Fliegende Blätter (188.1938 (Nr. 4823-4848) = 94. Jahrg.)

„Wie soll ich denn das Bild aufhängen?"

„In Augenhöhe natürlich, wissen Sie das noch nicht?"

ZUKUNFTSBILD

Es hat die Medizin mit vielen
Erkenntnissen uns schon beschämt,
Zuletzt hat sie mit Vitaminen
Dies Dasein aber schön verbrämt.
Wir wissen es nun ganz authentisch
Und halten uns natürlich dran:
Daß Fett und Eiweiß sowie Zucker
Zum Leben nicht genügen kann.

Diverse Oebster und Gemüser,

Der Lebertran vom braven Dorsch,
Reiskleie und der Weizenkeimling,
Die machen uns erst richtig forsch.

Man schlug den Skorbut, die Rhachitis
Mit diesen Mitteln aus dem Feld,
Und jüngst hat man die Vitamine
Nun auch synthetisch dargesteiit.

Man ißt sein Schnitzel, seine Haxe,
Dazu nur ein Tablettchen grad!
Das letztere ersetzt im ganzen
Kartoffeln, Frischobst und Salat.
So ward die Küche auch vereinfacht,
Und herrlich hats die Küchenfee:
Sie holt nur aus der Apotheke
Die Vitamine A—D.

Nun warten wir noch auf die Zeiten,

(Ob man sich da noch selig preist?)

Da man das Schwein, das Kalb, den Hammel,
Auch in Tablettenform verspeist.

Man legt ne rote auf ne weiße,

Es schmeckt nicht sauer und nicht süß,
Und hat zu annehmbarem Preise,

Was früher Schinkensemmel hieß.

Die blaugekochte Bachforelle,

Gulasch und Klops und Rindsfilet,

Bouillon mit Ei und Leberspätzel —

Man kennt sie nur noch als Dragee.

Und Schweinespeck mit duftgen Zwiebeln,

Die Gans, braun auf den Tisch gestellt,

Das gibts nur noch in Kinderfibeln,

Denn die Chemie regiert die Welt. ft-W.

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