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„Abschleifen soll ich sie lassen, die Renommierbrettln, aber nur die Lauffläche bat er gesagt, der Lerr Baron!"

Keine Ursache Bons. Kiockend»^

Wendehals gondelt gemächlich auf seinem
Fahrrad durch die Gegend. Er fährt sehr
langsam, denn erstens hat er kein bestimmtes
Ziel. Zweitens kann er Geschwindigkeits-
sexerei auf den Tod nicht leiden. And drit-
tens ist da das böse Asthma, das ihm ge-
wisse Rücksichten auferlegt . . .

Wendehals biegt an einer Kreuzung um
die Ecke und wäre beinahe mit einem an-
deren, herkulisch gebauten Radfahrer zu-
sammengeprallt. Natürlich hat dieser Trot-
tel kein Klingelzeichen gegeben . . .1 Wen-
dehals macht seiner Empörung darüber
Luft, indem er ihm eine aus dem Tierreich
stammende Bezeichnung an den Kopf schleu-
dert. Im Weiterfahren schmunzelt er vor
sich hin. Wie leicht sich doch manche Leute
verbliiffen lassen . . .! Nebenher fällt ihm
ein, daß er selbst an der Ecke auch nicht
geklingelt hat.

Plötzlich aber erschrickt er. Es hätte ja
auch ganz anders kommen können. Zum
Beispiel hätte der Beleidigte den Zuruf
auf der Stelle durch eine saftige Ohrfeige
ahnden können. Ein paar fürchterliche Pran-
ken hatte der Mensch gehabt. . .! Aber
war es nicht ebenso gut auch denkbar, daß
der Mann ein bißchen begriffsstutzig war?
Er hatte schon danach ausgesehen, als pflege
es bei ihm eine Weile zu dauern, bis er
eine Sachlage erfaßte.

Anwillkürlich wirft Wendehals einen Blick
nach rückwärts. And da stellt er erschauernd
fest, daß der Andere ihin folgt und offen-
sichtlich bemüht ist, ihn einzuholen. Wende-
hals beschleunigt sein Tempo. Leider muß
er bald darauf feststellen, daß sich der Ab-
stand trotzdem beträchtlich verringert hat.
Das kann ja nett werden .. .! Die Gegend
ist hier ganz unbelebt, und der Verfolger
macht durchaus den Eindruck, als könne er
mit der Faust einen Ochsen zu Boden

(Text zu nebenstehendem Bilde)

„Das sind wirklich ganz wunderbare, kunst-
volle Gebilde!"

„Ach wo, Emil, das ist doch niemals
Kunsteis!"

schlagen. Nur durch schleunige Flucht kann
Wendehals dem drohenden Verhängnis
entrinnen. Also steigert er seine Geschwin-
digkeit derart, daß die Apfelbäume an der
Straße nur so vorüberwirbeln. Nichtsdesto-
weniger bemerkt er bald, daß sein Wider-
sacher näher und näher rückt. Schon er-
kennt er bei einem abermaligen Blick nach
rückwärts ganz deutlich das Gesicht des
Rächers, das vor Zorn und Anstrengung
wie eine Vollreife Tomate glüht. Eine
mächtige Stimme fordert Wendehals auf,
abzusteigen. Der denkt nicht daran, sondern
saust, das Letzte aus seinem Stahlroß heraus-
holend, weiter. Mit der Kraft der Ver-
zweiflung tritt er in die Pedale. Schon
meint er die Faust des Riesen im Genick
zu spüren. And jetzt beginnen seine Füße
zu ermüden und seine Lungen zu keuchen.
Es gibt doch wohl keine Rettung. Mehr
und mehr schwinden seine Kräfte, und eine
dumpfe Schicksalsergebenheit lähmt seine
Willenskraft. Jetzt ist schon alles egal...!
Mag ihn dieses hünenhafte Angetüm mit
einem Faustschlag zermalmen . .! Schließ-
lich kann er einfach nicht mehr. Er steigt
ab und erwartet, auf das Schlimmste gefaßt,
das Ende. Immerhin besitzt er noch die
Geistesgegenwart, sein Rad zwischen sich
und den Gegner zu bringen.

Der Lüne bremst und steigt ebenfalls ab.
„Menschenskind," ertönt sein gewaltiger
Baß. „Sie fahren ja wie der Deubel!
Lätte ich Ihnen garnicht zugetraut!" —

Er streckt Wendehals seine mächtige Land
hin, in der etwas glänzt und leuchtet. „Lier,"
sagt er, „damit Sie keine Anannehmlich-
keiten haben! Sie haben Ihren Rückstrahler
verloren!"

Wendehals blickt denMann schweratmend
und blöde an. Endlich hat er die Sachlage
erfaßt. Er holt tief Luft und schmettert los:
„And deswegen halten Sie mich auf? Wo
Sie doch sehen mußten, daß ich es sehr
eilig hatte?"

Der Riese lächelt gutmütig und abweh-
rend. Er legt nach Art der Schwerhörigen
die Land ans Ohr und sagt mit tiefer
Stimme: „Sie brauchen sich nicht zu be-
danken. Wirklich keine Arsache ... I"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Abschleifen soll ich sie lassen..." "Das sind wirklich ganz wunderbare, kunstvolle Gebilde!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4880, S. 86

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Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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