Zeichnung von E. Croissant
Nachtltschgeschichke
gleichen Richtung auf. Einer paßt also nicht neben das Bett. Last
du das denn nie gemerkt?"
„Nee, meiner war immer in Ordnung. Last du denn deinen nie
aufgemacht?"
Frau Balzer kann sich nicht erinnern. „Meine Lausschuhe habe
ich ja immer nur vor dem Bett stehen. And sonst habe ich immer die
Schublade oben gebraucht, das Schränkchen wohl nicht; ich weiß
das nicht genau. Aber wie ist es möglich, daß mir das niemals
ausgefallen ist?"
„Verstehe ich auch nicht. Vielleicht, weil du zum Glück nie krank
gewesen bist und länger hast im Bett liegen müssen. Sei also froh!
Aber natürlich hätte das nicht passieren dürfen. In dem Möbelge-
schäft — wie hieß der Kerl doch? Richtig: Kaspareck! da hätten
sie doch aufpassen müssen. Selbstverständlich muH das jetzt geändert
werden. Oho, das wollen wir doch mal sehn!"
IV.
Dürrmanns wollen ihre Nachttische umwechseln. Aber sie müssen
entdecken, daß es keinen Zweck haben würde; der alte Dürrmann
würde doch, wenn er nachts das Schränkchen seines Nachttisches
würde öffnen wollen, um sich die dicken Wollstrümpfe herauszuholcn,
aus dem Bett klettern müssen oder zu umständlichen Gliederver-
renkungen gezwungen sein.
„Daß wir das niemals gemerkt haben!" wundern sich die alten
Leute. „Aber vielleicht standen in der Rosmarinstraße die Betten
so, daß es paßte. Wie war denn das? Also: das eine Bett stand
an der langen Wand --"
Aber Dürrmanns kriegen es nicht heraus; sie sind schon ein
bißchen trottlig. Es wird schon gestimmt haben. Tatsache bleibt
jedenfalls, daß die Nachttische sich jetzt nicht richtig einfügen, und
daß also das Möbelhaus Kaspareck seinerzeit bei der Lieferung einen
Fehler gemacht hat. Den muß es jetzt wieder gut machen. Oho,
das wäre ja noch schöner!
V.
Lerr Balzer kommt zum Möbelhändler Kaspareck. Ihm sei vor
vier Jahren, als er eine Schlafzimmereinrichtung gekauft habe, gerade
so eine, wie die da im Fenster —I
„Aha, Lolstein-Gottorp!" sagt Kaspareck.
— — ja, da sei ihm ein falscher Nachttisch geliefert worden.
Beide Nachttische gingen nach der rechten Seite auf. Das dürfe
doch nicht sein, nicht wahr?
„Nein, das darf nicht sein I" gibt Kaspareck zu. „Aber Sie hätten
gleich kommen müssen. Soll ich etwa jetzt, nach vier Jahren, einen
alten Nachttisch zurücknehmen? Ausgeschlossen!"
„Wenn wir es doch nicht früher gemerkt haben! Das hat sich
ja erst jetzt herausgestellt, beim Amzug."
Daß bei Amzügen Mängel an Möbeln entdeckt werden, hat
Kaspareck schon manchmal erlebt. Aber in diesem Fall wird er sich
auf nichts einlassen. „Wenn Sie den Nachttisch vier Jahre lang
haben gebrauchen können, ist die Sache für mich in Ordnung." Da-
mit hat Kaspareck nicht so unrecht.
Balzer entfernt sich wütend mit der Erklärung, Kaspareck werde
noch von ihm hören.
VI.
Einen Tag später kommt der alte Dürrmann zum Möbelhändler
Kaspareck. Er habe vor etwa vier Jahren eine Schlafzimmereinrich-
tung gekauft, die gleiche, wie sie da im Fenster stehe-
„Aha, Lolstein-Gottorp!" Kaspareck wird sehr aufmerksam.
— ja, und dabei habe er einen falschen Nachttisch bekommen.
Beide Nachttische gingen nach der linken Seite auf. Das gehöre sich
doch nicht.
„Eigentlich nicht!" sagt Kaspareck. „Aber warum haben Sie sich
nicht gleich gemeldet?"
Dürrmann muß etwas kleinmütig zugeben: „Wir haben es erst
jetzt gemerkt, beim Amzug. In unserer alten Wohnung standen die
Betten so, daß die Nachttische paßten."
„Ja, dann war doch alles in Ordnung! Wenn erst jetzt infolge
eines Amzugs der eine von den Nachttischen nicht paßt, dann geht
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Nachtltschgeschichke
gleichen Richtung auf. Einer paßt also nicht neben das Bett. Last
du das denn nie gemerkt?"
„Nee, meiner war immer in Ordnung. Last du denn deinen nie
aufgemacht?"
Frau Balzer kann sich nicht erinnern. „Meine Lausschuhe habe
ich ja immer nur vor dem Bett stehen. And sonst habe ich immer die
Schublade oben gebraucht, das Schränkchen wohl nicht; ich weiß
das nicht genau. Aber wie ist es möglich, daß mir das niemals
ausgefallen ist?"
„Verstehe ich auch nicht. Vielleicht, weil du zum Glück nie krank
gewesen bist und länger hast im Bett liegen müssen. Sei also froh!
Aber natürlich hätte das nicht passieren dürfen. In dem Möbelge-
schäft — wie hieß der Kerl doch? Richtig: Kaspareck! da hätten
sie doch aufpassen müssen. Selbstverständlich muH das jetzt geändert
werden. Oho, das wollen wir doch mal sehn!"
IV.
Dürrmanns wollen ihre Nachttische umwechseln. Aber sie müssen
entdecken, daß es keinen Zweck haben würde; der alte Dürrmann
würde doch, wenn er nachts das Schränkchen seines Nachttisches
würde öffnen wollen, um sich die dicken Wollstrümpfe herauszuholcn,
aus dem Bett klettern müssen oder zu umständlichen Gliederver-
renkungen gezwungen sein.
„Daß wir das niemals gemerkt haben!" wundern sich die alten
Leute. „Aber vielleicht standen in der Rosmarinstraße die Betten
so, daß es paßte. Wie war denn das? Also: das eine Bett stand
an der langen Wand --"
Aber Dürrmanns kriegen es nicht heraus; sie sind schon ein
bißchen trottlig. Es wird schon gestimmt haben. Tatsache bleibt
jedenfalls, daß die Nachttische sich jetzt nicht richtig einfügen, und
daß also das Möbelhaus Kaspareck seinerzeit bei der Lieferung einen
Fehler gemacht hat. Den muß es jetzt wieder gut machen. Oho,
das wäre ja noch schöner!
V.
Lerr Balzer kommt zum Möbelhändler Kaspareck. Ihm sei vor
vier Jahren, als er eine Schlafzimmereinrichtung gekauft habe, gerade
so eine, wie die da im Fenster —I
„Aha, Lolstein-Gottorp!" sagt Kaspareck.
— — ja, da sei ihm ein falscher Nachttisch geliefert worden.
Beide Nachttische gingen nach der rechten Seite auf. Das dürfe
doch nicht sein, nicht wahr?
„Nein, das darf nicht sein I" gibt Kaspareck zu. „Aber Sie hätten
gleich kommen müssen. Soll ich etwa jetzt, nach vier Jahren, einen
alten Nachttisch zurücknehmen? Ausgeschlossen!"
„Wenn wir es doch nicht früher gemerkt haben! Das hat sich
ja erst jetzt herausgestellt, beim Amzug."
Daß bei Amzügen Mängel an Möbeln entdeckt werden, hat
Kaspareck schon manchmal erlebt. Aber in diesem Fall wird er sich
auf nichts einlassen. „Wenn Sie den Nachttisch vier Jahre lang
haben gebrauchen können, ist die Sache für mich in Ordnung." Da-
mit hat Kaspareck nicht so unrecht.
Balzer entfernt sich wütend mit der Erklärung, Kaspareck werde
noch von ihm hören.
VI.
Einen Tag später kommt der alte Dürrmann zum Möbelhändler
Kaspareck. Er habe vor etwa vier Jahren eine Schlafzimmereinrich-
tung gekauft, die gleiche, wie sie da im Fenster stehe-
„Aha, Lolstein-Gottorp!" Kaspareck wird sehr aufmerksam.
— ja, und dabei habe er einen falschen Nachttisch bekommen.
Beide Nachttische gingen nach der linken Seite auf. Das gehöre sich
doch nicht.
„Eigentlich nicht!" sagt Kaspareck. „Aber warum haben Sie sich
nicht gleich gemeldet?"
Dürrmann muß etwas kleinmütig zugeben: „Wir haben es erst
jetzt gemerkt, beim Amzug. In unserer alten Wohnung standen die
Betten so, daß die Nachttische paßten."
„Ja, dann war doch alles in Ordnung! Wenn erst jetzt infolge
eines Amzugs der eine von den Nachttischen nicht paßt, dann geht
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kunstbetrachtung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1936
Entstehungsdatum (normiert)
1931 - 1941
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 184.1936, Nr. 4738, S. 327
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg