Durchschaut
„Diese ideale Sommerfrische mit viel Wald und
erstklaffiger Verpflegung für 2,50 Reichsmark pro
Tag ist meine Entdeckung."
„Sollte das nicht sogar Ihre Erfindung sein?"
Goldquelle
„Was dieser Unfallverletzte ehemalige Sänger aus
dem kleinen Schaden am Knie für Entschädigungen
herauszuholen versteht — früher hatte er Gold in
der Kehle, und jetzt hat er's in der Kniekehle!"
„Was, 32 Jahre bist du schon alt, da wird es
aber Zeit, mein Junge, daß du dein Examen machst
und dich als Anwalt etablierst."
„Ach, weißt du, Onkel, zu den jungen Anwälten
haben die Leute immer kein rechtes Vertrauen."
Der freigebige Onkel
„Der Groschen scheint nicht wieder zum Vorschein
zu kommen, den du vor einigen Tagen verschluckt
hast; — (wohlwollend) na, behalt ihn!"
Der Besuch
Zu Kleingalle kommt ein Mann.
„Bitte," führt Kleingalle ihn herein, „nehmen
Sie Platz."
„Danke," sagt da der Mann, „ich möchte lieber
etwas anderes nehmen; ich bin nämlich der Gerichts-
vollzieher."
„Seit wann lebt ihr denn getrennt?"
„Seit der Radioapparat im Lause ist."
„Lm, der Apparat scheint scharf zu trennen!"
Gespräch an einer LochzeUStafel
jetzt lieber am Platze der Braut. Sehr begreiflicher Gedanke einer
Mutter! Aber tun wir mal, was wir können: verscheuchen wir diesen
Gedanken der guten alten Dame! Lassen wir sie froh sein, daß es
nicht ihre Tochter ist, die heute geheiratet hat!
And Kurt Stutz spricht: „Ja, eine nette junge Frau! Wenn sie
nur glücklich wird! Lerbert wollte ja eigentlich nicht heiraten. Keine
gute Absicht, denn ein Mann soll heiraten. Aber schließlich-
wenn einer selber einsieht, daß er doch nicht recht zum Ehemann
taugt! Ich habe ihm freilich immer gesagt: ,Paß auf, Lerbert, du
läßt dich doch einfangen I And wenn es soweit ist, dann komme ich
und lache dich ganz furchtbar aus/ In Wahrheit hat Kurt Stutz
das nie gesagt, aber er beschließt, jetzt auf Lerbert Meiers Kosten
zu lachen. Freilich muß es ein stilles, heimliches Lachen sein; laut
herausbrüllen dürfte er es hier an der Tafel ja nicht.
„Ah, Sie sind ein Freund des Bräutigams?" fragt die ältere
Dame.
„Sein bester, gnädige Frau. Sind zusammen zur Schule gegangen.
Beide zweimal sitzen geblieben. Lerbert war grade so'n fauler Lund
wie ich." Kurt Stutz fängt mit seinem heimlichen Lachen an.
„Es wird wohl nicht so schlimm gewesen sein."
„Natürlich nicht, gnädige Frau. Schule hat ja schließlich nichts
zu sagen. Ein tüchtiger Kerl ist Lerbert ja doch geworden. Bloß
das verdammte Bummeln! Ein paar Tage wird toll gearbeitet,
aber dann muß durchgegangen werden."
„Er macht aber einen durchaus soliden Eindruck," meint die Dame.
„Ja, gnädige Frau: Stille Wasser sind tief. Ich glaube, die
junge Frau wird es nicht leicht mit ihm haben. Aus einem Sumpf-
huhn wird selten, wenn man so sagen darf, ein braver Laushahn.
Laha!" Lier kann Kurt Stutz ein Lachen doch nicht unterdrücken.
Die ältere Dame schüttelt etwas ausfallend energisch den Kopf.
„So denken Sie als Junggeselle. Aber Ihr Freund wird sich ändern.
Ganz von selbst, aus freien Stücken. Sonst wird seine Frau schon
dafür sorgen."
„Da kennen Sie meinen Freund Lerbert schlecht, gnädige Frau.
Der wird sich von seiner Frau nichts vorschreiben lassen. O nein,
der führt ein strenges Regiment-wie ein Pascha. Lat sich ja
schon niemals von einer seiner Flammen was gefallen lassen."
„Einer seiner Flammen? Wollen Sie damit sagen, daß-"
Die ältere Dame sucht vergeblich nach einem Ausdruck; ihr Antlitz
zeigt einige Zornesröte.
Kurt Stutz bemerkt das nicht. „Aber ja, gnädige Frau. Der gute
Lerbert ist schon früh ein toller Lecht gewesen. Die Engländer
sagen: Ladies Killer. And wer den Reiz von Eroberungen gekostet
hat, der geht immer wieder auf neue aus. Die junge Frau wird
oft ein Auge zudrücken müssen."
„Oho, sie wird eher beide Augen recht weit aufhalten," erklärt die
ältere Dame scharf, und es klingt wie eine Kriegserklärung. „And
ich garantiere Ihnen: Ihr Freund Lerbert wird sehr stramm ge-
halten werden. Das können Sie ihm bestellen, mein Lerr!"
Kurt Stutz hört auf, innerlich zu lachen; ihm ist auf einmal gar
nicht nach Lachen zu Mut. „Von wem soll ich das bestellen, gnädige
Frau?"
„Von seiner Schwiegermutter, mein Lerr. Ich bin die Mutter
der Braut."
Nachträgliche Forderung
„Im vorigen Jahre habe ich hier im Wartesaal zu Mittag ge-
gessen, Lerr Ober — leider mußte ich vorzeitig aufhören, weil mein
Zug einlief — das Dessert habe ich noch zu kriegen!"
Opfer der Mutterliebe
„Wie entsetzlich dick ich werde! t Das kommt von dem Kinder-
nährmittel, mit dem ich meine Zwillinge päppele — die nehmen's
nur, wenn ich's selbst auch nehme!"
183
„Diese ideale Sommerfrische mit viel Wald und
erstklaffiger Verpflegung für 2,50 Reichsmark pro
Tag ist meine Entdeckung."
„Sollte das nicht sogar Ihre Erfindung sein?"
Goldquelle
„Was dieser Unfallverletzte ehemalige Sänger aus
dem kleinen Schaden am Knie für Entschädigungen
herauszuholen versteht — früher hatte er Gold in
der Kehle, und jetzt hat er's in der Kniekehle!"
„Was, 32 Jahre bist du schon alt, da wird es
aber Zeit, mein Junge, daß du dein Examen machst
und dich als Anwalt etablierst."
„Ach, weißt du, Onkel, zu den jungen Anwälten
haben die Leute immer kein rechtes Vertrauen."
Der freigebige Onkel
„Der Groschen scheint nicht wieder zum Vorschein
zu kommen, den du vor einigen Tagen verschluckt
hast; — (wohlwollend) na, behalt ihn!"
Der Besuch
Zu Kleingalle kommt ein Mann.
„Bitte," führt Kleingalle ihn herein, „nehmen
Sie Platz."
„Danke," sagt da der Mann, „ich möchte lieber
etwas anderes nehmen; ich bin nämlich der Gerichts-
vollzieher."
„Seit wann lebt ihr denn getrennt?"
„Seit der Radioapparat im Lause ist."
„Lm, der Apparat scheint scharf zu trennen!"
Gespräch an einer LochzeUStafel
jetzt lieber am Platze der Braut. Sehr begreiflicher Gedanke einer
Mutter! Aber tun wir mal, was wir können: verscheuchen wir diesen
Gedanken der guten alten Dame! Lassen wir sie froh sein, daß es
nicht ihre Tochter ist, die heute geheiratet hat!
And Kurt Stutz spricht: „Ja, eine nette junge Frau! Wenn sie
nur glücklich wird! Lerbert wollte ja eigentlich nicht heiraten. Keine
gute Absicht, denn ein Mann soll heiraten. Aber schließlich-
wenn einer selber einsieht, daß er doch nicht recht zum Ehemann
taugt! Ich habe ihm freilich immer gesagt: ,Paß auf, Lerbert, du
läßt dich doch einfangen I And wenn es soweit ist, dann komme ich
und lache dich ganz furchtbar aus/ In Wahrheit hat Kurt Stutz
das nie gesagt, aber er beschließt, jetzt auf Lerbert Meiers Kosten
zu lachen. Freilich muß es ein stilles, heimliches Lachen sein; laut
herausbrüllen dürfte er es hier an der Tafel ja nicht.
„Ah, Sie sind ein Freund des Bräutigams?" fragt die ältere
Dame.
„Sein bester, gnädige Frau. Sind zusammen zur Schule gegangen.
Beide zweimal sitzen geblieben. Lerbert war grade so'n fauler Lund
wie ich." Kurt Stutz fängt mit seinem heimlichen Lachen an.
„Es wird wohl nicht so schlimm gewesen sein."
„Natürlich nicht, gnädige Frau. Schule hat ja schließlich nichts
zu sagen. Ein tüchtiger Kerl ist Lerbert ja doch geworden. Bloß
das verdammte Bummeln! Ein paar Tage wird toll gearbeitet,
aber dann muß durchgegangen werden."
„Er macht aber einen durchaus soliden Eindruck," meint die Dame.
„Ja, gnädige Frau: Stille Wasser sind tief. Ich glaube, die
junge Frau wird es nicht leicht mit ihm haben. Aus einem Sumpf-
huhn wird selten, wenn man so sagen darf, ein braver Laushahn.
Laha!" Lier kann Kurt Stutz ein Lachen doch nicht unterdrücken.
Die ältere Dame schüttelt etwas ausfallend energisch den Kopf.
„So denken Sie als Junggeselle. Aber Ihr Freund wird sich ändern.
Ganz von selbst, aus freien Stücken. Sonst wird seine Frau schon
dafür sorgen."
„Da kennen Sie meinen Freund Lerbert schlecht, gnädige Frau.
Der wird sich von seiner Frau nichts vorschreiben lassen. O nein,
der führt ein strenges Regiment-wie ein Pascha. Lat sich ja
schon niemals von einer seiner Flammen was gefallen lassen."
„Einer seiner Flammen? Wollen Sie damit sagen, daß-"
Die ältere Dame sucht vergeblich nach einem Ausdruck; ihr Antlitz
zeigt einige Zornesröte.
Kurt Stutz bemerkt das nicht. „Aber ja, gnädige Frau. Der gute
Lerbert ist schon früh ein toller Lecht gewesen. Die Engländer
sagen: Ladies Killer. And wer den Reiz von Eroberungen gekostet
hat, der geht immer wieder auf neue aus. Die junge Frau wird
oft ein Auge zudrücken müssen."
„Oho, sie wird eher beide Augen recht weit aufhalten," erklärt die
ältere Dame scharf, und es klingt wie eine Kriegserklärung. „And
ich garantiere Ihnen: Ihr Freund Lerbert wird sehr stramm ge-
halten werden. Das können Sie ihm bestellen, mein Lerr!"
Kurt Stutz hört auf, innerlich zu lachen; ihm ist auf einmal gar
nicht nach Lachen zu Mut. „Von wem soll ich das bestellen, gnädige
Frau?"
„Von seiner Schwiegermutter, mein Lerr. Ich bin die Mutter
der Braut."
Nachträgliche Forderung
„Im vorigen Jahre habe ich hier im Wartesaal zu Mittag ge-
gessen, Lerr Ober — leider mußte ich vorzeitig aufhören, weil mein
Zug einlief — das Dessert habe ich noch zu kriegen!"
Opfer der Mutterliebe
„Wie entsetzlich dick ich werde! t Das kommt von dem Kinder-
nährmittel, mit dem ich meine Zwillinge päppele — die nehmen's
nur, wenn ich's selbst auch nehme!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Seit wann lebt ihr denn getrennt?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4886, S. 183
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg