„Ihre Pferde haben aber komische Namen."
„Das sind nicht die Namen, das ist die Richtung, in der sie gehen."
Geschichten von Tante Paula
Von Peter Robinson
Tante Paula spaziert im Zoologischen
Garten umher. Sie hat Glück: an das Laus
der großen Katzen kommt sie, als gerade die
Fütterung beginnt. Einige der Tiere haben
schon stundenlang vorher ihren Lunger kund-
gegeben und geberden sich jetzt fast rasend;
andere werden nun erst munter, aber es sind
hin und wieder auch Ausnahmen da, die gar
kein Interesse zeigen. Danach muß sich der
Wärter, der auf einem Karren große und
kleinere Fleischstücke hat, bei der Verteilung
richten; Raubtiere zeigen selber an, wieviel
sie nötig haben.
Jetzt kommt der Wärter zu dem von Tante
Paula besonders bewunderten Königstiger.
Der liegt ruhig im Lintergrund des Käfigs
und blinzelt schläfrig ins Lelle. Der Wärter
piekt ein Stück Fleisch auf die Gabel und hält
es empor: der Tiger rührt sich nicht. Erledigtl
Der Wärter legt das Fleisch zurück und will
weiter.
„Aber nein!" hält ihn Tante Paula an.
„Das arme Tier muß doch was bekommen."
„Nee, is nich'I Wer keinen Appetit hat,
der kriegt nichts."
„O, versuchen Sie es nur!" bittet Tante
Paula. „Der Appetit kommt ja beim Essen."
Neuerdings klagt Tante Paula, daß sie
so schlecht einschlafen könne. O, stundenlang
müsse sie sich im Bette wälzen, ehe der dann
nicht mehr genügend erquickende Schlaf komme,
behauptet sie. Aber das ist sicherlich stark über-
trieben.
Der Vetter Anton kennt die „Kunst, ein-
zuschlafen", von der Jean Paul erzählt. Er
rät Tante Paula: „Du mußt den Schlaf durch
260
irgendeine ermüdende Vorstellung herbeizwin-
ae:;. Denk' dir z. B. mal, daß du in einiger
Entfernung v n einem hohen Kirchturm stehst.
Loch oben ist die !lhr mit einem riesigen Ziffer-
blatt. Nun nimmst du in Gedanken eine ganz
lange Stange, die hinauf bis zum Zifferblatt
reicht, und sängst an, ganz langsam die Ziffern
nachzumalen. Du kannst dir ja vorstellen, daß
oben an der Stange ein Pinsel sitzt. Mit
der Eins sängst du an; ganz langsam über-
pinselst du den langen Strich. Dann kommt
die Zwei heran und so weiter — — ich ga-
rantiere dir: bei der Fünf bist du über dieser
Beschäftigung schon eingeschlafen."
Aber Tante Paula ist gar nicht einver-
standen mit diesem Vorschläge. „Wie kannst
du mir sowas raten, Anton! Du weißt doch,
daß ich eben erst vier Wochen lang Rheuma-
tismus im rechten Arm gehabt habe. Wie
könnte ich daran denken, so eine lange Stange
zu halten und gar damit in der Luft herum-
zufuhrwerken I"
Der Schwager Anton weiß noch etwas.
„Dann stelle dir was anderes vor. Du hast
eine Menge Nägel mit weißen Köpfen-
wie sie früher die Tapezierer benutzten. Diese
Nägel mußt du in Gedanken irgendwo ein-
schlagen, in ein Brett oder eine Tür; ein
Muster, eine Figur mußt du dadurch Herstellen
wollen, ein Kreuz oder sonst etwas Einfaches.
Einen Nagel neben den andern schlägst du
ein, aber du wirst die Figur bestimmt nicht
fertig bringen-spätestens beim zwanzig-
sten Nagel bist du eingeschlafen."
Jetzt ist Tante Paula sogar gekränkt. „Du
willst mich wohl uzen? Nägel einschlagen soll
ich in Gedanken? Du weißt ganz genau, daß
ich dabei immer Angst habe, mir auf den
Daumen zu hauen." (Fortsetzung Seite 2631
*
Unüberlegt
„Schon wieder einer ertrunken — kein
Mensch sollte ins Wasser gehen dürfen, ehe
er schwimmen kann!"
Rücksichtsvoll
„Ich möchte gern den Lund mal besich-
tigen, den Sie zu verkaufen haben! Oder
störe ich?"
„Ja ... er frißt gerade!"
Die Wäsche
Zimmerherr: „Lat die Waschanstalt
endlich meine Wäsche geschickt?"
Vermieterin: „Jawohl, Lerr Müller;
der Kragen liegt auf der Kommode!"
Eyliax erzählt Fettendröck: „Ich war jetzt
ein paar Tage bei Verwandten zu Besuch.
Da habe ich verdammt schlecht geschlafen;
die Leute hatten nämlich Unterbetten. Ich
kann nur auf Roßhaarmatratzen schlafen.
Worauf schlafen Sie am besten?"
„Auf ein paar Gläser Grog."
Der Loisl sägt Tag und Nacht
„Das sind nicht die Namen, das ist die Richtung, in der sie gehen."
Geschichten von Tante Paula
Von Peter Robinson
Tante Paula spaziert im Zoologischen
Garten umher. Sie hat Glück: an das Laus
der großen Katzen kommt sie, als gerade die
Fütterung beginnt. Einige der Tiere haben
schon stundenlang vorher ihren Lunger kund-
gegeben und geberden sich jetzt fast rasend;
andere werden nun erst munter, aber es sind
hin und wieder auch Ausnahmen da, die gar
kein Interesse zeigen. Danach muß sich der
Wärter, der auf einem Karren große und
kleinere Fleischstücke hat, bei der Verteilung
richten; Raubtiere zeigen selber an, wieviel
sie nötig haben.
Jetzt kommt der Wärter zu dem von Tante
Paula besonders bewunderten Königstiger.
Der liegt ruhig im Lintergrund des Käfigs
und blinzelt schläfrig ins Lelle. Der Wärter
piekt ein Stück Fleisch auf die Gabel und hält
es empor: der Tiger rührt sich nicht. Erledigtl
Der Wärter legt das Fleisch zurück und will
weiter.
„Aber nein!" hält ihn Tante Paula an.
„Das arme Tier muß doch was bekommen."
„Nee, is nich'I Wer keinen Appetit hat,
der kriegt nichts."
„O, versuchen Sie es nur!" bittet Tante
Paula. „Der Appetit kommt ja beim Essen."
Neuerdings klagt Tante Paula, daß sie
so schlecht einschlafen könne. O, stundenlang
müsse sie sich im Bette wälzen, ehe der dann
nicht mehr genügend erquickende Schlaf komme,
behauptet sie. Aber das ist sicherlich stark über-
trieben.
Der Vetter Anton kennt die „Kunst, ein-
zuschlafen", von der Jean Paul erzählt. Er
rät Tante Paula: „Du mußt den Schlaf durch
260
irgendeine ermüdende Vorstellung herbeizwin-
ae:;. Denk' dir z. B. mal, daß du in einiger
Entfernung v n einem hohen Kirchturm stehst.
Loch oben ist die !lhr mit einem riesigen Ziffer-
blatt. Nun nimmst du in Gedanken eine ganz
lange Stange, die hinauf bis zum Zifferblatt
reicht, und sängst an, ganz langsam die Ziffern
nachzumalen. Du kannst dir ja vorstellen, daß
oben an der Stange ein Pinsel sitzt. Mit
der Eins sängst du an; ganz langsam über-
pinselst du den langen Strich. Dann kommt
die Zwei heran und so weiter — — ich ga-
rantiere dir: bei der Fünf bist du über dieser
Beschäftigung schon eingeschlafen."
Aber Tante Paula ist gar nicht einver-
standen mit diesem Vorschläge. „Wie kannst
du mir sowas raten, Anton! Du weißt doch,
daß ich eben erst vier Wochen lang Rheuma-
tismus im rechten Arm gehabt habe. Wie
könnte ich daran denken, so eine lange Stange
zu halten und gar damit in der Luft herum-
zufuhrwerken I"
Der Schwager Anton weiß noch etwas.
„Dann stelle dir was anderes vor. Du hast
eine Menge Nägel mit weißen Köpfen-
wie sie früher die Tapezierer benutzten. Diese
Nägel mußt du in Gedanken irgendwo ein-
schlagen, in ein Brett oder eine Tür; ein
Muster, eine Figur mußt du dadurch Herstellen
wollen, ein Kreuz oder sonst etwas Einfaches.
Einen Nagel neben den andern schlägst du
ein, aber du wirst die Figur bestimmt nicht
fertig bringen-spätestens beim zwanzig-
sten Nagel bist du eingeschlafen."
Jetzt ist Tante Paula sogar gekränkt. „Du
willst mich wohl uzen? Nägel einschlagen soll
ich in Gedanken? Du weißt ganz genau, daß
ich dabei immer Angst habe, mir auf den
Daumen zu hauen." (Fortsetzung Seite 2631
*
Unüberlegt
„Schon wieder einer ertrunken — kein
Mensch sollte ins Wasser gehen dürfen, ehe
er schwimmen kann!"
Rücksichtsvoll
„Ich möchte gern den Lund mal besich-
tigen, den Sie zu verkaufen haben! Oder
störe ich?"
„Ja ... er frißt gerade!"
Die Wäsche
Zimmerherr: „Lat die Waschanstalt
endlich meine Wäsche geschickt?"
Vermieterin: „Jawohl, Lerr Müller;
der Kragen liegt auf der Kommode!"
Eyliax erzählt Fettendröck: „Ich war jetzt
ein paar Tage bei Verwandten zu Besuch.
Da habe ich verdammt schlecht geschlafen;
die Leute hatten nämlich Unterbetten. Ich
kann nur auf Roßhaarmatratzen schlafen.
Worauf schlafen Sie am besten?"
„Auf ein paar Gläser Grog."
Der Loisl sägt Tag und Nacht
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ihre Pferde haben aber komische Namen" "Der Loisl sägt Tag und Nacht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4891, S. 260
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg