt kein Gymnasium. Da
wir damals einwandfrei feststellen konnten, daß überhaupt kein Mensch
in Striepelshagen die ganze,Glocke" auswendig konnte, haben wir
dann doch auf einen Fremden geraten; wir dachten, es müßte ein
ehemaliger Germanist gewesen sein, der vagabondierend als Rezitator
sein Brot suchte. Wir haben uns nur gewundert, wie der Mann
zu dem Kostüm gekommen war, und daß er sich dann nicht wenig-
stens ordentlich bei uns voll gegessen hat. Aebrigens: ich war damals
der würdige Türke."
71
„Aber Fiffi, ick kenn dir ja nich wieder!"
Dag
aber k *'x ®1<>crt
und IHUr*- ®0c^ dann wurden die erst breiten Gesichter immer länger
wg n- immer öfter wurden sie dem Nebensaale zugekehrt,
glatt wartete. Bei der Stelle: ,!1nd der Rinder breitgestirnte,
die gg ®^Qren kommen brüllend, die gewohnten Ställe füllend" sah
Aber Gesellschaft dorthin, wo der Oberkellner die Lände rang,
doch konnten die Leute machen? Unterbrechen durften sie mich
d>ahrscb ■' benn ^ krug ja Schiller vor. Sie mußten stumm leiden,
Gedicht Schiller verfluchend, daß er ein so furchtbar langes
Friede ?Emacht hat, und ausharren mußten sie bis zum Schluß:
° wi ihr erst Geläute!
^ilhrte p* überschütteten sie mich nicht mit Beifall. Keine Land
einig« & ot>er °®e ^eine — nach der gedeckten Tafel hin. Nur
Türk« herren schienen mich erwarten zu wollen, voran der würdige
die festig winkte. Aber ich winkte ab und zog mich hinter
hinten bi **"*E" zurück, die nun auch die Bühne verließen, aber nach
Gewerkt ®° 9elan9te ich auf einen Korridor und glücklich, ohne
sehr n„.5u Serben, wieder auf mein Zimmer. Danach habe ich dann
9eschlafen.-
"^lleicht ***** *ert s"9ke 9«r nichts. Er blickte zum Fenster hinaus;
nach b Rollte er sein Gesicht nicht zeigen, vielleicht wollte er auch
und da« Egend sehen. Richtig — gleich würde der Zug halten,
^"ssertasck***^** ev na3> Striepelshagen umsteigen. Er nahm seine
Den harte ***** b*^ schützenden Leinwandhülle und seinen Schirm,
’&n herunt ^ 0U^ b*e ant,ere Seite gelegt; er brauchte einige Zeit,
^Esährte^ Erzunehmen, und musterte dabei den Koffer seines Retse-
r’*' ""n w ^ **Un ^°pske er dem jüngeren Lerrn auf die Schulter.
Stri»»,.,.. Aen wir, wie die Sache gewesen ist! Nun können wir in
-"»yagen darangehen, alles wieder 9 sst das
3Utm^n läßt es sich ja leider nichl-Em-sch ** * wird das doch
Der jüngere L^rr wunderte sich-
zweien sein! Lat wohl ein bißchen R° ^ das damals dw
"Schlimmeres, viel Schlimmeres! Mck ^ foUte sie es übel
Gesellschaft sebr Übel genommen. Ab ^ __ daran dachte
^men? Daß sich ein Fremder emgedra g ^ Studienaffeffor u
Niemand. Also siel der Verdacht auf emen l» g Mesior" zu mir.
-Ar»D» Verdacht »» »1° »•*>
Gymnasiums. Er unterrichtete im Deu ^ .^n man schnitt ihn,
die ganze Glocke auswendig können. Man
man boykottierte ihn. Za, sogar seine Verlobung ging deshalb aus-
einander. Er aber erklärte, er hätte den Ball der ,Larmonie" ja
gar nicht besucht, sondern mit einer schweren Erkältung zu Bett
gelegen. Man glaubte ihm nicht. Da suchte er sich zu Helsen, indem
er einen Prozeß inszenierte. Ein Freund mußte ihn unter Anspielung
auf die Ballgeschichte öffentlich beleidigen. Dann klagte er und
brachte seine Wirtin als Zeugin, die auch unter Eid aussagte, der
Lerr Assessor wäre wirklich am Ballabend krank gewesen und zu
Lause im Bett geblieben. So, nun dachte er Ruhe zu haben und
rehabilitiert zu sein. Aber nein, der Boykott ging weiter. Die Frau
hat falsch ausgesagtI hieß es, und das Gerede wurde immer toller,
und schließlich kam es zu einem Meineidsverfahren. Einige Dutzend
Gäste jenes Balles, wahrscheinlich war auch Ihre kleine Zigeunerin
dabei, sagten aus, sie hätten den Assessor genau erkannt, und dann
wurde die unglückliche Frau, die Zimmerwirtin, zu einem Jahr
Zuchthaus verurteilt. Der Assessor aber bekam zwei Jahre, denn
Verleitung zum Meineide wird strenger bestraft. Ja, das kommt
davon, mein Lerr! Aber jetzt muß ich nach Striepelshagen — da
wird man sich wundern!"-
Der Zug hielt nur eine Minute. Er fuhr schon wieder, als der
jüngere Lerr sich besann, daß er wohl auch hinaus und nach Striepels-
hagen müßte. Aber da war es zu spät, und nun fuhr er dahin und
seufzte und jammerte. „Ich werde morgen gleich zu einem Rechts-
anwalt gehn!" stöhnte er. —
Aber am nächsten Tage, nach einer schlaflosen Nacht, bekam er
diesen Brief:
„Sehr geehrter Lerr Reisegefährte! Ich nehme die Anschrift
von Ihrem Kofferschildchen; hoffentlich stimmt sie. Ebenso hoffe ich,
daß Sie jetzt eine sehr schlechte Nacht gehabt haben; das wäre eine
kleine Vergeltung dafür, daß Sie uns damals unfern Ball so ver-
patzt haben. Aber die Geschichte mit dem Studienassessor habe ich
erfunden; in Striepelshagen gibt es überhaupt kein Gymnasium. Da
wir damals einwandfrei feststellen konnten, daß überhaupt kein Mensch
in Striepelshagen die ganze,Glocke" auswendig konnte, haben wir
dann doch auf einen Fremden geraten; wir dachten, es müßte ein
ehemaliger Germanist gewesen sein, der vagabondierend als Rezitator
sein Brot suchte. Wir haben uns nur gewundert, wie der Mann
zu dem Kostüm gekommen war, und daß er sich dann nicht wenig-
stens ordentlich bei uns voll gegessen hat. Aebrigens: ich war damals
der würdige Türke."
71
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Aber Fiffi, ick kenn dir ja nich wieder!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4722, S. 71
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg