Juristische Auskünfte V°n P°t°r R°bins°n
Oskar Schnabel, der Verleger des „Pritzbrücker Abendboten",
hatte einen Prozeß verloren. Es handelte sich um eine Kleinigkeit;
der Streitwert betrug keine 10 Mark, denn die fast lächerliche An-
gelegenheit drehte sich um das Abpfliicken von Früchten, die an weit
in einen Garten über den Zaun ragenden Zweigen gehangen hatten,
während die Erzeuger der Früchte, nämlich die Bäume — es waren
übrigens Birnbäume — im Nachbargarten standen. Das kommt ja
manchmal vor. Lätte der Fall ein Jahr früher gespielt, dann hätte
Oskar Schnabel den Prozeß auf Grund des „Preußischen Land-
rechts" gewonnen. Inzwischen aber war das „Bürgerliche Gesetzbuch
für das Deutsche Reich" in Kraft getreten, und nach diesem war
anders zu entscheiden. Kundige werden hieraus leicht den Schluß
ziehen, daß die Geschichte am Anfang des Jahrhunderts vorgefallen ist.
In Pritzbrück, der bekannten liebenswürdigen Kleinstadt an der
Pritze, wirkten damals zwei Rechtsanwälte: Dr. Cyliax und Dr.Knabe.
Der letzte hatte Oskar Schnabel in dem Bagatellprozeß vertreten,
während Dr. Cyliax dem Gegner zum Siege verholfen hatte. Schnabel
war empört über den Ausgang des Rechtsstreits — nicht der geringen
Kosten wegen, die keine Rolle für ihn spielten, sondern wegen des
entgangenen Triumphes, denn der Streit war mit so viel nachbar-
licher Zänkerei verbunden gewesen, daß der Sieg zur Ehrensache
geworden war. Er gab natürlich seinem Anwalt die Schuld; der
Mann war eben ein Esel. Der andere aber, Dr. Cyliax, war ein
gemeiner Kerl. So wenig objektiv sind manche Leute, wenn sie einen
Prozeß verlieren.
Es traf sich aber gut, daß Oskar Schnabel nach dem Aerger
Ferien machen konnte und an die Ostsee fuhr, wo man allen Aerger
am besten los wird. Den „Pritzbrücker Abendboten" ließ er in der
Obhut seines Vetters Cornelius Schnabel, der mit ihm als Teilhaber
des Geschäfts und Schriftleiter — nein, damals sagte man ja:
Redakteur des „Abendboten" an dem gleichen Strange zog, das
Unternehmen nicht nur im Gange zu halten, sondern auch tüchtig
vorwärts zu bringen. Oskar Schnabel ersuchte den Vetter Cornelius,
inzwischen möglichst viele Anekdoten und Witze, in denen Rechts-
anwälte lächerlich gemacht wurden, zu sammeln und in der Unter-
haltungsecke des „Abendboten" zu bringen. Das tat der Vetter und
Redakteur dann auch nach besten Kräften; an solchen Witzen ist ja
kein Mangel. Aeber ihre Berechtigung läßt sich streiten, aber die
Rechtsanwälte lachen selbst darüber; sie sind ja vernünftig und ge-
hören nicht zu den überempfindlichen Leuten, die gleich in die Luft
gehen, wenn einmal über einen Angehörigen ihres Berufs, Gewerbes
oder Landwerks ein unschuldiger Witz gemacht wird.
Als Oskar Schnabel dann vom Strande der Ostsee an die Gestade
der Pritze zurückfuhr, hatte er auch wirklich seinen Aerger vergessen.
Er wurde an ihn, aber nicht mehr in aufregender Weise, erinnert.
Neun Uhr abends. Klops springt auf:
Ganz vergessen einen Kauf!
Nicht Zigarren mitgenommen.
Morgen Sonntag; Freunde kommen.
Mantel an und schleunigst fort!
Bahnhof winkt als Rektungsort,
Denn so lange Züge fahren.
Kann man kaufen dort Zigarren.
Gute Sorten gibt's gewiß.
Doch verflucht — als Lindernis
Scheint das Wort sich zu erweisen:
Lier kriegt nur was, wer auf Reisen!
Das wär' freilich zu umgehn.
Aber leider läßt sich sehn
Lier ein Schutzmann, dessen Augen
Gut zum Kontrollieren taugen.
Klops sinnt nach: Was sängt man an?
Da — ein forscher junger Mann
Lat den Wartesaal verlassen.
Der kann ihm als Beistand passen.
„Würden Sie so freundlich sein,
Ihre Tasche mal zu leih»?
Möchte gern Zigarren kriegen." —
„Ah, verstehe! Mit Vergnügen!"
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Oskar Schnabel, der Verleger des „Pritzbrücker Abendboten",
hatte einen Prozeß verloren. Es handelte sich um eine Kleinigkeit;
der Streitwert betrug keine 10 Mark, denn die fast lächerliche An-
gelegenheit drehte sich um das Abpfliicken von Früchten, die an weit
in einen Garten über den Zaun ragenden Zweigen gehangen hatten,
während die Erzeuger der Früchte, nämlich die Bäume — es waren
übrigens Birnbäume — im Nachbargarten standen. Das kommt ja
manchmal vor. Lätte der Fall ein Jahr früher gespielt, dann hätte
Oskar Schnabel den Prozeß auf Grund des „Preußischen Land-
rechts" gewonnen. Inzwischen aber war das „Bürgerliche Gesetzbuch
für das Deutsche Reich" in Kraft getreten, und nach diesem war
anders zu entscheiden. Kundige werden hieraus leicht den Schluß
ziehen, daß die Geschichte am Anfang des Jahrhunderts vorgefallen ist.
In Pritzbrück, der bekannten liebenswürdigen Kleinstadt an der
Pritze, wirkten damals zwei Rechtsanwälte: Dr. Cyliax und Dr.Knabe.
Der letzte hatte Oskar Schnabel in dem Bagatellprozeß vertreten,
während Dr. Cyliax dem Gegner zum Siege verholfen hatte. Schnabel
war empört über den Ausgang des Rechtsstreits — nicht der geringen
Kosten wegen, die keine Rolle für ihn spielten, sondern wegen des
entgangenen Triumphes, denn der Streit war mit so viel nachbar-
licher Zänkerei verbunden gewesen, daß der Sieg zur Ehrensache
geworden war. Er gab natürlich seinem Anwalt die Schuld; der
Mann war eben ein Esel. Der andere aber, Dr. Cyliax, war ein
gemeiner Kerl. So wenig objektiv sind manche Leute, wenn sie einen
Prozeß verlieren.
Es traf sich aber gut, daß Oskar Schnabel nach dem Aerger
Ferien machen konnte und an die Ostsee fuhr, wo man allen Aerger
am besten los wird. Den „Pritzbrücker Abendboten" ließ er in der
Obhut seines Vetters Cornelius Schnabel, der mit ihm als Teilhaber
des Geschäfts und Schriftleiter — nein, damals sagte man ja:
Redakteur des „Abendboten" an dem gleichen Strange zog, das
Unternehmen nicht nur im Gange zu halten, sondern auch tüchtig
vorwärts zu bringen. Oskar Schnabel ersuchte den Vetter Cornelius,
inzwischen möglichst viele Anekdoten und Witze, in denen Rechts-
anwälte lächerlich gemacht wurden, zu sammeln und in der Unter-
haltungsecke des „Abendboten" zu bringen. Das tat der Vetter und
Redakteur dann auch nach besten Kräften; an solchen Witzen ist ja
kein Mangel. Aeber ihre Berechtigung läßt sich streiten, aber die
Rechtsanwälte lachen selbst darüber; sie sind ja vernünftig und ge-
hören nicht zu den überempfindlichen Leuten, die gleich in die Luft
gehen, wenn einmal über einen Angehörigen ihres Berufs, Gewerbes
oder Landwerks ein unschuldiger Witz gemacht wird.
Als Oskar Schnabel dann vom Strande der Ostsee an die Gestade
der Pritze zurückfuhr, hatte er auch wirklich seinen Aerger vergessen.
Er wurde an ihn, aber nicht mehr in aufregender Weise, erinnert.
Neun Uhr abends. Klops springt auf:
Ganz vergessen einen Kauf!
Nicht Zigarren mitgenommen.
Morgen Sonntag; Freunde kommen.
Mantel an und schleunigst fort!
Bahnhof winkt als Rektungsort,
Denn so lange Züge fahren.
Kann man kaufen dort Zigarren.
Gute Sorten gibt's gewiß.
Doch verflucht — als Lindernis
Scheint das Wort sich zu erweisen:
Lier kriegt nur was, wer auf Reisen!
Das wär' freilich zu umgehn.
Aber leider läßt sich sehn
Lier ein Schutzmann, dessen Augen
Gut zum Kontrollieren taugen.
Klops sinnt nach: Was sängt man an?
Da — ein forscher junger Mann
Lat den Wartesaal verlassen.
Der kann ihm als Beistand passen.
„Würden Sie so freundlich sein,
Ihre Tasche mal zu leih»?
Möchte gern Zigarren kriegen." —
„Ah, verstehe! Mit Vergnügen!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Klops kauft Zigarren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4852, S. 52
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg