Kleine Belehrung
dann der falsche Koffer in die Lände geraten. Sie halten ihn also
tatsächlich für unschuldig. Aber Sie sagen aus: ^Scheinbar hat der
Angeklagte die Koffer verwechselt/ Was muß das Gericht denken?
Es denkt: ,Aha — scheinbarl Dieser Zeuge, der ein vernünftiger
Mann ist, hält das verspätete Merken der Notwendigkeit, auszu-
steigen, die Eile und Verwirrung des Angeklagten für eine Komödie,
die er aufführte, um sich im Notfall mit einer Verwechslung ent-
schuldigen zu können; er gab sich einen heuchlerischen Schein, als er
nach dem fremden Koffer griff/ Schluß: der wirklich unschuldige,
bedauernswerte Mann wird verurteilt, schwer verurteilt. Nur auf
Grund Ihrer Aussage. Lätten Sie aber gesagt: ,Anscheinend hat
der Angeklagte die Koffer verwechselt'-dann wäre er glatt
freigesprochen worden. Ihr Fehler im Ausdruck, diese gräßliche Ver-
wechslung von scheinbar' und anscheinend' hat einen Menschen
unglücklich gemacht."
Dem Brauereibesitzer Giesebreck gefällt auch diese Geschichte nicht;
es behagt ihm nicht, so für das Schicksal eines, wenn auch nur er-
fundenen Angeklagten verantwortlich gemacht zu werde». „Ist ja
Unsinn!" brummt er. „So fix würde das Gericht nicht arbeite». Es
würde mich fragen: ,Wie benahm sich der Angeklagte? War ihm so
eine Art Reisefieber anzumerken? Sah er nicht genau nach dem
Koffer hin?'-und mehr solche Fragen. Dann würde sich schon
Herausstellen, was ich gemeint habe."
„Gut! Aber dann würde zum Schluß der Vorsitzende Sie fragen:
,Ia, warum haben Sie uns zuerst ganz was anderes gesagt?' — Und
dann ständen Sie da mit Ihrem scheinbar."
Dem Brauereibesitzer Giesebreck ist warm geworden bei der Be-
lehrung; er zieht sein Taschentuch und fährt sich über den Schädel.
Der Stadtkämmerer Knöpfer kann noch nicht Ruhe geben. Er zeigt
auf diesen Schädel und kräht: „Anscheinend bekommen Sie eine
Glatze. Wie froh würden Sie sein, wenn Ihnen ein kundiger Friseur
versichern würde: ,Scheinbar sieht es nach einer Glatze aus!' Aber
dann lenkt er ein: „Sie nehmen mir's doch nicht Übel, bester Lerr
Giesebreck? Aber ich konnte es nicht unterlassen. Sowie ich das ver-
dammte scheinbar am falschen Platze sehe, stürze ich mich darauf;
es kann mich geradezu rasend machen. Also nichts für ungut!"
„Aber nein!" sagt Giesebreck. „Ich werd's mir merken! O ja, ich
werde es mir gut merken."-
Man hat die Anschlußstation erreicht. Gleich kommt auch der
Schnellzug, mit dem Giesebreck und Knöpfer weiter fahren. Knöpfer
entdeckt ein ganz leeres Nichtraucherabteil und frohlockt. „Wir haben
Glück. Kommen Sie schnell, Lerr Giesebreck!"
Aber Giesebreck hat keine Lust, weiter mit Knöpfer zusammen zu
bleiben. Nebenan ist ein Raucherabteil. Es ist vollkommen verqualmt, ein
häßlicher Aufenthalt, und zudem ist nur noch ein Mittelplah frei. „Danke,
Lerr Knöpfer!" lehnt Giesebreck ab. „Ich gehe lieber hier hinein."
„Ah, verstehe!" sagt Knöpfer. „Anscheinend können Sie Ihren
Tabakhunger nicht länger bezähmen."
Giesebreck grinst. „Nein — — scheinbarl"
-4
„Ich gehe jedes Jahr in ein anderes Ostseebad."
„Donner, da müssen Sie ja schon die ganze Ost-
seeküste kennen, Fräulein Meier."
Humor des Auslandes
Frih hat eine große Schwester
„Na, Fritzchen, deine Schwester hat ein Baby bekommen, du bist
also jetzt Onkel!"
„Fein, Vati, muß ich denn nun noch länger in die Schule gehen,
wo ich jetzt Onkel geworden bin?" (Hemme!s Journal)
Ihr kann man nichts vormachen
„Na, liebe Schwester, wie gefällt dir meine Braut?"
„Ausgezeichnet, mit der kannst du dich sehen lassen! Entzückend
anzusehen, Augen wie ein Reh, wunderbare Laare, eine prachtvolle
Gesichtshaut, ja und die Zähne, die sind ja direkt ein Meisterwerk
moderner Technik!" (Hemmets Journal)
*
Zn Trauer
„Ach ja, es ist oft so," sagte der sein Beileid aussprechende
Verwandte, „daß wir erst nach dem Leimgang unserer Lieben merken,
wie wertvoll sie uns gewesen sind!"
„Ja, das stimmt," antwortete die Witwe, „ich habe auch nicht
geahnt, daß mein Mann so hoch versichert gewesen ist!" (Matin)
iufig die
n Weine
5vn sotort
rband lien
unden ^^«enden
)rtmitdem^elasv,sc»(
&eta nd t>eacM
genügend daher,
düngen-1 9 hen, s
nicht auswasc
ooimtötenden
Heilung
Bei Anfragen oder Bestellungen wollen Sie sich gefl. auf die „Fliegenden Blätter“ beziehen.
201
dann der falsche Koffer in die Lände geraten. Sie halten ihn also
tatsächlich für unschuldig. Aber Sie sagen aus: ^Scheinbar hat der
Angeklagte die Koffer verwechselt/ Was muß das Gericht denken?
Es denkt: ,Aha — scheinbarl Dieser Zeuge, der ein vernünftiger
Mann ist, hält das verspätete Merken der Notwendigkeit, auszu-
steigen, die Eile und Verwirrung des Angeklagten für eine Komödie,
die er aufführte, um sich im Notfall mit einer Verwechslung ent-
schuldigen zu können; er gab sich einen heuchlerischen Schein, als er
nach dem fremden Koffer griff/ Schluß: der wirklich unschuldige,
bedauernswerte Mann wird verurteilt, schwer verurteilt. Nur auf
Grund Ihrer Aussage. Lätten Sie aber gesagt: ,Anscheinend hat
der Angeklagte die Koffer verwechselt'-dann wäre er glatt
freigesprochen worden. Ihr Fehler im Ausdruck, diese gräßliche Ver-
wechslung von scheinbar' und anscheinend' hat einen Menschen
unglücklich gemacht."
Dem Brauereibesitzer Giesebreck gefällt auch diese Geschichte nicht;
es behagt ihm nicht, so für das Schicksal eines, wenn auch nur er-
fundenen Angeklagten verantwortlich gemacht zu werde». „Ist ja
Unsinn!" brummt er. „So fix würde das Gericht nicht arbeite». Es
würde mich fragen: ,Wie benahm sich der Angeklagte? War ihm so
eine Art Reisefieber anzumerken? Sah er nicht genau nach dem
Koffer hin?'-und mehr solche Fragen. Dann würde sich schon
Herausstellen, was ich gemeint habe."
„Gut! Aber dann würde zum Schluß der Vorsitzende Sie fragen:
,Ia, warum haben Sie uns zuerst ganz was anderes gesagt?' — Und
dann ständen Sie da mit Ihrem scheinbar."
Dem Brauereibesitzer Giesebreck ist warm geworden bei der Be-
lehrung; er zieht sein Taschentuch und fährt sich über den Schädel.
Der Stadtkämmerer Knöpfer kann noch nicht Ruhe geben. Er zeigt
auf diesen Schädel und kräht: „Anscheinend bekommen Sie eine
Glatze. Wie froh würden Sie sein, wenn Ihnen ein kundiger Friseur
versichern würde: ,Scheinbar sieht es nach einer Glatze aus!' Aber
dann lenkt er ein: „Sie nehmen mir's doch nicht Übel, bester Lerr
Giesebreck? Aber ich konnte es nicht unterlassen. Sowie ich das ver-
dammte scheinbar am falschen Platze sehe, stürze ich mich darauf;
es kann mich geradezu rasend machen. Also nichts für ungut!"
„Aber nein!" sagt Giesebreck. „Ich werd's mir merken! O ja, ich
werde es mir gut merken."-
Man hat die Anschlußstation erreicht. Gleich kommt auch der
Schnellzug, mit dem Giesebreck und Knöpfer weiter fahren. Knöpfer
entdeckt ein ganz leeres Nichtraucherabteil und frohlockt. „Wir haben
Glück. Kommen Sie schnell, Lerr Giesebreck!"
Aber Giesebreck hat keine Lust, weiter mit Knöpfer zusammen zu
bleiben. Nebenan ist ein Raucherabteil. Es ist vollkommen verqualmt, ein
häßlicher Aufenthalt, und zudem ist nur noch ein Mittelplah frei. „Danke,
Lerr Knöpfer!" lehnt Giesebreck ab. „Ich gehe lieber hier hinein."
„Ah, verstehe!" sagt Knöpfer. „Anscheinend können Sie Ihren
Tabakhunger nicht länger bezähmen."
Giesebreck grinst. „Nein — — scheinbarl"
-4
„Ich gehe jedes Jahr in ein anderes Ostseebad."
„Donner, da müssen Sie ja schon die ganze Ost-
seeküste kennen, Fräulein Meier."
Humor des Auslandes
Frih hat eine große Schwester
„Na, Fritzchen, deine Schwester hat ein Baby bekommen, du bist
also jetzt Onkel!"
„Fein, Vati, muß ich denn nun noch länger in die Schule gehen,
wo ich jetzt Onkel geworden bin?" (Hemme!s Journal)
Ihr kann man nichts vormachen
„Na, liebe Schwester, wie gefällt dir meine Braut?"
„Ausgezeichnet, mit der kannst du dich sehen lassen! Entzückend
anzusehen, Augen wie ein Reh, wunderbare Laare, eine prachtvolle
Gesichtshaut, ja und die Zähne, die sind ja direkt ein Meisterwerk
moderner Technik!" (Hemmets Journal)
*
Zn Trauer
„Ach ja, es ist oft so," sagte der sein Beileid aussprechende
Verwandte, „daß wir erst nach dem Leimgang unserer Lieben merken,
wie wertvoll sie uns gewesen sind!"
„Ja, das stimmt," antwortete die Witwe, „ich habe auch nicht
geahnt, daß mein Mann so hoch versichert gewesen ist!" (Matin)
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ooimtötenden
Heilung
Bei Anfragen oder Bestellungen wollen Sie sich gefl. auf die „Fliegenden Blätter“ beziehen.
201
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich gehe jedes Jahr in ein anderes Ostseebad."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1938
Entstehungsdatum (normiert)
1933 - 1943
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 189.1938, Nr. 4861, S. 201
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg