Zerstreut
„In unserer Ortschaft kommt aus
jedes Laus eine Ziegel"
„Komischer Platz für 'ne Ziege!
Fällt da denn nie eine 'runter?"
Großmütig
„Ich wollte meine Katze abholen,
die Ihnen zugelaufen ist."
„Sie hat inzwischen zwölf Zunge
gekriegt I"
„Die können Sie behalten."
Zeitbestimmung
„Wie lange saß der betreffende
Lerr an Ihrem Tisch, Zeuge?"
„Bis ich mein Bier ausgetrunken
hatte!"
„Können Sie das nicht genauer
angeben?"
„Ja, es war 'n halber Liter!"
Törichte Dichtung oder schlichte Lebenswahrheit
Von Peter Robinson
Der Mensch soll gut sein. Er soll sogar, wenn sich ihm die Ge-
legenheit dazu bietet, auch edel sein. Dafür gibt es schöne Beispiele
in der Geschichte und noch mehr in der Dichtung. Dennoch sollte
auch in der Dichtung bei der Schilderung edlen Landelns und edler
Gesinnung immer das Menschenmögliche bedacht werden. Aber oft
werden uns Geschichten erzählt, in denen sonst ganz vernünftige
Leute, nur weil sie auf einmal edel sein sollen, so handeln, denken
und reden, wie es niemals im Leben vorkommt. Die Dichter schreiben
so, weil sie meinen, das gefalle den Lesern, die entzückt sein müßten,
so hochherzigen Naturen zu begegnen. Das ist ganz falsch; die Leser
finden das nur albern, sie sind viel mehr befriedigt, wenn bübsch
bei der Lebenswahrheit geblieben wird und die erdichteten Personen
sich gerade so benehmen, wie im gleichen Falle in der Wirklichkeit
ein vernünftiger Mensch das tun würde. Ein gutes Beispiel dafür,
wieviel mehr Befriedigung die schlichte Lebenswahrheit gewährt als
törichte Dichtung, gibt uns die kleine Geschichte:
Lugo und Pauline.
Lugo war 26 Jahre alt, als er Pauline kennen lernte. Sie schien
ihm das schönste Mädchen, das er jemals gesehen
hätte, ja, das es überhaupt auf der ganzen Welt
geben könnte — nach den europäischen Schön-
heitsbegriffen selbstverständlich. And so gut und
edel fand er sie, so klug, so gebildet — kurz, in
jeder Linsicht so über alles Maß vortrefflich, daß
er es für eine unsinnige Vermessenheit gehalten
hätte, dieses Mädchen zur Frau haben zu wollen.
Denn er war ein sehr bescheidener junger Mann.
Weil aber Pauline, die ein armes Mädchen und
der Meinung war, einem Verehrer mit ernsten Ab-
sichten müßte man einiges Entgegenkommen zeigen,
ihn immer mehr ermunternd anblickte und ihm
immer herzlicher die Land drückte, auch bei guter
Gelegenheit leichte Seufzer anbrachte, faßte Lugo
schließlich doch Mut, stotterte eine rührende Wer-
bung und erhielt auf der Stelle ihr Jawort. Er
war berauscht vor Seligkeit.
Pauline war, wie gesagt, arm und arbeitete
in einem Putzgeschäft. Lugo hatte erst geringe
Ersparnisse, aber eine gute Stellung in einer
Großbank, die ihm nach allmählichen Gehaltszu-
244
lagen in fünf Jahren die Leirat gestatten konnte. So lange mußte
man eben warten. Pauline war etwas unzufrieden deshalb, und
Lugo gab ihr recht. Er sagte, es wäre ja nur seine Schuld, denn
er hätte sich nun einmal solch eine langsame Laufbahn ausgesucht.
Aber er hätte ja auch nicht vermuten können, daß ihm ein so großes
Glück begegnen würde, und deshalb müßte Paulinchen Geduld haben
und nicht böse sein, daß sie noch in das Putzgeschäft gehen müßte.
Dafür werde er ihr ewig dankbar sein und niemals in seiner un-
endlichen Liebe Nachlassen. Inzwischen war er ein sehr liebenswür-
diger Bräutigam. Jeden Abend holte er Pauline vom Geschäft ab
und brachte sie bis an ihre Laustür, und jeden Sonntag nachmittag
gingen sie in eine Konditorei und abends in ein Theater oder Kino.
Zwei Iabre hatte das Verlöbnis bestanden, da begegnete Pauline
der Direktor Emil Moppke, ein rühriger, aber auch ganz skrupelloser
Geschäftsmann, der damals gerade infolge der Verbindung von
Rührigkeit und Skrupellosigkeit sehr im Gelde schwamm. Weniger
mit seiner Person als mit Auto, Villa und Geldsack gewann er Pau-
line für sich, und sie war bei einem plump scherzhaften, aber forschen
Anträge sofort geneigt, seine unschöne, wurslfingerige Land anzu-
nehmen. Gleich am nächsten Tage kündigte sie in dem Putzgeschäft,
und Emil Moppke bestellte das Aufgebot. Lugo erhielt von Pauline
einen kühlen Abschiedsbrief; herablassend schrieb
sie, er werde, da sich ihr eine so glänzende Partie
biete, wohl selber einsehen, daß er doch nicht der
Rechte für sie wäre.
Darauf ging Lugo —-
Ja, nun sind wir an jenem Punkte angelangt,
wo die Geschichte entweder weltfremder, törichter
Dichtung oder vernünftiger Lebenswahrheit ge-
mäß weiter erzählt werden kann. Nehmen wir
zuerst die
Törichte Dichtung.
Darauf ging Lugo in den städtischen Park,
wo er ein stilles Plätzchen für seinen Kummer
wußte. Ein Ehrenbürger der Stadt und Kunst-
freund hatte hier ein schönes Werk der Bild-
hauerei aufstcllen lassen: einen trauernden Amor,
lehnend an einem Säulenstumpf, auf dem ein ge-
brochenes Lerz ruhte.
Lugo legte drei langstielige Rosen, die heute
eigentlich Pauline hatte erhalten sollen, auf das
Lerz, vergoß Tränen, schaute wehmütig auf den
trauernden Amor und sprach: „O ich Anglücklicherl
Der Hungerkünstler geht in Ferien
„In unserer Ortschaft kommt aus
jedes Laus eine Ziegel"
„Komischer Platz für 'ne Ziege!
Fällt da denn nie eine 'runter?"
Großmütig
„Ich wollte meine Katze abholen,
die Ihnen zugelaufen ist."
„Sie hat inzwischen zwölf Zunge
gekriegt I"
„Die können Sie behalten."
Zeitbestimmung
„Wie lange saß der betreffende
Lerr an Ihrem Tisch, Zeuge?"
„Bis ich mein Bier ausgetrunken
hatte!"
„Können Sie das nicht genauer
angeben?"
„Ja, es war 'n halber Liter!"
Törichte Dichtung oder schlichte Lebenswahrheit
Von Peter Robinson
Der Mensch soll gut sein. Er soll sogar, wenn sich ihm die Ge-
legenheit dazu bietet, auch edel sein. Dafür gibt es schöne Beispiele
in der Geschichte und noch mehr in der Dichtung. Dennoch sollte
auch in der Dichtung bei der Schilderung edlen Landelns und edler
Gesinnung immer das Menschenmögliche bedacht werden. Aber oft
werden uns Geschichten erzählt, in denen sonst ganz vernünftige
Leute, nur weil sie auf einmal edel sein sollen, so handeln, denken
und reden, wie es niemals im Leben vorkommt. Die Dichter schreiben
so, weil sie meinen, das gefalle den Lesern, die entzückt sein müßten,
so hochherzigen Naturen zu begegnen. Das ist ganz falsch; die Leser
finden das nur albern, sie sind viel mehr befriedigt, wenn bübsch
bei der Lebenswahrheit geblieben wird und die erdichteten Personen
sich gerade so benehmen, wie im gleichen Falle in der Wirklichkeit
ein vernünftiger Mensch das tun würde. Ein gutes Beispiel dafür,
wieviel mehr Befriedigung die schlichte Lebenswahrheit gewährt als
törichte Dichtung, gibt uns die kleine Geschichte:
Lugo und Pauline.
Lugo war 26 Jahre alt, als er Pauline kennen lernte. Sie schien
ihm das schönste Mädchen, das er jemals gesehen
hätte, ja, das es überhaupt auf der ganzen Welt
geben könnte — nach den europäischen Schön-
heitsbegriffen selbstverständlich. And so gut und
edel fand er sie, so klug, so gebildet — kurz, in
jeder Linsicht so über alles Maß vortrefflich, daß
er es für eine unsinnige Vermessenheit gehalten
hätte, dieses Mädchen zur Frau haben zu wollen.
Denn er war ein sehr bescheidener junger Mann.
Weil aber Pauline, die ein armes Mädchen und
der Meinung war, einem Verehrer mit ernsten Ab-
sichten müßte man einiges Entgegenkommen zeigen,
ihn immer mehr ermunternd anblickte und ihm
immer herzlicher die Land drückte, auch bei guter
Gelegenheit leichte Seufzer anbrachte, faßte Lugo
schließlich doch Mut, stotterte eine rührende Wer-
bung und erhielt auf der Stelle ihr Jawort. Er
war berauscht vor Seligkeit.
Pauline war, wie gesagt, arm und arbeitete
in einem Putzgeschäft. Lugo hatte erst geringe
Ersparnisse, aber eine gute Stellung in einer
Großbank, die ihm nach allmählichen Gehaltszu-
244
lagen in fünf Jahren die Leirat gestatten konnte. So lange mußte
man eben warten. Pauline war etwas unzufrieden deshalb, und
Lugo gab ihr recht. Er sagte, es wäre ja nur seine Schuld, denn
er hätte sich nun einmal solch eine langsame Laufbahn ausgesucht.
Aber er hätte ja auch nicht vermuten können, daß ihm ein so großes
Glück begegnen würde, und deshalb müßte Paulinchen Geduld haben
und nicht böse sein, daß sie noch in das Putzgeschäft gehen müßte.
Dafür werde er ihr ewig dankbar sein und niemals in seiner un-
endlichen Liebe Nachlassen. Inzwischen war er ein sehr liebenswür-
diger Bräutigam. Jeden Abend holte er Pauline vom Geschäft ab
und brachte sie bis an ihre Laustür, und jeden Sonntag nachmittag
gingen sie in eine Konditorei und abends in ein Theater oder Kino.
Zwei Iabre hatte das Verlöbnis bestanden, da begegnete Pauline
der Direktor Emil Moppke, ein rühriger, aber auch ganz skrupelloser
Geschäftsmann, der damals gerade infolge der Verbindung von
Rührigkeit und Skrupellosigkeit sehr im Gelde schwamm. Weniger
mit seiner Person als mit Auto, Villa und Geldsack gewann er Pau-
line für sich, und sie war bei einem plump scherzhaften, aber forschen
Anträge sofort geneigt, seine unschöne, wurslfingerige Land anzu-
nehmen. Gleich am nächsten Tage kündigte sie in dem Putzgeschäft,
und Emil Moppke bestellte das Aufgebot. Lugo erhielt von Pauline
einen kühlen Abschiedsbrief; herablassend schrieb
sie, er werde, da sich ihr eine so glänzende Partie
biete, wohl selber einsehen, daß er doch nicht der
Rechte für sie wäre.
Darauf ging Lugo —-
Ja, nun sind wir an jenem Punkte angelangt,
wo die Geschichte entweder weltfremder, törichter
Dichtung oder vernünftiger Lebenswahrheit ge-
mäß weiter erzählt werden kann. Nehmen wir
zuerst die
Törichte Dichtung.
Darauf ging Lugo in den städtischen Park,
wo er ein stilles Plätzchen für seinen Kummer
wußte. Ein Ehrenbürger der Stadt und Kunst-
freund hatte hier ein schönes Werk der Bild-
hauerei aufstcllen lassen: einen trauernden Amor,
lehnend an einem Säulenstumpf, auf dem ein ge-
brochenes Lerz ruhte.
Lugo legte drei langstielige Rosen, die heute
eigentlich Pauline hatte erhalten sollen, auf das
Lerz, vergoß Tränen, schaute wehmütig auf den
trauernden Amor und sprach: „O ich Anglücklicherl
Der Hungerkünstler geht in Ferien
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich hab die Liesel immer im Notsitz bei mir, falls ich mich abschleppen lassen muß" "Der Hungerkünstler geht in Ferien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 186.1937, Nr. 4786, S. 244
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg