Kinkerlitzchen
In Utrecht wurde ein Posthu-
mus als Erbe eines Geschäfts
geboren. Die Umschreibung im
Landelsregister wurde sofort be-
wirkt, doch schon wenige Stunden
später wurde über das Geschäft
Konkurs verhängt.
Eins hat der junge Geschäfts-
mann vor anderen Bankerot-
teuren voraus: man wird ihn
nicht zum Offenbarungseid laden
können.
Aus dem Genfer Völkerbunds-
palast sind die wichtigsten Akten
nach den Vereinigten Staaten
geschickt worden, weil die Be-
hörden der Liga sie in Europa
als gefährdet angesehen haben.
Diese Aengstlichkeit ist über-
trieben. Makulatur ist in Europa
in solchen Mengen da, daß nie-
mand sich an den Akten des
Völkerbunds würde bereichern
wollen.
Nach 10 Ahr abends bringt
der englische Rundfunk häufig
Tanzmusik aus irgend einem
großen Londoner Lokal. Dabei
muß jetzt aber das Mikrophon
ganz hoch ausgehängt werden,
weil es oft vorgekommen ist, daß
Gäste irgend eine private Mit-
teilung an Angehörige oder
Freunde, die sie zu Lause am
Radioapparat vermuteten, ganz
ungeniert in das Mikrophon ge-
rufen haben. Einige Zeitungen
haben dies ein unziemliches Be-
nehmen der Neuzeit genannt und
gemeint, früher wäre so etwas
in England unmöglich gewesen.
Das stimmt — — solange es
noch keinen Rundfunk gab.
Der Dank der Vögelchen
In dem bekannten amerika-
nischen Zirkus Ningling wird eine
Löwendressur ohne den Tierlehrer
gezeigt; er läßt sich durch einen
Papagei vertreten, der den Löwen
die Kommandos gibt.
Der Papagei muß sehr stolz
sein, daß ihm die Löwen gehorchen.
Er ist aber auch ein geeigneter
Stellvertreter des Menschen, da
er bereits besitzt, was der Mensch
sich manchmal Löwen gegenüber
wünschen möchte, nämlich Flügel.
In Gedanken
„Lier stelle ich Ihnen meine
Zwillinge vorl Stiefkinder von
mir!" — „Beide?"
Das Dunkel
„Wir müssen schon mal irgend-
wo nebeneinander gesessen haben?"
„Ich erinnere mich so dunkel!"
„Ganz richtig; im Kino!"
Äie Jugend heutzutage nimmt
kein Blatt vor den Mund.
Lampel und seine Gattin Emi-
lie besuchen ein Kino der großen
Stadt. Sie sind aus einem ganz
kleinen Nest gekommen, sind sehr
altmodische Leute und sehen auch
so aus.
Der Film ist erschütternd; er
wirkt stark auf die Tränendrüsen.
Aber die beiden jungen Mädchen,
die hinter Lampels sitzen, kichern
unaufhörlich.
Endlich dreht sich Lampel um
undmahnt: „Lassen SiedasLachen!
Der Film ist doch so ernst."
„Stimmt! Aber wir lachen
ja nicht über den Film-wir
lachen über Sie!"
Rekrutenwerbung
angekündlgt, daß es jedem, der einen geeigneten Mann zum Eintritt in die Armee veranlaßt, dafür vier Schillinge zahlt)
<Das englische Kriegsministcrium hat
Wer will unter die Soldaten?
Bops, wer hat wohl von euch Lust?
Wer verspürt zu Heldentaten
Stolzen Nut in seiner Brust?
England braucht noch manchen Mann.
Macht mal fix und kommt heran!
Darum wird nunmehr verheißen:
„Wer jetzt einen jungen Mann
Ueberreüet, anzubeißen,
Und ihn für das Heer gewann.
Kriegt vier Schillinge als Lohn
Für den Dienst an der Nation!"
Andrerseits wird's manchen geben.
Der, wenn sie ihm preist die Pflicht,
Nach der Uniform zu streben.
In die Tasche greift und spricht:
„Hier hast Lu vier Schilling, und
Halte jetzt davon den Mund!"
Doch zu schwachen Resultaten
Kommt man mit der Lockung nur.
Zum Berufe des Soldaten
Fehlt den meisten die Bravour,
Und die jungen Männer sind
Wenig kriegerisch gesinnt.
Locken werden diese Prämien.
Wird zum Beispiel jetzt ein Mann
Durch ein sehr verehrtes Dämchen
Ueberredet — ja, dann kann.
Wenn er als Soldat zu sehn,
Viermal sie ins Kino gehn.
Nötig muß John Bull es finden,
Mit der Lockung ans Zivil
Einen Kopfpreis zu verbinden.
Doch vier Schilling sind nicht viel,
Und die Frage wird gehört:
„Ist ein Brite mehr nicht wert?"
Peter Robinson
HI HrrCIVinC Dl ÄTTCD ^ !?n?>oenlV!r*iiJI -**?non Verlag von J. F. Schreiber, München 27, MBhlstraüe 34. — Anzeigen-Annahme durch die Anzeigen-
r LI C.« UN UH ÖLrt I I Ein |M p. 4893. II. mäl 1939 Verwaltung „Fliegende Blätter“, München I, Theatinerstraße 8 und alle zugelassenen Werbungsmittler. —
Die Fliegenden Blätter erscheinen wöchentlicn. — Bestellungen nehmen alle Buch- und Zeitschriftenhandlungen und die Postämter entgegen. — Die Zeitschrift wird auch durch
jeden deutschen Lesezirkel geliefert — Vierteljahrs-Abonnement in Deutschland ohne Zustellung RM 3.90. Postbezug RM 4.10. — Einzelne Nummer in Deutschland 30 Pfennig.
Abgeschlossen am 24. April 1939.
298
In Utrecht wurde ein Posthu-
mus als Erbe eines Geschäfts
geboren. Die Umschreibung im
Landelsregister wurde sofort be-
wirkt, doch schon wenige Stunden
später wurde über das Geschäft
Konkurs verhängt.
Eins hat der junge Geschäfts-
mann vor anderen Bankerot-
teuren voraus: man wird ihn
nicht zum Offenbarungseid laden
können.
Aus dem Genfer Völkerbunds-
palast sind die wichtigsten Akten
nach den Vereinigten Staaten
geschickt worden, weil die Be-
hörden der Liga sie in Europa
als gefährdet angesehen haben.
Diese Aengstlichkeit ist über-
trieben. Makulatur ist in Europa
in solchen Mengen da, daß nie-
mand sich an den Akten des
Völkerbunds würde bereichern
wollen.
Nach 10 Ahr abends bringt
der englische Rundfunk häufig
Tanzmusik aus irgend einem
großen Londoner Lokal. Dabei
muß jetzt aber das Mikrophon
ganz hoch ausgehängt werden,
weil es oft vorgekommen ist, daß
Gäste irgend eine private Mit-
teilung an Angehörige oder
Freunde, die sie zu Lause am
Radioapparat vermuteten, ganz
ungeniert in das Mikrophon ge-
rufen haben. Einige Zeitungen
haben dies ein unziemliches Be-
nehmen der Neuzeit genannt und
gemeint, früher wäre so etwas
in England unmöglich gewesen.
Das stimmt — — solange es
noch keinen Rundfunk gab.
Der Dank der Vögelchen
In dem bekannten amerika-
nischen Zirkus Ningling wird eine
Löwendressur ohne den Tierlehrer
gezeigt; er läßt sich durch einen
Papagei vertreten, der den Löwen
die Kommandos gibt.
Der Papagei muß sehr stolz
sein, daß ihm die Löwen gehorchen.
Er ist aber auch ein geeigneter
Stellvertreter des Menschen, da
er bereits besitzt, was der Mensch
sich manchmal Löwen gegenüber
wünschen möchte, nämlich Flügel.
In Gedanken
„Lier stelle ich Ihnen meine
Zwillinge vorl Stiefkinder von
mir!" — „Beide?"
Das Dunkel
„Wir müssen schon mal irgend-
wo nebeneinander gesessen haben?"
„Ich erinnere mich so dunkel!"
„Ganz richtig; im Kino!"
Äie Jugend heutzutage nimmt
kein Blatt vor den Mund.
Lampel und seine Gattin Emi-
lie besuchen ein Kino der großen
Stadt. Sie sind aus einem ganz
kleinen Nest gekommen, sind sehr
altmodische Leute und sehen auch
so aus.
Der Film ist erschütternd; er
wirkt stark auf die Tränendrüsen.
Aber die beiden jungen Mädchen,
die hinter Lampels sitzen, kichern
unaufhörlich.
Endlich dreht sich Lampel um
undmahnt: „Lassen SiedasLachen!
Der Film ist doch so ernst."
„Stimmt! Aber wir lachen
ja nicht über den Film-wir
lachen über Sie!"
Rekrutenwerbung
angekündlgt, daß es jedem, der einen geeigneten Mann zum Eintritt in die Armee veranlaßt, dafür vier Schillinge zahlt)
<Das englische Kriegsministcrium hat
Wer will unter die Soldaten?
Bops, wer hat wohl von euch Lust?
Wer verspürt zu Heldentaten
Stolzen Nut in seiner Brust?
England braucht noch manchen Mann.
Macht mal fix und kommt heran!
Darum wird nunmehr verheißen:
„Wer jetzt einen jungen Mann
Ueberreüet, anzubeißen,
Und ihn für das Heer gewann.
Kriegt vier Schillinge als Lohn
Für den Dienst an der Nation!"
Andrerseits wird's manchen geben.
Der, wenn sie ihm preist die Pflicht,
Nach der Uniform zu streben.
In die Tasche greift und spricht:
„Hier hast Lu vier Schilling, und
Halte jetzt davon den Mund!"
Doch zu schwachen Resultaten
Kommt man mit der Lockung nur.
Zum Berufe des Soldaten
Fehlt den meisten die Bravour,
Und die jungen Männer sind
Wenig kriegerisch gesinnt.
Locken werden diese Prämien.
Wird zum Beispiel jetzt ein Mann
Durch ein sehr verehrtes Dämchen
Ueberredet — ja, dann kann.
Wenn er als Soldat zu sehn,
Viermal sie ins Kino gehn.
Nötig muß John Bull es finden,
Mit der Lockung ans Zivil
Einen Kopfpreis zu verbinden.
Doch vier Schilling sind nicht viel,
Und die Frage wird gehört:
„Ist ein Brite mehr nicht wert?"
Peter Robinson
HI HrrCIVinC Dl ÄTTCD ^ !?n?>oenlV!r*iiJI -**?non Verlag von J. F. Schreiber, München 27, MBhlstraüe 34. — Anzeigen-Annahme durch die Anzeigen-
r LI C.« UN UH ÖLrt I I Ein |M p. 4893. II. mäl 1939 Verwaltung „Fliegende Blätter“, München I, Theatinerstraße 8 und alle zugelassenen Werbungsmittler. —
Die Fliegenden Blätter erscheinen wöchentlicn. — Bestellungen nehmen alle Buch- und Zeitschriftenhandlungen und die Postämter entgegen. — Die Zeitschrift wird auch durch
jeden deutschen Lesezirkel geliefert — Vierteljahrs-Abonnement in Deutschland ohne Zustellung RM 3.90. Postbezug RM 4.10. — Einzelne Nummer in Deutschland 30 Pfennig.
Abgeschlossen am 24. April 1939.
298
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Dank der Vögelchen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4893, S. 298
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg