Petersen macht einen Vorschlag
„Ach was!" sagt der Beamte ungeduldig. „Man wartet eben
draußen ein Weilchen, bis die vorige Partei 'rauskommt. Dazu ist
ja eine Bank da."
„Gut, nehmen wir an, ich hätte mich zum Warte» aus die
Bank gesetzt. Nehmen wir aber ferner an, jene Frau wäre
einige Minute» früher fertig gewesen, sodaß ich sie also gar
nicht gesehen hätte, als sie hier herauskam. Dann hätte ich
also draußen auf der Bank gesessen, und Sie wären hier allein
gewesen. And dann wäre vielleicht jemand gekommen, der hier
auch was zu tun hat. Er hätte mich auf der Bank gesehen
und gedacht: ,Aha, da wartet schon einer! Da muß ich mich
auch hinsetzen!' And dann wäre wieder jemand gekommen und
hätte gedacht: ,Aha, da warten schon zwei! Da muß ich mich
auch hinsetzen!' Und dann wäre am Ende noch jemand gekommen
und hätte gedacht: ,Aha, da warten schon drei! Da muß-"
„Lassen Sie jetzt den Ansinn!" schreit der Beamte. „Was
wollen Sie?" — „Ich möchte Ihnen Vorschlägen, eine wegen
jenes so berechtigten Plakats erforderliche zusätzliche Einrichtung
zu treffen, damit jedermann sich überzeugen kann, ob er ein-
trete» darf. Wie wäre es mit einem Guckfensterchen in der Tür?"
„Blödsinn! Damit hier jeder 'reinglotzen kann, nicht wahr?"
„Sie haben recht; das Guckfensterchen wäre nicht zu emp-
fehlen," gibt Petersen zu. „Aber wie wäre es mit zwei Schild-
chen unter- oder oberhalb der Türklinke? Sie könnten ja auto-
matisch durch das Niederdrücke» der Klinke betätigt werden.
Ein Schildchen: Frei! und ein anderes: Besetzt! Solche Schild-
chen sind ja massenhaft an Türen im Gebrauch; Sie werden
sie auch schon oft gesehen haben."
Der Beamte wird böse. „Jetzt hören Sie endlich auf mit
Ihrem Quatsch! Zur Sache: was führt Sie hierher?"
Petersen lächelt unschuldig. „Was mich hierher geführt hat?
Nur die Absicht, Ihnen den eben vorgetragenen Vorschlag zu
machen. Ich kam zufällig an Ihrer Bürotür vorüber, las das
Plakat,fand, daß damit ein Mangel verknüpft sei,und wünschte,
dem Publikum und Ihnen einen Dienst zu leisten. Guten Morgen!"
Petersen verläßt den erstarrt zurückbleibenden Beamten.
Draußen auf dem Korridor ist kein Mensch zu sehen. Petersen
setzt sich auf die Bank, zieht ein Buch aus der Tasche und fängt
an, zu lesen. Denn er hat dem Beamten nichts vorgelogen:
er liest wirklich sehr viel.
308
Drei Minuten später kommt
ein Mann durch den Korridor.
Er liest die Nummern an den
Türen und atmet vor der 37 er-
leichtert aus. Er liest aber auch
das Plakat, und dann seht er
sich zu Petersen auf die Bank.
Petersen zieht seine Ahr heraus
und seufzt. „Ja ja — da muß
man warten!" sagt der Mann.
Es dauert gar nicht so lange,
da kommt ein Jüngling ange-
stürmt, der schon die Land auf
die Türklinke des Zimmers 37
legen will. „Oho!" sagt der Mann
»eben Petersen. „Lier geht's nach
der Reihe! Zuerst kommt der Lerr
da und dann ich!" Der Jüngling
sieht das ein und setzt sich auch
auf die Bank.-
Petersen klappt sein Buch zu.
Er sieht wieder auf seine Ahr und
steht auf. „Keine Zeit mehr! Muß
morgen wieder kommen!" sagt er -
halb für sich und halb für die Bank-
genossen, die sich darüber freuen.
Kaum ist Petersen um die
nächste Ecke des Korridors ge-
bogen, da kommt eine ratlose Frau auf ihn zu. „Vitt' schön — wo
ist hier Zimmer 37?"
„Gleich rechts um die Ecke!" sagt Peterscn. „Aber Sie werden
„Mir graut vor Tante Brigittens Kaffee, Lotte! And wenn man von
dem labbrigen Zeug nicht drei Tassen trinkt, nimmt sie's übel."
„Das ist nicht nötig, Lugo! Sie wird entzückt sein, wenn du nur eine
Tasse trinkst und ihr sagst, daß dir der Arzt starken Kaffee verboten hat."
„Ach was!" sagt der Beamte ungeduldig. „Man wartet eben
draußen ein Weilchen, bis die vorige Partei 'rauskommt. Dazu ist
ja eine Bank da."
„Gut, nehmen wir an, ich hätte mich zum Warte» aus die
Bank gesetzt. Nehmen wir aber ferner an, jene Frau wäre
einige Minute» früher fertig gewesen, sodaß ich sie also gar
nicht gesehen hätte, als sie hier herauskam. Dann hätte ich
also draußen auf der Bank gesessen, und Sie wären hier allein
gewesen. And dann wäre vielleicht jemand gekommen, der hier
auch was zu tun hat. Er hätte mich auf der Bank gesehen
und gedacht: ,Aha, da wartet schon einer! Da muß ich mich
auch hinsetzen!' And dann wäre wieder jemand gekommen und
hätte gedacht: ,Aha, da warten schon zwei! Da muß ich mich
auch hinsetzen!' Und dann wäre am Ende noch jemand gekommen
und hätte gedacht: ,Aha, da warten schon drei! Da muß-"
„Lassen Sie jetzt den Ansinn!" schreit der Beamte. „Was
wollen Sie?" — „Ich möchte Ihnen Vorschlägen, eine wegen
jenes so berechtigten Plakats erforderliche zusätzliche Einrichtung
zu treffen, damit jedermann sich überzeugen kann, ob er ein-
trete» darf. Wie wäre es mit einem Guckfensterchen in der Tür?"
„Blödsinn! Damit hier jeder 'reinglotzen kann, nicht wahr?"
„Sie haben recht; das Guckfensterchen wäre nicht zu emp-
fehlen," gibt Petersen zu. „Aber wie wäre es mit zwei Schild-
chen unter- oder oberhalb der Türklinke? Sie könnten ja auto-
matisch durch das Niederdrücke» der Klinke betätigt werden.
Ein Schildchen: Frei! und ein anderes: Besetzt! Solche Schild-
chen sind ja massenhaft an Türen im Gebrauch; Sie werden
sie auch schon oft gesehen haben."
Der Beamte wird böse. „Jetzt hören Sie endlich auf mit
Ihrem Quatsch! Zur Sache: was führt Sie hierher?"
Petersen lächelt unschuldig. „Was mich hierher geführt hat?
Nur die Absicht, Ihnen den eben vorgetragenen Vorschlag zu
machen. Ich kam zufällig an Ihrer Bürotür vorüber, las das
Plakat,fand, daß damit ein Mangel verknüpft sei,und wünschte,
dem Publikum und Ihnen einen Dienst zu leisten. Guten Morgen!"
Petersen verläßt den erstarrt zurückbleibenden Beamten.
Draußen auf dem Korridor ist kein Mensch zu sehen. Petersen
setzt sich auf die Bank, zieht ein Buch aus der Tasche und fängt
an, zu lesen. Denn er hat dem Beamten nichts vorgelogen:
er liest wirklich sehr viel.
308
Drei Minuten später kommt
ein Mann durch den Korridor.
Er liest die Nummern an den
Türen und atmet vor der 37 er-
leichtert aus. Er liest aber auch
das Plakat, und dann seht er
sich zu Petersen auf die Bank.
Petersen zieht seine Ahr heraus
und seufzt. „Ja ja — da muß
man warten!" sagt der Mann.
Es dauert gar nicht so lange,
da kommt ein Jüngling ange-
stürmt, der schon die Land auf
die Türklinke des Zimmers 37
legen will. „Oho!" sagt der Mann
»eben Petersen. „Lier geht's nach
der Reihe! Zuerst kommt der Lerr
da und dann ich!" Der Jüngling
sieht das ein und setzt sich auch
auf die Bank.-
Petersen klappt sein Buch zu.
Er sieht wieder auf seine Ahr und
steht auf. „Keine Zeit mehr! Muß
morgen wieder kommen!" sagt er -
halb für sich und halb für die Bank-
genossen, die sich darüber freuen.
Kaum ist Petersen um die
nächste Ecke des Korridors ge-
bogen, da kommt eine ratlose Frau auf ihn zu. „Vitt' schön — wo
ist hier Zimmer 37?"
„Gleich rechts um die Ecke!" sagt Peterscn. „Aber Sie werden
„Mir graut vor Tante Brigittens Kaffee, Lotte! And wenn man von
dem labbrigen Zeug nicht drei Tassen trinkt, nimmt sie's übel."
„Das ist nicht nötig, Lugo! Sie wird entzückt sein, wenn du nur eine
Tasse trinkst und ihr sagst, daß dir der Arzt starken Kaffee verboten hat."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mensch, ick jloobe, du packst alles verkehrt an..." "Mir graut vor Tante Brigittens Kaffee, Lotte!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4815, S. 308
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg