Stelldichein
.. ging über die Straße, aufreizend chik und rosa. Max heftete
) errötend an ihre Sohlen. Doch ehe er den nötigen Mut bei-
annnen hatte, stand Lissi schon an einer Laustür, tippte dreimal
""f einen Klingelknopf und schloß die Türe auf. Mit einem schnap-
euden schadenfrohen Geräusch fiel sie ins Schloß. Max tat, als
che er einen Namen an der Laustafel, dabei streichelte er zärtlich
Q n Klingelknopf, den sie berührt hatte, führte den Finger inbrünstig
11 feine Lippen und prägte sich genau den Namen ein.
Lierauf begab sich Max sofort nach Lause, blätterte traum-
erloren in einem Band Liebesgedichte und setzte sich dann ent-
chivssen an den Schreibtisch.
iLr schrieb. Er formte Sätze und verwarf sie wieder. Viermal
r,B er den angefangenen Brief. Schließlich war er fertig. Er
le Sähe geschrieben, wie sie seit mehreren tausend Jahren von
e» Verliebten immer wieder für originell gehalten werden. „Liebe
^*f de,, ersten Blick" und „unsterbliche Leidenschaft" kam darin vor.
°eh dann kam die praktische Seite der Sache:
00, " • ■ . Ich werde am Märchenbrunnen auf Sie warten.
wrgen Nachmittag um 5 Ahr. Damit Sie mich erkennen, werde
p7. *n der Land ein dünnes Stückchen tragen. Im übrigen achten
e' bitte, auf meinen beigefarbenen Sommermantel und einen Hell-
enen, vorne heruntergebogenen Lut. Als besonderes Kennzeichen
^ede ich eine rote Nelke ins Knopfloch stecken.
Ihr sehr anbetender
Max . . ."
a, »Wir haben nicht genug andere Leute eingeladen. Wenn es auch ein
der Mediziner ist, könnten wir doch mehr Laiengäste gebrauchen."
o. »Ist ja wie im Leben, Lerr Kollege, wie im Leben: zu viel
^ezte, zu wenig Patienten."
Am es gleich zu sagen:
Max wartete vergeblich
am Märchenbrunnen.
Am dreiviertel fünf war
er schon da. Kurz nach
ihm erschien ein junger
Mann auf dem Plan,
der hier ebenfalls ein
Stelldichein zu haben
schien. Das störte Max
erheblich. Außerdem
war dieser andre ein
unangenehmer Typ. Er
trug einen dunkelgrü-
nen, vorne hinaufge-
bogenen Lut, steckte in
einem braunen Som-
mermantel und gefiel
sich darin, einen unge-
wöhnlich dickenSpazier-
stock zu schwingen. Be-
sonders peinlich aber
wirkte die aufdringliche
Chrysantheme, die er im
Knopfloch trug.
Am 6 Ahr 14 nahte
eiligen Schrittes ein
älterer Lerr, der ganz
offenbar stark kurzsichtig
war. And dann wurde
Max Zeuge eines sehr
peinlichen Auftritts.
Der ältere Lerr trat erst dicht an den Chrysanthemen-Kavalier heran
und musterte ihn eindringlich. Dann entfernte er mit einem raschen
Griff die Chrysantheme und schleuderte sie ins Gebüsch. Lierauf
holte er erst rechts, dann links zu einer Ohrfeige aus, die nicht von
schlechten Eltern war, und während Max noch zauderte, wie er sich
dazu stellen sollte, schritt der ältere Lerr schon leichtfüßig über den
Play davon.
Da rauchte in der Ferne Lissi auf! Max spürte sein Lerz bis in
den Lals schlagen. Er ging noch einmal, um sich zu beruhigen, um
den Märchenbrunnen herum und — — —
In der Mitte des Platzes begrüßte der ältere Lerr Lissi. Dann
gingen beide in der entgegengesetzten Richtung davon.
Max flog hinterher. In der belebten Lauptstraße holte er sie
ein. Er ging mit pochenden Pulsen einen Schritt hinter ihnen.
„Nein, Lissi," sagte der ältere Lerr, „der schreibt dir keine
Briefe mehr! Aebrigens war er ganz anders angezogen, und statt
einer Nelle trug er eine Chrysantheme. Der Feigling hatte sich auch
noch getarnt!"
Anders gemeint
„Meine Braut ist eine Perle!"
„Macht nichts! Ich habe auch ein Dienstmädchen geheiratet!"
Nicht unerwünscht
Lulda Pfefferkorn will ein Leiratsgesuch loslassen. Sie hat sich
viel Mühe gegeben, die Anzeige abzufassen; sie hat auch Sorgfalt
bei der Niederschrift geübt •-nur eine Kleinigkeit ist undeutlich
geraten.
Der Lerr am Inseratenschalter erkundigt sich: „Soll das eine
Drei sein oder Acht, meine Dame?"
Lulda Pfefferkorn kramt in ihrer Laudtasche nach dem Gelbe
für die Anzeige; sie scheint die Frage zu überhören.
Der Inseratenmann muß aber genau sein. „Bitte, meine Dame
soll es 85000 Mark Vermögen heißen oder 35 0N» Mark?"
Lulda Pfefferkorn errötet. „Eigentlich 35 000! Aber wenn da
eine Acht hinkäme-ich würde den Druckfehler nicht beanstanden."
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.. ging über die Straße, aufreizend chik und rosa. Max heftete
) errötend an ihre Sohlen. Doch ehe er den nötigen Mut bei-
annnen hatte, stand Lissi schon an einer Laustür, tippte dreimal
""f einen Klingelknopf und schloß die Türe auf. Mit einem schnap-
euden schadenfrohen Geräusch fiel sie ins Schloß. Max tat, als
che er einen Namen an der Laustafel, dabei streichelte er zärtlich
Q n Klingelknopf, den sie berührt hatte, führte den Finger inbrünstig
11 feine Lippen und prägte sich genau den Namen ein.
Lierauf begab sich Max sofort nach Lause, blätterte traum-
erloren in einem Band Liebesgedichte und setzte sich dann ent-
chivssen an den Schreibtisch.
iLr schrieb. Er formte Sätze und verwarf sie wieder. Viermal
r,B er den angefangenen Brief. Schließlich war er fertig. Er
le Sähe geschrieben, wie sie seit mehreren tausend Jahren von
e» Verliebten immer wieder für originell gehalten werden. „Liebe
^*f de,, ersten Blick" und „unsterbliche Leidenschaft" kam darin vor.
°eh dann kam die praktische Seite der Sache:
00, " • ■ . Ich werde am Märchenbrunnen auf Sie warten.
wrgen Nachmittag um 5 Ahr. Damit Sie mich erkennen, werde
p7. *n der Land ein dünnes Stückchen tragen. Im übrigen achten
e' bitte, auf meinen beigefarbenen Sommermantel und einen Hell-
enen, vorne heruntergebogenen Lut. Als besonderes Kennzeichen
^ede ich eine rote Nelke ins Knopfloch stecken.
Ihr sehr anbetender
Max . . ."
a, »Wir haben nicht genug andere Leute eingeladen. Wenn es auch ein
der Mediziner ist, könnten wir doch mehr Laiengäste gebrauchen."
o. »Ist ja wie im Leben, Lerr Kollege, wie im Leben: zu viel
^ezte, zu wenig Patienten."
Am es gleich zu sagen:
Max wartete vergeblich
am Märchenbrunnen.
Am dreiviertel fünf war
er schon da. Kurz nach
ihm erschien ein junger
Mann auf dem Plan,
der hier ebenfalls ein
Stelldichein zu haben
schien. Das störte Max
erheblich. Außerdem
war dieser andre ein
unangenehmer Typ. Er
trug einen dunkelgrü-
nen, vorne hinaufge-
bogenen Lut, steckte in
einem braunen Som-
mermantel und gefiel
sich darin, einen unge-
wöhnlich dickenSpazier-
stock zu schwingen. Be-
sonders peinlich aber
wirkte die aufdringliche
Chrysantheme, die er im
Knopfloch trug.
Am 6 Ahr 14 nahte
eiligen Schrittes ein
älterer Lerr, der ganz
offenbar stark kurzsichtig
war. And dann wurde
Max Zeuge eines sehr
peinlichen Auftritts.
Der ältere Lerr trat erst dicht an den Chrysanthemen-Kavalier heran
und musterte ihn eindringlich. Dann entfernte er mit einem raschen
Griff die Chrysantheme und schleuderte sie ins Gebüsch. Lierauf
holte er erst rechts, dann links zu einer Ohrfeige aus, die nicht von
schlechten Eltern war, und während Max noch zauderte, wie er sich
dazu stellen sollte, schritt der ältere Lerr schon leichtfüßig über den
Play davon.
Da rauchte in der Ferne Lissi auf! Max spürte sein Lerz bis in
den Lals schlagen. Er ging noch einmal, um sich zu beruhigen, um
den Märchenbrunnen herum und — — —
In der Mitte des Platzes begrüßte der ältere Lerr Lissi. Dann
gingen beide in der entgegengesetzten Richtung davon.
Max flog hinterher. In der belebten Lauptstraße holte er sie
ein. Er ging mit pochenden Pulsen einen Schritt hinter ihnen.
„Nein, Lissi," sagte der ältere Lerr, „der schreibt dir keine
Briefe mehr! Aebrigens war er ganz anders angezogen, und statt
einer Nelle trug er eine Chrysantheme. Der Feigling hatte sich auch
noch getarnt!"
Anders gemeint
„Meine Braut ist eine Perle!"
„Macht nichts! Ich habe auch ein Dienstmädchen geheiratet!"
Nicht unerwünscht
Lulda Pfefferkorn will ein Leiratsgesuch loslassen. Sie hat sich
viel Mühe gegeben, die Anzeige abzufassen; sie hat auch Sorgfalt
bei der Niederschrift geübt •-nur eine Kleinigkeit ist undeutlich
geraten.
Der Lerr am Inseratenschalter erkundigt sich: „Soll das eine
Drei sein oder Acht, meine Dame?"
Lulda Pfefferkorn kramt in ihrer Laudtasche nach dem Gelbe
für die Anzeige; sie scheint die Frage zu überhören.
Der Inseratenmann muß aber genau sein. „Bitte, meine Dame
soll es 85000 Mark Vermögen heißen oder 35 0N» Mark?"
Lulda Pfefferkorn errötet. „Eigentlich 35 000! Aber wenn da
eine Acht hinkäme-ich würde den Druckfehler nicht beanstanden."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wir haben nicht genug andere Leute eingeladen ..:" "Fundbüro"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4725, S. 117
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg