Zwecks Kennenlernens ... V°» R°if Geh«
Lilde fand, daß unter den jungen Männern, die sie kannte,
keiner war, den sie hätte heiraten wollen. Aber geheiratet
hätte sie gerne — ein Wunsch, der unter jungen Damen nicht
selten sein soll. Nach einigem Aeberlegen entschloß sich Lilde
zu einer Kleinanzeige. Onkel Paul hatte es ihr dringend ge-
raten. Onkel Paul war ein weltersahrener Mann. Außerdem
hatte er einst auch die Tante so gefunden, unter diversen
Angeboten. Er hatte es nie zu bereuen.
*2luf Lildes Anzeige liefen vier Antworten ein. Eine wurde
sofort aussortiert. Denn der tüchtige junge Mann wollte eine
Frau nicht unter . . . zigtausend. Damit konnte Lilde freilich
nicht diene». Von den übrigen drei legte Nummer Eins Wert
auf sportliche Betätigung. Nummer Zwo war mehr für
Kunst und Theater. Nummer Drei verlangte nichts besonderes.
Sein Brief war sachlich. Alle drei schlugen ein Stelldichein
vor, zwecks näheren Kennenlernens.
Lilde traf den Sportsmann in einer Konditorei. Sie er-
kundigte sich zunächst höflich nach seinen sportlichen Erfolgen.
Ein Olympiasieg brauche es nicht grade zu sein, meinte sie
bescheiden. Liber leider konnte der junge Mann nichts aus-
weisen, von irgend einer Europameisterschaft ganz zu schweigen.
Seine sportliche Betätigung bestand darin, daß er ein Falt-
boot besaß, mit dem er und Lilde, wie er hoffe, nette Wochen-
endausflüge machen könnten.
Aber leider fühlte Lilde sich plötzlich veranlaßt, zu erklären,
daß sie nicht schwimmen könne, überhaupt habe sie eine schreck-
liche Angst vor dem Wasser. In ihrem Loroskop stehe, sie
müsse sich vor allem hüten, was mit dem feuchten Element
Zusammenhänge. „Schade," sagte sie, bezahlte und fuhr mit
der U-Bahn zum Lallenschwimmbad, wo heute abend der
Schwimmklub „Poseidon" übte. Lilde war nämlich der Stolz
der Mädchenabtcilung.
Darauf kam Nr. 2 an die Reihe. Der junge Mann mit
Kunst und Theater. Sie trafen sich dementsprechend in einem
Kaffee, wo ein offensichtlich künstlerischer Nachwuchs bei einer
Tasse Kaffee und mehreren Gläser» Wasser die Kulturprobleme
löste. Der junge Mann war freilich nur im Nebenberuf Künstler.
Ganz klar wurde überhaupt nicht, welcher Kunst er seine
schöpferischen Gaben widmete. Er träumte davon, daß sie ein
„Laben Sie an dem Bild retuschiert?"
„Das kommt Ihnen nur so vor: Sie waren
ja bei der Aufnahme eine Woche jünger."
Kein Gegensatz
„Allemal, wenn ich den Vetter Michel droben auf der Löh'
besuch', geh' ich gern von ihm fort, und wenn er mich hier unten
besucht, stöhnt er, wenn er wieder heim muß."
„Aber wie kommt denn das?" — „Wir haben beide 's Asthma."
Atelier zusammen mieten könnten, das heißt, er miete es, und sie bezahle
die Miete, da sie ja im Berufsleben stehe und verdiene. Im übrige»
Kameradschaft.
Lilde sagte, sie leide an einem leichten Lerzklapps, und der Arzt
habe ihr das Treppensteigen verboten. Atelier komme also für sie nicht
in Frage. Aber selbstverständlich müsse er ein Atelier haben, vielleicht
finde er eine andere junge Dame mit entsprechend gutem Lerzen. „Ober,
zahlen!" sagte sie dann.
Lilde ging einigermaßen enttäuscht nach Lause. Onkel Paul aber
rief aus: „Leiraten ist eine Lotterie. Das waren zwei Nieten! Aber
aller guten Dinge sind drei!" Onkel Paul konnte solche Weisheiten im
Brustton der Aeberzeugung verkünden.
Der junge Mann Nummer drei schrieb zurück, an dem vorgesehenen
Abend habe er keine Zeit, da müsse er zum Dienst. Er schlage den nächsten
Sonntag Nachmittag vor. Sie trafen sich an einer der Ähren, die eine weise
Stadtverwaltung eigens zu diesem Zweck aufgestellt hat. Lilde hatte sich
den Lerrn erst aus einiger Entfernung angesehen. Sie war etwas ent-
täuscht. Aber was man sich vorgenommen hat, soll man durchführen.
Auch Kurt hatte sich Lilde anders vorgestellt. So blieb die erste halbe
Stunde, während sie mit dein Bus ins Freie hinaussuhren, etwas einsilbig.
Aber mit der Zeit kamen sie doch ins Gespräch. Kurt erzählte von
seiner Leimat, die draußen auf dem Land lag, einem Bauerndorf, so eine
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Lilde fand, daß unter den jungen Männern, die sie kannte,
keiner war, den sie hätte heiraten wollen. Aber geheiratet
hätte sie gerne — ein Wunsch, der unter jungen Damen nicht
selten sein soll. Nach einigem Aeberlegen entschloß sich Lilde
zu einer Kleinanzeige. Onkel Paul hatte es ihr dringend ge-
raten. Onkel Paul war ein weltersahrener Mann. Außerdem
hatte er einst auch die Tante so gefunden, unter diversen
Angeboten. Er hatte es nie zu bereuen.
*2luf Lildes Anzeige liefen vier Antworten ein. Eine wurde
sofort aussortiert. Denn der tüchtige junge Mann wollte eine
Frau nicht unter . . . zigtausend. Damit konnte Lilde freilich
nicht diene». Von den übrigen drei legte Nummer Eins Wert
auf sportliche Betätigung. Nummer Zwo war mehr für
Kunst und Theater. Nummer Drei verlangte nichts besonderes.
Sein Brief war sachlich. Alle drei schlugen ein Stelldichein
vor, zwecks näheren Kennenlernens.
Lilde traf den Sportsmann in einer Konditorei. Sie er-
kundigte sich zunächst höflich nach seinen sportlichen Erfolgen.
Ein Olympiasieg brauche es nicht grade zu sein, meinte sie
bescheiden. Liber leider konnte der junge Mann nichts aus-
weisen, von irgend einer Europameisterschaft ganz zu schweigen.
Seine sportliche Betätigung bestand darin, daß er ein Falt-
boot besaß, mit dem er und Lilde, wie er hoffe, nette Wochen-
endausflüge machen könnten.
Aber leider fühlte Lilde sich plötzlich veranlaßt, zu erklären,
daß sie nicht schwimmen könne, überhaupt habe sie eine schreck-
liche Angst vor dem Wasser. In ihrem Loroskop stehe, sie
müsse sich vor allem hüten, was mit dem feuchten Element
Zusammenhänge. „Schade," sagte sie, bezahlte und fuhr mit
der U-Bahn zum Lallenschwimmbad, wo heute abend der
Schwimmklub „Poseidon" übte. Lilde war nämlich der Stolz
der Mädchenabtcilung.
Darauf kam Nr. 2 an die Reihe. Der junge Mann mit
Kunst und Theater. Sie trafen sich dementsprechend in einem
Kaffee, wo ein offensichtlich künstlerischer Nachwuchs bei einer
Tasse Kaffee und mehreren Gläser» Wasser die Kulturprobleme
löste. Der junge Mann war freilich nur im Nebenberuf Künstler.
Ganz klar wurde überhaupt nicht, welcher Kunst er seine
schöpferischen Gaben widmete. Er träumte davon, daß sie ein
„Laben Sie an dem Bild retuschiert?"
„Das kommt Ihnen nur so vor: Sie waren
ja bei der Aufnahme eine Woche jünger."
Kein Gegensatz
„Allemal, wenn ich den Vetter Michel droben auf der Löh'
besuch', geh' ich gern von ihm fort, und wenn er mich hier unten
besucht, stöhnt er, wenn er wieder heim muß."
„Aber wie kommt denn das?" — „Wir haben beide 's Asthma."
Atelier zusammen mieten könnten, das heißt, er miete es, und sie bezahle
die Miete, da sie ja im Berufsleben stehe und verdiene. Im übrige»
Kameradschaft.
Lilde sagte, sie leide an einem leichten Lerzklapps, und der Arzt
habe ihr das Treppensteigen verboten. Atelier komme also für sie nicht
in Frage. Aber selbstverständlich müsse er ein Atelier haben, vielleicht
finde er eine andere junge Dame mit entsprechend gutem Lerzen. „Ober,
zahlen!" sagte sie dann.
Lilde ging einigermaßen enttäuscht nach Lause. Onkel Paul aber
rief aus: „Leiraten ist eine Lotterie. Das waren zwei Nieten! Aber
aller guten Dinge sind drei!" Onkel Paul konnte solche Weisheiten im
Brustton der Aeberzeugung verkünden.
Der junge Mann Nummer drei schrieb zurück, an dem vorgesehenen
Abend habe er keine Zeit, da müsse er zum Dienst. Er schlage den nächsten
Sonntag Nachmittag vor. Sie trafen sich an einer der Ähren, die eine weise
Stadtverwaltung eigens zu diesem Zweck aufgestellt hat. Lilde hatte sich
den Lerrn erst aus einiger Entfernung angesehen. Sie war etwas ent-
täuscht. Aber was man sich vorgenommen hat, soll man durchführen.
Auch Kurt hatte sich Lilde anders vorgestellt. So blieb die erste halbe
Stunde, während sie mit dein Bus ins Freie hinaussuhren, etwas einsilbig.
Aber mit der Zeit kamen sie doch ins Gespräch. Kurt erzählte von
seiner Leimat, die draußen auf dem Land lag, einem Bauerndorf, so eine
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Haben Sie an dem Bild retuschiert?" "Kein Gegensatz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1939
Entstehungsdatum (normiert)
1934 - 1944
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 190.1939, Nr. 4899, S. 389
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg