Fliegende Blätter (186.1937 (Nr. 4771-4795) = 93. Jahrg.)

Zeichnung von I. Mauder

„Max, reiß doch mal dem großen Pinsel ne Land voll Laare aus, ich will der Greta die Wimpern kleben!"

Der Außenseiter

Lerr Busse zuckte die Schultern.

„Keine Ahnung! Ich war überhaupt nicht beim Rennen. Ich
verstehe doch nichts von Pferden und dem ganzen Wettbetrieb. Aber
die Rennresultate habe ich unten für Sie gekauft. Lier sind sie."
Paul riß die Zeitung auseinander.

„Erstes Nennen Niobe," las er, „zweites Nennen Goldmähne,
drittes Rennen — nein! — aber Lannibal hat doch gewonnen!
Lannibal mit zwei Längen!" — „Unmöglich!"

„Fünfhunderlzwanzig zu zehn!" — „Das ist doch —I"

„Lier! Lesen Sie selbst! Das sind tausendvierzig Mark für meine
zwanzig. Wo ist das Geld?" — „Aber —"

„Keine dummen Scherze, lieber Bussei Der Spaß war gut, der
Spaß war sogar ausgezeichnet, aber einmal muß auch der beste Spaß
sein Ende haben. Also raus mit der Pinkepinke!"

„Ich versichere Ihnen, Lerr Gautsch," stotterte Busse, „ich habe
das Geld wirklich nicht gesetzt."

Zn Paul stieg ein trüber Verdacht auf.

„Ach so? Sie wollen mich beschummeln? Sie wollen mein Geld
für sich behalten? Jetzt, wo Lannibal gewonnen hat, haben Sie ein-
fach nicht gesetzt? Und wenn er ferner liefen gewesen wäre, dann
wäre natürlich mein Geld futsch gewesen, was? Nein, mein verehr-
ter Lerr, da müssen Sie bei mir früher aufstehen I Da sind Sie bei
mir an die falsche Adresse geraten, Lerr Bussei Sie haben den
Auftrag übernommen und werden zahlen l Auf Leller und Pfennig I
Auf Leller und Pfennig!"

„Aber so fragen Sie doch Ihre Frau!" stieß Busse aufgeregt aus.

„Wen?" — „Ihre Frau!"

„Meine Frau lassen Sie gefälligst aus dem Spiel, Lerr!" schrie
Paul, „was soll denn meine Frau damit zu tun haben?"

„Sie hat mir doch mein Ehrenwort abgenommen, Ihre zwanzig
Mark nicht zu setzen!"

Paul fuhr wie von der Tarantel gestochen herum.

„Pauline I" — „Ach Paul!"

Pauline schluchzte in ihr Taschentuch.

„Pauline I Ist das wahr?" — „Ach, Paul, hätte ich nur nicht —"

Paul raste im Zimmer auf und ab. „Lätte ich nur nicht I Lätte ich
nur nicht!" schrie er, „wer nichts wagt, der nichts gewinnt — wer
nicht bläst, der macht kein Wind! Wie konntest du nur. Pauline?"

Pauline weinte noch immer: „Ich tat es ja nur für dich, Paul. And
auch Lerr Busse meinte es nur gut. Wir taten es ja nur aus Vorsicht -"

„Vorsicht ist die Tapferkeit der Zinnsoldaten," brummte Paul,
ein wenig beruhigt, „reiche Leute wären wir jetzt. Pauline I And Sie,
Lerr Busse, hätten einen reichen Nachbarn zum Nachbarn! Das hätten
wir gefeiert! Da wären die warmen Würstel nur so von der Decke
heruntergehangen I"

„Zu warmen Würsteln reicht es doch noch immer, Lerr Gautsch,"
begann jetzt Busse wieder die Sprache zu gewinnen.

„Laden Sie mich dazu ein?" — „Aber gern," ries Busse schnell.

Da fand auch Paul sein Lachen wieder, nahm seine Pauline
unter den Arm und sagte: „And wenn mir der Bauch platzt —
fünf Paar esse ich alleine — Strafe muß sein, Lerr Busse."

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