Klops bemerkt mit viel Pläsier:
Seine Sorte gibt es hier.
„Gleich ein Kistchen! Labe weit es;
Anterwegs gibt's nichts Gescheites."
Dienstbar greift nun der Kommis
Nach der Tasche, öffnet sie,
And das Kistchen wird geborgen.
Klops bezahlt, jetzt frei von Sorgen.
Aber draußen springt heran
Jener forsche junge Mann:
„Meine Tasche! Muß mich sputen;
Zug geht schon in drei Minuten!"
juristische Auskünfte
uls er sich einen Tag in der Provinzhaupt-
stadt aufhielt und dort im Schaufenster
einer Buchhandlung ein eben erschienenes
Merk sah, zwei gewaltige Bände: Der
^uie und die Rechtspflege. „Das könnte
^as sein!" dachte der Verleger des „Pritz-
brücker Abendboten". Er ging hinein, ließ
die beiden Bände vorlegen und blät-
terte darin. Je mehr er blätterte, desto
größer wurde sein Vergnügen. Das war
ein großartiges Werk; darin war ja
^lles enthalten, was der Laie wissen muß,
tuen» er etwas auf dem Gebiete des Rechtes
unternehmen will oder zu erdulden hat und
dabei die Dienste eines Rechtsanwalts
ersparen möchte. Von A bis Z war alles
^arin, nämlich von „Abandon", was ein
besonderes Recht des Seeversicherungs-
uehmers ist, bis „Zwischenzinsen". And dazu gab es Lunderte von
Mustern und Entwürfen für in allen möglichen Rechtssachen nötige
Schriftstücke, für Zahlungsbefehle, Klageschriften, Anträge auf Frei-
gabe von Pfändungen, Gesellschaftsverträge, Abtretung von Forde-
rungen usw. Das brauchte der Laie — natürlich mit Einfügung der
entsprechenden Namen, Zahlen und Daten — nur abzuschreiben, und
^ann war es gerade so gut, als wenn es ihm ein Rechtsanwalt
gemacht hätte. „Das ist wirklich was!" sagte sich Oskar Schnabel,
'nnerlich jauchzend, und ließ sich die Bände einpacken, worauf er
ohne Bedauern 20 Mark bezahlte, denn so viel kosteten sie. Er hätte
ja billiger haben können; als Verleger hätte er sie zum Buch-
And er packt die Tasche und
Eilt davon als frecher Äund,
Durch die Sperre zu verschwinden.
Klops muß sich in Ohnmacht winden.
sie
händb
erpresse beziehen können, aber er wollte sie gleich haben, auf
Stelle.
Denn schon am Tage daraus wurde der „Laie und die Rechts-
e' für den „Pritzbrücker Abendboten" gebraucht. Der Verleger
Klärte dem Vetter und Redakteur: „Jetzt machen wir was Feines!
e- ,r bringen für unsere Leser: Juristische Auskünfte. Wer in irgend
6 er Rechtsangelegenheit nicht Bescheid weiß, kann beim ,Abend-
^ eri anfragen und wird dann von ihm gratis beraten. Das können
Machen, denn in diesen beiden Bänden haben wir eine Quelle,
e Uns nie im Stich lassen wird. Die beiden Rechtsanwälte sollen
Utzen, Knabe, der Esel, und Cyliax, der gemeine Kerl."
Der Redakteur Cornelius Schnabel war mit Begeisterung ein-
^^standen. Denn einmal hoffte er, da er selbst ja die juristische Ecke
^lorgen würde, auf einem bisher noch unbeackerten Felde Lorbeeren
b^^rnten, und dann konnte das ja auch dem „Pritzbrücker Abend-
uur nützen, weil unter seinen Abonnenten nur zwei Rechts-
alte waren; alle andern waren tatsächlich Laien und konnten
^ 9l hin und wieder der Belehrung bedürfen. Schon in der nächsten
mmwer erschien also eine Ankündigung: „Vielseitigen Wünschen aus
unserem Leserkreise entsprechend werden
wir von jetzt ab mit Äilfe eines bewährten
juristischen Mitarbeiters Auskünfte in allen
Rechtsangelegenheiten erteilen. Ansere
Leser mögen sich in vorkommenden Fällen
dieser Möglichkeit bedienen. Wir empfehlen
die je nach Bedarf erscheinenden Auskünfte
aber auch allgemeiner freundlicher Beach-
tung; es dürste sich lohnen, sie zu sammeln."
Die vielseitigen Wünsche aus dem
Leserkreise waren Schwindel und eigentlich
auch der bewährte juristische Mitarbeiter.
Cornelius Schnabel war ja Schriftleiter
und nicht nur Mitarbeiter, und bewährt
auf juristischem Gebiete hatte er sich auch
noch nicht. Aber zweifellos war der „Laie
und die Rechtspflege" von bewährten
Juristen verfaßt worden, deren Kenntnisse
er als Besitzer des Werkes wohl für sich
in Anspruch nehmen konnte. Er sagte sich: „Wenn ich sechs Lengste
zahlen kann, sind ihre Kräfte nicht die meine? Ich renne zu und bin
ein rechter Mann, als hält' ich vierundzwanzig Beine."
Anker der Aeberschrist „Zum Ausschneiden", die durch die Ab»
bildung einer etwas plumpen Schere verstärkt wurde, folgten dann
die beiden ersten Auskünfte. Sie waren natürlich ebensowenig ver-
langt worden, wie das ganze Auskunftsunternehmen gewünscht
worden war, aber anders konnte man den Anfang nicht machen;
zuerst mußte man Lockvögel zeigen, dann würden schon andere
ins Garn gehen. Anter dem Kennwort „Forderung 107" hieß
es: „Wir empfehlen Ihnen, es zuerst mit einem Zahlungs-
befehl gegen den säumigen Lerrn zu versuchen. Sie müssen
ihn in folgender Form beim hiesigen Amtsgericht beantragen: —"
— — And dann folgte ein knapper und ausgezeichnet klarer
Entwurf eines Zahlungsbefehls, in dem freilich der Grund der
Forderung nicht angegeben war; dafür standen Punkte da- Aber
das war ja selbstverständlich.
Die zweite Auskunft betraf einen Akt der freiwilligen Gerichts-
barkeit. Der bewährte juristische Mitarbeiter schrieb: „Vater und
19 jähriger Sohn. Die Volljährigkeit tritt mit Vollendung des 21.
Lebensjahres ein. Ausnahmsweise kann sie schon nach dem 18. Lebens-
jahre durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts ausgesprochen
werden, wenn sie im Interesse des Minderjährigen liegt. Da Ihr
Sohn Gelegenheit hat, ein eigenes Geschäft zu führen, liegt dieses
Interesse zweifellos vor. Sie müssen als gesetzlicher Vertreter Ihres
Sohnes persönlich den Antrag auf Volljährigkeitserklärung beim
Vormundschaftsrichter des hiesigen Amtsgerichts stellen und Ihr
Sohn dazu seine Einwilligung erklären. Bei Glaubhaftmachung der
Gründe erfolgt die Erledigung des Antrags in der Regel sofort."
(Fortsetzung auf Seite 55)
53
Seine Sorte gibt es hier.
„Gleich ein Kistchen! Labe weit es;
Anterwegs gibt's nichts Gescheites."
Dienstbar greift nun der Kommis
Nach der Tasche, öffnet sie,
And das Kistchen wird geborgen.
Klops bezahlt, jetzt frei von Sorgen.
Aber draußen springt heran
Jener forsche junge Mann:
„Meine Tasche! Muß mich sputen;
Zug geht schon in drei Minuten!"
juristische Auskünfte
uls er sich einen Tag in der Provinzhaupt-
stadt aufhielt und dort im Schaufenster
einer Buchhandlung ein eben erschienenes
Merk sah, zwei gewaltige Bände: Der
^uie und die Rechtspflege. „Das könnte
^as sein!" dachte der Verleger des „Pritz-
brücker Abendboten". Er ging hinein, ließ
die beiden Bände vorlegen und blät-
terte darin. Je mehr er blätterte, desto
größer wurde sein Vergnügen. Das war
ein großartiges Werk; darin war ja
^lles enthalten, was der Laie wissen muß,
tuen» er etwas auf dem Gebiete des Rechtes
unternehmen will oder zu erdulden hat und
dabei die Dienste eines Rechtsanwalts
ersparen möchte. Von A bis Z war alles
^arin, nämlich von „Abandon", was ein
besonderes Recht des Seeversicherungs-
uehmers ist, bis „Zwischenzinsen". And dazu gab es Lunderte von
Mustern und Entwürfen für in allen möglichen Rechtssachen nötige
Schriftstücke, für Zahlungsbefehle, Klageschriften, Anträge auf Frei-
gabe von Pfändungen, Gesellschaftsverträge, Abtretung von Forde-
rungen usw. Das brauchte der Laie — natürlich mit Einfügung der
entsprechenden Namen, Zahlen und Daten — nur abzuschreiben, und
^ann war es gerade so gut, als wenn es ihm ein Rechtsanwalt
gemacht hätte. „Das ist wirklich was!" sagte sich Oskar Schnabel,
'nnerlich jauchzend, und ließ sich die Bände einpacken, worauf er
ohne Bedauern 20 Mark bezahlte, denn so viel kosteten sie. Er hätte
ja billiger haben können; als Verleger hätte er sie zum Buch-
And er packt die Tasche und
Eilt davon als frecher Äund,
Durch die Sperre zu verschwinden.
Klops muß sich in Ohnmacht winden.
sie
händb
erpresse beziehen können, aber er wollte sie gleich haben, auf
Stelle.
Denn schon am Tage daraus wurde der „Laie und die Rechts-
e' für den „Pritzbrücker Abendboten" gebraucht. Der Verleger
Klärte dem Vetter und Redakteur: „Jetzt machen wir was Feines!
e- ,r bringen für unsere Leser: Juristische Auskünfte. Wer in irgend
6 er Rechtsangelegenheit nicht Bescheid weiß, kann beim ,Abend-
^ eri anfragen und wird dann von ihm gratis beraten. Das können
Machen, denn in diesen beiden Bänden haben wir eine Quelle,
e Uns nie im Stich lassen wird. Die beiden Rechtsanwälte sollen
Utzen, Knabe, der Esel, und Cyliax, der gemeine Kerl."
Der Redakteur Cornelius Schnabel war mit Begeisterung ein-
^^standen. Denn einmal hoffte er, da er selbst ja die juristische Ecke
^lorgen würde, auf einem bisher noch unbeackerten Felde Lorbeeren
b^^rnten, und dann konnte das ja auch dem „Pritzbrücker Abend-
uur nützen, weil unter seinen Abonnenten nur zwei Rechts-
alte waren; alle andern waren tatsächlich Laien und konnten
^ 9l hin und wieder der Belehrung bedürfen. Schon in der nächsten
mmwer erschien also eine Ankündigung: „Vielseitigen Wünschen aus
unserem Leserkreise entsprechend werden
wir von jetzt ab mit Äilfe eines bewährten
juristischen Mitarbeiters Auskünfte in allen
Rechtsangelegenheiten erteilen. Ansere
Leser mögen sich in vorkommenden Fällen
dieser Möglichkeit bedienen. Wir empfehlen
die je nach Bedarf erscheinenden Auskünfte
aber auch allgemeiner freundlicher Beach-
tung; es dürste sich lohnen, sie zu sammeln."
Die vielseitigen Wünsche aus dem
Leserkreise waren Schwindel und eigentlich
auch der bewährte juristische Mitarbeiter.
Cornelius Schnabel war ja Schriftleiter
und nicht nur Mitarbeiter, und bewährt
auf juristischem Gebiete hatte er sich auch
noch nicht. Aber zweifellos war der „Laie
und die Rechtspflege" von bewährten
Juristen verfaßt worden, deren Kenntnisse
er als Besitzer des Werkes wohl für sich
in Anspruch nehmen konnte. Er sagte sich: „Wenn ich sechs Lengste
zahlen kann, sind ihre Kräfte nicht die meine? Ich renne zu und bin
ein rechter Mann, als hält' ich vierundzwanzig Beine."
Anker der Aeberschrist „Zum Ausschneiden", die durch die Ab»
bildung einer etwas plumpen Schere verstärkt wurde, folgten dann
die beiden ersten Auskünfte. Sie waren natürlich ebensowenig ver-
langt worden, wie das ganze Auskunftsunternehmen gewünscht
worden war, aber anders konnte man den Anfang nicht machen;
zuerst mußte man Lockvögel zeigen, dann würden schon andere
ins Garn gehen. Anter dem Kennwort „Forderung 107" hieß
es: „Wir empfehlen Ihnen, es zuerst mit einem Zahlungs-
befehl gegen den säumigen Lerrn zu versuchen. Sie müssen
ihn in folgender Form beim hiesigen Amtsgericht beantragen: —"
— — And dann folgte ein knapper und ausgezeichnet klarer
Entwurf eines Zahlungsbefehls, in dem freilich der Grund der
Forderung nicht angegeben war; dafür standen Punkte da- Aber
das war ja selbstverständlich.
Die zweite Auskunft betraf einen Akt der freiwilligen Gerichts-
barkeit. Der bewährte juristische Mitarbeiter schrieb: „Vater und
19 jähriger Sohn. Die Volljährigkeit tritt mit Vollendung des 21.
Lebensjahres ein. Ausnahmsweise kann sie schon nach dem 18. Lebens-
jahre durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts ausgesprochen
werden, wenn sie im Interesse des Minderjährigen liegt. Da Ihr
Sohn Gelegenheit hat, ein eigenes Geschäft zu führen, liegt dieses
Interesse zweifellos vor. Sie müssen als gesetzlicher Vertreter Ihres
Sohnes persönlich den Antrag auf Volljährigkeitserklärung beim
Vormundschaftsrichter des hiesigen Amtsgerichts stellen und Ihr
Sohn dazu seine Einwilligung erklären. Bei Glaubhaftmachung der
Gründe erfolgt die Erledigung des Antrags in der Regel sofort."
(Fortsetzung auf Seite 55)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Klops kauft Zigarren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4852, S. 53
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg