E'ne Frau hat Fieber.
Ein Mann bat Schnupfen.
drunter und drüber, überall
fehlen die Knöpfe, meine
Strümpfe sind nicht gestopft,
nachmittags kriegen wir Be-
such, und ich habe Fieber!
Das ist ja zum Kleinewür-
merkriegen! Aber das eine
will ich dir flüstern. Pauline:
wenn ich heute abend heim-
komme, und es ist nicht alles
in Butter und tipptopp, dann
sollst du mich einmal kenne»
lernen!" Damit ergreift er
seinen geputzten Lut, steckt
die sorgfältig zubereitete Früh-
stücksstulle in die Tasche und
marschiert aus dem Laus.
Wir wollen zu Pauls
Bestem hoffen, daß Pauline
bald wieder gesund wird, denn
Paul hat Pauline lieb, er
meint es garnicht so. Nur
hört er sich leider nicht selber
reden, und er würde bestimmt
behaupten, alles wäre erlogen
und erstunken, und so wäre er
nie zu seiner Frau. And noch
etwas; zu Pauls und aller
Männer Ehre sei es gesagt:
wenn Männer brüllen und
mit der eigenen Frau schreien, so tun sie es aus Lilflosigkeit. Weil es
ihnen leid tut, daß die Frau krank ist und sie ihr nicht Helsen können,
wissen sie nicht aus und ein und öffnen das Ventil ihrer. Stimme.
Pauline ist also wieder gesund geworden und lebt mit Paul ihren
Tag dahin. Mit Paul kann man auch leben. Paul ist ein großer,
kräftiger Mann, meist vergnügt, und ihm kann keiner. Wenn aber
Paul einmal die große Zehe wehtut, oder er gegen den Strich rasiert
wird, oder wenn er gar Schnupfen hat-
And Paul hat plötzlich Schnupfen.
„Paula! PaulineI" jammert er den ganzen Tag.
„Was denn, Paul?"
„Wo bist du denn immer? Wo steckst du denn nur? Ich bin doch krank!"
„Noch nicht bester, Paul?"
„Besser? O du Anvernunft! Ich kann kaum atmen! Ich kriege
keine Luft! Ich ersticke! Die Nase muß schon ganz blutig sein. Ich
halte das nicht aus! Ich werde verrückt!"
Dabei hat Paul wirklich nur einen leichten Schnupfen.
„Mich trifft es auch immer!" jammert er weiter; „du wirst nie krank!"
Jetzt stößt ihn noch zum Aeberflutz der Bock.
„Luck!" macht es. — Zu Tode erschrocken hält Paul die Luft an.
„Last du das gehört? Last
du das gehört. Pauline? Auch
noch Schlucken! Das kann ja
gut werden! Das ist eine ge-
fährliche Krankheit. Mein Ar-
großvater ist daran gestorben.
Der hat so laut geschluckt,
daß es die Leute acht Läufer
weit gehört haben. Ich sterbe
auch noch daran. Das ist Ver-
erbung."
„Aber Paul, red doch nicht
so dummes Zeug!"
„Das nennst du dummes
Zeug? Lieg du erst einmal im
Sterben wie ich! Du redest
und redest und redest, und ich
halte es kaum aus vor Schnup-
fen! Luck! Luck! Siehste, schon
wieder!"
Die Frau weiß ein sicheres
Mittel gegen Schluckauf.
„Wenn du innerhalb einer
Minute dreimal schluckst," sagt
sie, „verzichte ich auf ein
neues Kleid."
„Schon hin! Das wäre
gelacht! Paß aus!"
And Paul druckt und druckt,
aber kein Schluckauf will ihm
entfahren. Paul biegt sich und
beugt sich, er schiebt das Zäpf-
chen im Gaumen hin und her, stößt Luft nach innen und nach außen,
aber es nutzt nichts. Der Schlucken ist verschwunden.
„Loffentlich verschlägt sich das nicht ins Blut!" jammert er, „ich
bin ein vom Anglück verfolgter Mensch! Jetzt habe ich auch iwch
Kopfschmerzen, irrsinnige Kopfschmerzen am ganzen Körper. Sicher
habe ich auch hohes Fieber."
„Du hast kein Fieber, Paul," beruhigt ihn Pauline.
„Kein Fieber? Miß mal!" Pauline schiebt Paul back Thermo-
meter in die Achsel. Paul liest es andächtig ab.
„Siebenunddreißig komma zwei," sagt er, beinahe stolz, „also
doch Fieber! Mir ist überhaupt so komisch. Das muß etwas anderes
sein. Das ist kein gewöhnlicher Schnupfen! Das ist Lungenentzündung!
Wollen wir nicht lieber den Arzt holen. Pauline? Komm, hol den
Arzt, bevor es zu spät ist!"
And als Pauline den Arzt geholt hatte, stellte der Arzt einen
ganz leichten Frühjahrsschnupfen fest. So sind nun einmal wir
Männer, ich nehme mich nicht aus, wenn uns der Schnupfen plagt.
Denn wir sehen gern die Dinge, wenn sie uns selbst betreffen,
riesengroß, und wie oft war es nur ein leichter Schnupfen, wo wir
sterben zu müssen glaubten.
„Eine Scholle? Soll ich nicht doch lieber Aal nehmen? Mein Mann
sagt immer: Aal bleibt Aal!"
„Stimmt, junge Frau! Wenn Sie 'ne Scholle nehmen, können Sie
Ihrem Mann sagen, es is Steinbutt."
Fetzt gang i ans Brünnele, trink aber net . .
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Ein Mann bat Schnupfen.
drunter und drüber, überall
fehlen die Knöpfe, meine
Strümpfe sind nicht gestopft,
nachmittags kriegen wir Be-
such, und ich habe Fieber!
Das ist ja zum Kleinewür-
merkriegen! Aber das eine
will ich dir flüstern. Pauline:
wenn ich heute abend heim-
komme, und es ist nicht alles
in Butter und tipptopp, dann
sollst du mich einmal kenne»
lernen!" Damit ergreift er
seinen geputzten Lut, steckt
die sorgfältig zubereitete Früh-
stücksstulle in die Tasche und
marschiert aus dem Laus.
Wir wollen zu Pauls
Bestem hoffen, daß Pauline
bald wieder gesund wird, denn
Paul hat Pauline lieb, er
meint es garnicht so. Nur
hört er sich leider nicht selber
reden, und er würde bestimmt
behaupten, alles wäre erlogen
und erstunken, und so wäre er
nie zu seiner Frau. And noch
etwas; zu Pauls und aller
Männer Ehre sei es gesagt:
wenn Männer brüllen und
mit der eigenen Frau schreien, so tun sie es aus Lilflosigkeit. Weil es
ihnen leid tut, daß die Frau krank ist und sie ihr nicht Helsen können,
wissen sie nicht aus und ein und öffnen das Ventil ihrer. Stimme.
Pauline ist also wieder gesund geworden und lebt mit Paul ihren
Tag dahin. Mit Paul kann man auch leben. Paul ist ein großer,
kräftiger Mann, meist vergnügt, und ihm kann keiner. Wenn aber
Paul einmal die große Zehe wehtut, oder er gegen den Strich rasiert
wird, oder wenn er gar Schnupfen hat-
And Paul hat plötzlich Schnupfen.
„Paula! PaulineI" jammert er den ganzen Tag.
„Was denn, Paul?"
„Wo bist du denn immer? Wo steckst du denn nur? Ich bin doch krank!"
„Noch nicht bester, Paul?"
„Besser? O du Anvernunft! Ich kann kaum atmen! Ich kriege
keine Luft! Ich ersticke! Die Nase muß schon ganz blutig sein. Ich
halte das nicht aus! Ich werde verrückt!"
Dabei hat Paul wirklich nur einen leichten Schnupfen.
„Mich trifft es auch immer!" jammert er weiter; „du wirst nie krank!"
Jetzt stößt ihn noch zum Aeberflutz der Bock.
„Luck!" macht es. — Zu Tode erschrocken hält Paul die Luft an.
„Last du das gehört? Last
du das gehört. Pauline? Auch
noch Schlucken! Das kann ja
gut werden! Das ist eine ge-
fährliche Krankheit. Mein Ar-
großvater ist daran gestorben.
Der hat so laut geschluckt,
daß es die Leute acht Läufer
weit gehört haben. Ich sterbe
auch noch daran. Das ist Ver-
erbung."
„Aber Paul, red doch nicht
so dummes Zeug!"
„Das nennst du dummes
Zeug? Lieg du erst einmal im
Sterben wie ich! Du redest
und redest und redest, und ich
halte es kaum aus vor Schnup-
fen! Luck! Luck! Siehste, schon
wieder!"
Die Frau weiß ein sicheres
Mittel gegen Schluckauf.
„Wenn du innerhalb einer
Minute dreimal schluckst," sagt
sie, „verzichte ich auf ein
neues Kleid."
„Schon hin! Das wäre
gelacht! Paß aus!"
And Paul druckt und druckt,
aber kein Schluckauf will ihm
entfahren. Paul biegt sich und
beugt sich, er schiebt das Zäpf-
chen im Gaumen hin und her, stößt Luft nach innen und nach außen,
aber es nutzt nichts. Der Schlucken ist verschwunden.
„Loffentlich verschlägt sich das nicht ins Blut!" jammert er, „ich
bin ein vom Anglück verfolgter Mensch! Jetzt habe ich auch iwch
Kopfschmerzen, irrsinnige Kopfschmerzen am ganzen Körper. Sicher
habe ich auch hohes Fieber."
„Du hast kein Fieber, Paul," beruhigt ihn Pauline.
„Kein Fieber? Miß mal!" Pauline schiebt Paul back Thermo-
meter in die Achsel. Paul liest es andächtig ab.
„Siebenunddreißig komma zwei," sagt er, beinahe stolz, „also
doch Fieber! Mir ist überhaupt so komisch. Das muß etwas anderes
sein. Das ist kein gewöhnlicher Schnupfen! Das ist Lungenentzündung!
Wollen wir nicht lieber den Arzt holen. Pauline? Komm, hol den
Arzt, bevor es zu spät ist!"
And als Pauline den Arzt geholt hatte, stellte der Arzt einen
ganz leichten Frühjahrsschnupfen fest. So sind nun einmal wir
Männer, ich nehme mich nicht aus, wenn uns der Schnupfen plagt.
Denn wir sehen gern die Dinge, wenn sie uns selbst betreffen,
riesengroß, und wie oft war es nur ein leichter Schnupfen, wo wir
sterben zu müssen glaubten.
„Eine Scholle? Soll ich nicht doch lieber Aal nehmen? Mein Mann
sagt immer: Aal bleibt Aal!"
„Stimmt, junge Frau! Wenn Sie 'ne Scholle nehmen, können Sie
Ihrem Mann sagen, es is Steinbutt."
Fetzt gang i ans Brünnele, trink aber net . .
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Scholle? Soll ich nicht doch lieber Aal nehmen? ..." "Jetzt gang i ans Brünnele, trink aber net .."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4859, S. 167
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg