„So, wat denn?" — „Appelsinen und dich!"
Aus aller Welt
Bei der Verhandlung eines Zivilprozesses vor dem Obersten
Gericht von Neufundland in St. Johns präsidierte der Oberrichter
Liggins, und seine beiden Söhne traten als Anwälte auf, der
eine für den Kläger, der andere für den Beklagten.
Ein wahrhaft patriarchalischer Vorgang: die Söhne stritten
miteinander, und der Vater entschied.
Leuten, die an sowas glauben, gilt es als ungeheuer wichtig,
in welchem Zeichen des Tierkreises sie geboren sind. Londoner
Juweliere halten jetzt für Dainen schmale Armbänder feil, an
denen kleine Tierkreiszeichen aus Silber bammeln: ein winziger
Löwe, Krebs, Widder usw.
Nur das Zeichen der Zwillinge wird wohl fehlen; es dürften
sich keine Käuferinnen dafür finden. e. P.
3ltuf tott Von Gert Gertner
„Susi hat Tommy und Ilse hat Peter und Katrin hat Max!"
flötete Meta mit ihrer süßesten Stimme. Oskar ließ sie nicht
ausreden. „Du hast mich. And außerdem eine Katze, drei Gold-
fische, zwei Wellensittiche, einen Zgel und . . ."
„ . . . gar keinen Lund," vollendete Meta melancholisch.
„Ich möchte nur einen winzigen Dackel. Oder vielleicht eine riesige
Dogge oder einen Bedlington oder einen Chow oder — — "
Oskar erhob sich. „Ich habe kein Geld," schloß er die Debatte,
um, als braver, verliebter Ehemann eine Stunde später bei einem
Tierhändler zu landen. Lunde können wie unförmige Wollknäuel
aussehn — — wenn ihr Stammbaum meterlang ist, kosten sie
ein Vermögen. Oskar weigerte sich entschieden, für Archibald von
der Nolandshöhe, der wie ein ganz gewöhnlicher Foxel aussah,
300 Schilling zu erlegen, obwohl die Ahnen des Wollknäuels sämtliche
332
internationalen Schönheitspreise gewonnen hatten. Auch Kitty, Ducheß
of Maryland, eine charmante Irish-Setter-Lündin von sechs Wochen
lehnte er ab, weil er sich nicht vorstcllen konnte, über drei Straßen zu
rufen: „Kitty, Ducheß of Maryland, elendes Mistvieh, wirst du wohl
Herkommen!" Ein Lund darf nicht um so viel vornehmer sein als sei»
Besitzer.
Als Oskar abends durch die Vorstadt nach Lause schlenderte, fand
er nicht etwa das nötige Geld für einen erstklassigen Rassehund, aber
den Lund, den er suchte. Er sah genau so aus, wie die Lunde mit den
Namen aus der Locharistokratie im Geschäft, klein, wollig, unbeholfen
und dick. Da er bloß einem Schuster gehörte, der noch fünf ganz genau
gleiche hatte, kostete er drei Schilling und zehn Zigaretten. Allerdings
hieß er nur „Dickerl", aber Oskar benannte ihn ohne Zögern: Makie
von der Pantoffelburg.
And da Meta trotz aller guten Eigenschaften ein rechter Snob war,
stellte er ihr den neuen Lausgenossen mit liebevollstem Lächeln als rein-
rassigen sibirischen Coyotenhund vor. Meta sperrte Mund und Augen auf.
Sie war so fassungslos, daß sie übersah, daß Makie die Telefonschnur zerbiß
und so seine Lerrin verhinderte, Susi, Ilse und Katrin mitzuteilen, daß
Theo ihr für bare 1500 Schilling einen echten sibirischen Coyotenhund aus
dem Besitz des Großfürsten Mihail Alexandrowitsch gekauft hatte.
Großfürstliche Lunde überragen selbstverständlich englische Setter,
Terriers oder Spitze. Wenn ein sibirischer Coyotenhund Teppiche,
Schuhe, Strümpfe, Seffelbeine und Bademäntel frißt, so ist das auf
sein ungezähmtes tartarisches Temperament zurückzuführe». And wen»
er unbedingt im Bett schlafen wollte, ohne auf Oskars Vorstellungen
zu achte», so seufzte Meta: „Er versteht doch nicht deutsch, der arme
Kleine. Vielleicht hat ihn sein Lerr so verwöhnt, der Großfürst." Oskar
dachte an den Flickschuster und warf Makie aus dem Zimmer.
Makie fraß Oskars Aktentasche, einen Band Edgar Wallace und zwei
Badeschwämme. Vielleicht wurde er deshalb so groß und stark. Mit
sechs Monaten sah er wie ein gutgenährter, gelbgrauer Fleischerhund
aus. Meta ging mit der Miene einer Königin neben ihm einher, und
wenn jemand sie nach der Rasse dieses Monstrums fragte, antwortete
sie stolz, als führte sie einen Pfau an der Leine.
Meta war glücklich, und auch Oskar war glücklich, denn er ersparte
sich so viel Geld. Wenn Meta das Wort „Kostüm" oder „Pelz" in den
Mund nahm, sagte er empört: „Ich habe dir den teuersten Lund ge-
kauft — meine Mittel sind erschöpft!" And Meta schwieg gerührt. Sie
spielte nicht mehr Bridge, vergaß Tennis und Sommeraufenthalt: sie
ging mit Makie von der Pantoffelburg spaziere».
And eines Tages stürzte sie freudig erregt in Oskars Büro. „Oskar!
wir haben ja solches Glück! Denk dir, durch Zufall traf ich einen Mann
mit einem sibirischen Coyotenhund, der unserm Makie auf ein Laar
gleicht. Der Mann, es war ein kleiner Schuster, hatte keine Ahnung
von dem wirklichen Wert des Tieres und hat es mir, ohne zu zögern,
für 200 Schilling verkauft. Jetzt können wir sibirische Coyotenhunde
züchten und massenhaft Geld verdienen. Bin ich nicht tüchtig?"
Aus aller Welt
Bei der Verhandlung eines Zivilprozesses vor dem Obersten
Gericht von Neufundland in St. Johns präsidierte der Oberrichter
Liggins, und seine beiden Söhne traten als Anwälte auf, der
eine für den Kläger, der andere für den Beklagten.
Ein wahrhaft patriarchalischer Vorgang: die Söhne stritten
miteinander, und der Vater entschied.
Leuten, die an sowas glauben, gilt es als ungeheuer wichtig,
in welchem Zeichen des Tierkreises sie geboren sind. Londoner
Juweliere halten jetzt für Dainen schmale Armbänder feil, an
denen kleine Tierkreiszeichen aus Silber bammeln: ein winziger
Löwe, Krebs, Widder usw.
Nur das Zeichen der Zwillinge wird wohl fehlen; es dürften
sich keine Käuferinnen dafür finden. e. P.
3ltuf tott Von Gert Gertner
„Susi hat Tommy und Ilse hat Peter und Katrin hat Max!"
flötete Meta mit ihrer süßesten Stimme. Oskar ließ sie nicht
ausreden. „Du hast mich. And außerdem eine Katze, drei Gold-
fische, zwei Wellensittiche, einen Zgel und . . ."
„ . . . gar keinen Lund," vollendete Meta melancholisch.
„Ich möchte nur einen winzigen Dackel. Oder vielleicht eine riesige
Dogge oder einen Bedlington oder einen Chow oder — — "
Oskar erhob sich. „Ich habe kein Geld," schloß er die Debatte,
um, als braver, verliebter Ehemann eine Stunde später bei einem
Tierhändler zu landen. Lunde können wie unförmige Wollknäuel
aussehn — — wenn ihr Stammbaum meterlang ist, kosten sie
ein Vermögen. Oskar weigerte sich entschieden, für Archibald von
der Nolandshöhe, der wie ein ganz gewöhnlicher Foxel aussah,
300 Schilling zu erlegen, obwohl die Ahnen des Wollknäuels sämtliche
332
internationalen Schönheitspreise gewonnen hatten. Auch Kitty, Ducheß
of Maryland, eine charmante Irish-Setter-Lündin von sechs Wochen
lehnte er ab, weil er sich nicht vorstcllen konnte, über drei Straßen zu
rufen: „Kitty, Ducheß of Maryland, elendes Mistvieh, wirst du wohl
Herkommen!" Ein Lund darf nicht um so viel vornehmer sein als sei»
Besitzer.
Als Oskar abends durch die Vorstadt nach Lause schlenderte, fand
er nicht etwa das nötige Geld für einen erstklassigen Rassehund, aber
den Lund, den er suchte. Er sah genau so aus, wie die Lunde mit den
Namen aus der Locharistokratie im Geschäft, klein, wollig, unbeholfen
und dick. Da er bloß einem Schuster gehörte, der noch fünf ganz genau
gleiche hatte, kostete er drei Schilling und zehn Zigaretten. Allerdings
hieß er nur „Dickerl", aber Oskar benannte ihn ohne Zögern: Makie
von der Pantoffelburg.
And da Meta trotz aller guten Eigenschaften ein rechter Snob war,
stellte er ihr den neuen Lausgenossen mit liebevollstem Lächeln als rein-
rassigen sibirischen Coyotenhund vor. Meta sperrte Mund und Augen auf.
Sie war so fassungslos, daß sie übersah, daß Makie die Telefonschnur zerbiß
und so seine Lerrin verhinderte, Susi, Ilse und Katrin mitzuteilen, daß
Theo ihr für bare 1500 Schilling einen echten sibirischen Coyotenhund aus
dem Besitz des Großfürsten Mihail Alexandrowitsch gekauft hatte.
Großfürstliche Lunde überragen selbstverständlich englische Setter,
Terriers oder Spitze. Wenn ein sibirischer Coyotenhund Teppiche,
Schuhe, Strümpfe, Seffelbeine und Bademäntel frißt, so ist das auf
sein ungezähmtes tartarisches Temperament zurückzuführe». And wen»
er unbedingt im Bett schlafen wollte, ohne auf Oskars Vorstellungen
zu achte», so seufzte Meta: „Er versteht doch nicht deutsch, der arme
Kleine. Vielleicht hat ihn sein Lerr so verwöhnt, der Großfürst." Oskar
dachte an den Flickschuster und warf Makie aus dem Zimmer.
Makie fraß Oskars Aktentasche, einen Band Edgar Wallace und zwei
Badeschwämme. Vielleicht wurde er deshalb so groß und stark. Mit
sechs Monaten sah er wie ein gutgenährter, gelbgrauer Fleischerhund
aus. Meta ging mit der Miene einer Königin neben ihm einher, und
wenn jemand sie nach der Rasse dieses Monstrums fragte, antwortete
sie stolz, als führte sie einen Pfau an der Leine.
Meta war glücklich, und auch Oskar war glücklich, denn er ersparte
sich so viel Geld. Wenn Meta das Wort „Kostüm" oder „Pelz" in den
Mund nahm, sagte er empört: „Ich habe dir den teuersten Lund ge-
kauft — meine Mittel sind erschöpft!" And Meta schwieg gerührt. Sie
spielte nicht mehr Bridge, vergaß Tennis und Sommeraufenthalt: sie
ging mit Makie von der Pantoffelburg spaziere».
And eines Tages stürzte sie freudig erregt in Oskars Büro. „Oskar!
wir haben ja solches Glück! Denk dir, durch Zufall traf ich einen Mann
mit einem sibirischen Coyotenhund, der unserm Makie auf ein Laar
gleicht. Der Mann, es war ein kleiner Schuster, hatte keine Ahnung
von dem wirklichen Wert des Tieres und hat es mir, ohne zu zögern,
für 200 Schilling verkauft. Jetzt können wir sibirische Coyotenhunde
züchten und massenhaft Geld verdienen. Bin ich nicht tüchtig?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Lauter süße Ladung ham mer diesmal, Marie!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1937
Entstehungsdatum (normiert)
1932 - 1942
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 187.1937, Nr. 4816, S. 332
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg