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Des Mädchens Bruno Heilung V-nR.s.s.

Brunhilde, genannt Bruno, war ein reizendes Mädchen, aber sie
hatte ein Laster: sie rauchte. Sie rauchte Ketten, Guirlanden und
hatte gelbe Finger und roch nach Nikotin, es war eine Schande;
zudem war Bruno eigentlich eine Frau, da sie schon verheiratet war,
aber sie war noch so jung und so schlank und hatte immer die Zi-
garette im Mundwinkel, so daß sie allgemein das Mädchen Bruno
hieß. Ihr Mann war Architekt und hieß Otto der Kleine, weil er so
zart war. Er jammerte Tag und Nacht: „Bruno, rauch' nicht so
viel, es tut dir nicht gut, es steht dir auch nicht."

„Ach, bloß noch eine," sagte dann Bruno.

Otto der Kleine hatte noch einen Grund, aus dem er das viele
Rauchen haßte: es kostete so viel Geld. Aber das sagte er nicht.
Als Architekt hätte er wahnsinnig gern ein eigenes selbstgebautes
Laus gehabt, ein Wunder an Schönheit und Bequemlichkeit —
Architekten stellen sich das so vor —, aber dazu langte es nicht, er
hatte nur eine Mietswohnung, und die war so klein, daß er überall
darin über leere Zigarettenschachteln
stolperte. Wenigstens bildete er sich's
ein. Im stillen rechnete er sich oft
aus, daß so und so viele Zigaretten-
schachteln — die Schachtel zu einem
Ziegelstein gerechnet — schon die
Grundmauer des eigenen Laufes
ergäben, und so und so viele beinahe
das Erdgeschoß, er baute im gehei-
men gewissermaßen sein Laus aus
Zigarettenschachteln, wie eben die
Leute ihre Luftschlösser aus den
merkwürdigsten Materialien erbauen,
nur redete er nie davon, weil er so
zart war.

Dann kam einmal ein Onkel zu
dem jungen Ehepaar auf Besuch,
und dem klagte Otto der Kleine sein
Leid. Der Onkel hieß Drollige Pfütze,
weil er die Leidenschaft hatte, überall
hineinzutreten, wo etwas Nasses war;
er war ein famoser alter Knabe und
rauchte selbst Zigaretten, was ihn
nicht hinderte, es bei anderen für
unnötig zu halten, und als Otto der
Kleine ihm vorgerechnet hatte, daß
eine kleine Schachtel Zigaretten min-
destens so viel kostet wie ein Ziegel-
stein, und daß er so irrsinnig gern
das schönste selbstgebaute Laus der
Welt hätte, sagte Drollige Pfütze
einfach und schlicht: „Warte, das
treiben wir Bruno aus."

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Otto der Kleine lächelte düster: „Wenn du das fertigbrächtest!"

„Und ob!" sagte Drollige Pfütze, „in einem Monat raucht Bruno
nicht mehr, so lange bleibe ich hier, und wenn ich weg bin, rührt
sie keine Zigarette mehr an."

Verwunderlicherweise fing Drollige Pfütze seine Kur damit an,
daß er Bruno von seinen Zigaretten anbot, so oft er sie sah. Bruno
sagte nicht nein, denn Drollige Pfütze rauchte bessere Zigaretten
als sie, die allerdings auch erheblich teurer waren. Drollige Pfütze
wohnte bei dem jungen Paar, er schlief im Wohnzimmer auf einer
Couch, und so war es ganz natürlich, daß da auch immer seine Zi-
garettenschachteln herumlagen, und nach kurzer Zeit griff Bruno
einfach von selber zu, zumal Drollige Pfütze sie immer wieder dazu
aufforderte.

Otto der Kleine war höchst verwundert, als er beobachtete, wie
die Kur sich anließ. „Ich dachte," sagte er einmal klagend, „du
wolltest Bruno das Rauchen abgewöhnen?" — „Laß nur," ant-
wortete Drollige Pfütze wohlgemut, „ich bin eben dabei."

Bruno war sehr einverstanden
damit, daß nun immer genügend
Rauchbares im Laus war, sie schätzte
Drollige Pfütze sehr. Sie gewöhnte
sich an, einfach umherzuschauen, wo
eine seiner Zigarettenschachteln lag,
und gewöhnte sich vor allem ab,
selber Zigaretten zu kaufen, denn sie
fand, daß sie dadurch sehr schätzbare
Aeberschüsse in ihrer kleinen Privat-
kasse erzielte, in welcher sonst eine
trostlose Ebbe gewesen war.

Eines Abends, als man gemüt-
lich bei einem Glas Wein dasaß,
sagte Drollige Pfütze wie von un-
gefähr, während er mit ein paar
Zigarettenschachteln spielte, die auf
dem Tisch lagen: „Eigentlich verraucht
man doch im Lauf der Zeit ein Lei-
dengeld. And die leeren Schachteln
wirft man einfach weg, schade, daß
man gar nichts damit anfangen kann.
Wenn man wenigstens damit bauen
könnte, was? So eine Schachtel voll
Zigaretten," sagte er träumerisch vor
sich hin, „kostet, glaube ich, ungefähr
so viel wie ein Ziegelstein."

„So eine Schachtel kostet ganz
bedeutend mehr," sagte Otto der
Kleine rasch.

„Na," meinte Drollige Pfütze
lachend, „dann habe ich in meinem
(Fortsetzung Sette 324)

„Wir könnten nicht in einer Reihe gehen, wenn
Sie auch so breite Schultern hätte» wie wir!"
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"Wir könnten nicht in einer Reihe gehen..."
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

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Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bauer, Max
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4895, S. 322

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