Beim Rechtsanwalt
„Die Lauptsache ist, daß Sie ein Alibi
beibringen. War denn zu der fraglichen Zeit,
als Sie auf dem Felde die Kuh hüteten, nie-
mand in der Nähe?"
„Ja, die Kühl"
Kleiner Roman
Eines Tages kam im lichtblauen Reise-
mantel, ein zierliches Köfferchcn in der Land,
hinten nach der Lausknecht mit zwei mächtigen
Koffern und ebenso vielen Schachteln, Fräu-
lein Jngeborg in unserem Bergdorfe an. Sie
hatte rehbraune Augen, mit denen sie himm-
lisch schmachtende Blicke auf uns männliche
Insaffen der Pension „Almlust" warf.
Wir männlichen Insassen hatten es gleich
heraus, daß Jngeborg mit dem unerschütter-
lichen Entschlüsse hieher gekommen war, die
Sommerfrische nicht unverlobt zu verlassen.
In der Langenweile einiger Regentage schlossen
wir sogar Wetten ab, wer wohl der glücklich
Eroberte sein könnte.
„Na, der Negierungsbaumeister, der is
doch penstonsberechtigt. Zehn Mark, daß er
es is," schlug der Rechtsanwalt vor.
„Warum nicht du," knurrte der andere,
„zwanzig Emm, daß du es bist."
„Fünfzig lege ich in die Wagschale, daß
es der Kunstmaler sein wird. Auf den hat
sie es besonders abgesehen," rief Bliemcke,
der Kaufmann.
„And hundert geb ich, daß ich et bin," keuchte ein asthmatischer
älterer Lerr.
Allgemeines Lalloh.
Ich stand bescheiden abseits und schüttelte mit verneinendem
Lächeln mein weises Laupt.
Tage vergingen, kein fröhliches Ereignis störte den Frieden unseres
Sommeraufenthaltes. Nach und nach reiste einer nach dem anderen
ab. Aebrig blieben Fräulein Jngeborg und ich. Der letzte, der ab-
fuhr, schüttelte mir teilnahmsvoll die Lände.
„Muaßt di' recht Plagen, Sepp, als Fremdenführer?"
„Gar nöt! I schick alle ins Bräuhaus 'nei, und da
bleiben's hocka, bis der Wagen zruckfahrt."
„Also du wirst es sein, schade, aus dich Ham wir leider nicht
jesetzt." Dann ging er zur Bahn und ich in den Wald. Setzte mich
auf eine Bank und dachte an Jngeborg.
Wie es weiter hergegangen ist, weiß ich nicht mehr recht. Es kam
Jngeborg und ging in den Wald hinein. Ich auch. Leraus kamen
wir Arm in Arm. Wir fuhren nach Berlin und zeigten unsere Ver-
lobung an. Die Freunde starrten erst, dann kamen Glückwünsche und
Geschenke im Werte der Wetten.
„And siehst du," sagte Jngeborg, „ich habe eure Wette damals
mit angehört und mich so gefreut, daß du
nicht mitgetan hast. Du hattest mir doch gleich
von allem Anfang an am besten gefallen."
K. e,
Sonnabend kurz vor Ladenschluß: „Bitte, Laarschneiden und Rasieren!"
Die Werke
Die alten Schulkameraden treffen einander.
Brander hat eine Fabrik, die ordentlich was
abwirft; Studenz ist ein stiller Privatgelehr-
ter; er hat der Welt ein halb Dutzend Werke
geschenkt, die aber leider keine Beachtung ge-
funden haben.
„Wie geht es dir denn?" erkundigt sich
Brander.
„Nicht besonders!" gibt Studenz zu. „Gar
zu wenig Leute wollen meine Werke in die
Land nehmen."
„Das kann ich von mir nicht sagen," erklärt
Brander vergnügt. „Meine Werke nehmen
alle Leute in die Land."
Studenz weiß nicht Bescheid. „Ja, schreibst
du denn auch Bücher?"
„Nee — ich fabriziere Türklinken und
Fenstergriffe."
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„Die Lauptsache ist, daß Sie ein Alibi
beibringen. War denn zu der fraglichen Zeit,
als Sie auf dem Felde die Kuh hüteten, nie-
mand in der Nähe?"
„Ja, die Kühl"
Kleiner Roman
Eines Tages kam im lichtblauen Reise-
mantel, ein zierliches Köfferchcn in der Land,
hinten nach der Lausknecht mit zwei mächtigen
Koffern und ebenso vielen Schachteln, Fräu-
lein Jngeborg in unserem Bergdorfe an. Sie
hatte rehbraune Augen, mit denen sie himm-
lisch schmachtende Blicke auf uns männliche
Insaffen der Pension „Almlust" warf.
Wir männlichen Insassen hatten es gleich
heraus, daß Jngeborg mit dem unerschütter-
lichen Entschlüsse hieher gekommen war, die
Sommerfrische nicht unverlobt zu verlassen.
In der Langenweile einiger Regentage schlossen
wir sogar Wetten ab, wer wohl der glücklich
Eroberte sein könnte.
„Na, der Negierungsbaumeister, der is
doch penstonsberechtigt. Zehn Mark, daß er
es is," schlug der Rechtsanwalt vor.
„Warum nicht du," knurrte der andere,
„zwanzig Emm, daß du es bist."
„Fünfzig lege ich in die Wagschale, daß
es der Kunstmaler sein wird. Auf den hat
sie es besonders abgesehen," rief Bliemcke,
der Kaufmann.
„And hundert geb ich, daß ich et bin," keuchte ein asthmatischer
älterer Lerr.
Allgemeines Lalloh.
Ich stand bescheiden abseits und schüttelte mit verneinendem
Lächeln mein weises Laupt.
Tage vergingen, kein fröhliches Ereignis störte den Frieden unseres
Sommeraufenthaltes. Nach und nach reiste einer nach dem anderen
ab. Aebrig blieben Fräulein Jngeborg und ich. Der letzte, der ab-
fuhr, schüttelte mir teilnahmsvoll die Lände.
„Muaßt di' recht Plagen, Sepp, als Fremdenführer?"
„Gar nöt! I schick alle ins Bräuhaus 'nei, und da
bleiben's hocka, bis der Wagen zruckfahrt."
„Also du wirst es sein, schade, aus dich Ham wir leider nicht
jesetzt." Dann ging er zur Bahn und ich in den Wald. Setzte mich
auf eine Bank und dachte an Jngeborg.
Wie es weiter hergegangen ist, weiß ich nicht mehr recht. Es kam
Jngeborg und ging in den Wald hinein. Ich auch. Leraus kamen
wir Arm in Arm. Wir fuhren nach Berlin und zeigten unsere Ver-
lobung an. Die Freunde starrten erst, dann kamen Glückwünsche und
Geschenke im Werte der Wetten.
„And siehst du," sagte Jngeborg, „ich habe eure Wette damals
mit angehört und mich so gefreut, daß du
nicht mitgetan hast. Du hattest mir doch gleich
von allem Anfang an am besten gefallen."
K. e,
Sonnabend kurz vor Ladenschluß: „Bitte, Laarschneiden und Rasieren!"
Die Werke
Die alten Schulkameraden treffen einander.
Brander hat eine Fabrik, die ordentlich was
abwirft; Studenz ist ein stiller Privatgelehr-
ter; er hat der Welt ein halb Dutzend Werke
geschenkt, die aber leider keine Beachtung ge-
funden haben.
„Wie geht es dir denn?" erkundigt sich
Brander.
„Nicht besonders!" gibt Studenz zu. „Gar
zu wenig Leute wollen meine Werke in die
Land nehmen."
„Das kann ich von mir nicht sagen," erklärt
Brander vergnügt. „Meine Werke nehmen
alle Leute in die Land."
Studenz weiß nicht Bescheid. „Ja, schreibst
du denn auch Bücher?"
„Nee — ich fabriziere Türklinken und
Fenstergriffe."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Muaßt di' recht plagen, Sepp, als Fremdenführer?" "Sonnabend kurz vor Ladenschluß: ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4856, S. 119
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg