Mister Blenkinsop schnarcht
Mister Blenkinsop in Twickenham bei
London kommt zu seinem Arzt, dem Dok-
tor Andertaker. „Sie wissen doch, Doktor,
daß ich einen gesegneten Schlaf habe.
Auch jetzt noch, obwohl einen der ver-
dammte Krieg wirklich um den Schlaf
bringen könnte. Aber dabei schnarche
ich; ganz furchtbar schnarche ich. So
etwa die ersten zwei Stunden bin ich
ganz ruhig, aber dann lege ich los; es
muß ein gewaltiger, dröhnender Lärm
sein. Ich selbst weiß das natürlich nicht,
aber meine Frau sagt es."
Doktor Andertaker nickt. „Ja, ja —
Mistreß Blenkinsop war ja vor zwei
Jahren sehr dadurch heruntergekommen;
zwei Stunden Schlaf reichten natürlich
nicht. Ich konnte damals nur raten, daß
Sie allein schlafen müßten, Mister Blen-
kinsop."
„Das genügte auch nicht; der Lärm
ging durch alle Wände. Aber da habe
ich mein Schlafzimmer schalldicht einrich-
ten lassen. Kein Laut dringt hinaus,
und so ist die Sache in Ordnung, was
mein eigenes Laus anbelangt. Aber
jetzt muß ich verreisen, Doktor — nach
Cakepool on Sea. Da mutz ich eine Nacht
im Lotel bleiben, und da darf ich nicht
so entsetzlich schnarchen. Was läßt sich
dagegen tun?"
Doktor Andertaker zuckt die Achseln.
„Ja, was soll man da machen? Aber in
einem Lotel kommt es doch immer wie-
der vor, daß ein Gast schnarcht."
„Nicht so wie ich, Doktor! Noch ein-
mal kann ich das nicht erleben; es würde
mich vielleicht an den Bettelstab bringen.
Vor drei Wochen war ich eine Nacht in
einem Lotel in Sniffelswick, einem kleinen
Dreckhafen an der Ostküste. Da waren
einige Gäste, die nervös und ängstlich
waren. Nun ja, viele Leute in England
sind jetzt nervös und ängstlich. And jetzt
laufen gegen mich ganz verdammte Kla-
gen auf Schadenersatz. Da war ein alter
Lederhändler im Lotel, der stolperte auf
der Treppe und brach sich ein Bein;
10000 Pfund will er von mir haben.
Eine Dame, die zum Fenster hinaus um
Lilfe schrie, verlor dabei ihr Gebiß; das
soll ich bezahlen. Ein Versicherungsagent,
der betrunken zu Bett gegangen war,
und seinen Rausch nach zwei Stunden
natürlich noch nicht völlig los war, tau-
melte in den dunklen Parterreräumen
herum und schmiß dabei den Schrank mit
dem ganzen Lotelgeschirr um; das will
der Wirt von mir ersetzt haben. Eine
junge, sehr vermögende Dame, die am
nächsten Tage heiraten wollte, hat ein
ärztliches Attest beigebracht, daß sie nach
dem fürchterlichen Schreck jetzt erst noch
ein halbes Jahr ihre Nerven in einem
Sanatorium kurieren müsse — Kurkosten
zu meinen Lasten. And ihr Verlobter
verlangt von mir, daß ich ihm für das
halbe Jahr des Aufschubs einen den Zin-
se» der Mitgift entsprechenden Betrag
zahle."
„Am Äimmels willen, wie ist das mög-
lich?" sagt Doktor Andertaker. „Das
konnte doch nicht alles wegen ihres
Schnarchens passieren!"
Mister Blenkinsop nickt bekümmert.
„Jawohl — weil es ein Schnarchen von
so eigentümlicher, dröhnender Art ist. Die
Leute haben es für den Motorenlärm
von Flugzeugen gehalten." —on.
Späte Bedenken
Viele schöne Nachmittage hat der
junge Mann auf der Eisbahn verbummelt.
Leute muß sich eine junge Dame beklagen:
„Aber Leinz, Sie sind heute nicht bei
der Sache."
„Mich friert."
„Ist ja nicht möglich!"
„Doch — bei dem Gedanken, daß ich
mich lieber auf mein Examen vorbereiten
sollte."
Echo» wieder will der kleine Lotel-
page der Dame aus dem ersten Stock
ein elegantes Kärtchen aufdrängen.
Die Dame wundert sich. „Jetzt bringen
Sie mir schon zum dritten Male eine Emp-
fehlung des Lotelfrisörs. Sie bekommen
wohl Provision von ihm, junger Mann?"
„Noch nicht! Wenn ich so weit bin,
will er mich umsonst rasieren."
Widerspruch
Die Stadt ist erst seit kurzem in die
Reihe der Großstädte aufgerückt. Aber
eine. Oper hat sie schon.
Dem fremden Besucher fällt etwas
auf. „Merkwürdig! Die meisten Leute
mit Logenabonnement scheinen nichts von
der Oper zu haben."
„And dabei sind es die tonangebenden
Leute der Stadt."
Zöv man, ik warä §elämarschall!
?anzt äer Tüind ums Fischerhaus,
stützt die Xcfdcn, rüttelt türen,
will sie wie im Zaus entführen . .
Schaut des Fischers Frau heraus
und sieht wild den Jungen reiten
auf dem alten Schaukelpferd;
hoch reckt er ein hölzern Schwert,
so, als möcht er wehrhaft streiten!
Rommts von ihrem Munde mahnend:
„Riet di net de 8üx kapott,
leven, lütten, föten Strämel,
Jung, du bist un blievst en vämel,
wat soll ut di würden blot?"
„Moder, wat ik worden soll? . .
Jk ward, wat mien vader is,
Moder, ik reit nach Paris!
wenn du dat nie glöven willst,
ward ik, wat's uns Ferdinand,
fahr to Schipp gen engelland!
Moder, kiek, ik ward Soldat,
fix ward ik dann Rorperal,
tzauptmann, Overst, Seneral. .
Moder, 't is alls ganz egal:
Z6v man, ik ward Feldmarschall!'
P. Berglar-Echröer
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Mister Blenkinsop in Twickenham bei
London kommt zu seinem Arzt, dem Dok-
tor Andertaker. „Sie wissen doch, Doktor,
daß ich einen gesegneten Schlaf habe.
Auch jetzt noch, obwohl einen der ver-
dammte Krieg wirklich um den Schlaf
bringen könnte. Aber dabei schnarche
ich; ganz furchtbar schnarche ich. So
etwa die ersten zwei Stunden bin ich
ganz ruhig, aber dann lege ich los; es
muß ein gewaltiger, dröhnender Lärm
sein. Ich selbst weiß das natürlich nicht,
aber meine Frau sagt es."
Doktor Andertaker nickt. „Ja, ja —
Mistreß Blenkinsop war ja vor zwei
Jahren sehr dadurch heruntergekommen;
zwei Stunden Schlaf reichten natürlich
nicht. Ich konnte damals nur raten, daß
Sie allein schlafen müßten, Mister Blen-
kinsop."
„Das genügte auch nicht; der Lärm
ging durch alle Wände. Aber da habe
ich mein Schlafzimmer schalldicht einrich-
ten lassen. Kein Laut dringt hinaus,
und so ist die Sache in Ordnung, was
mein eigenes Laus anbelangt. Aber
jetzt muß ich verreisen, Doktor — nach
Cakepool on Sea. Da mutz ich eine Nacht
im Lotel bleiben, und da darf ich nicht
so entsetzlich schnarchen. Was läßt sich
dagegen tun?"
Doktor Andertaker zuckt die Achseln.
„Ja, was soll man da machen? Aber in
einem Lotel kommt es doch immer wie-
der vor, daß ein Gast schnarcht."
„Nicht so wie ich, Doktor! Noch ein-
mal kann ich das nicht erleben; es würde
mich vielleicht an den Bettelstab bringen.
Vor drei Wochen war ich eine Nacht in
einem Lotel in Sniffelswick, einem kleinen
Dreckhafen an der Ostküste. Da waren
einige Gäste, die nervös und ängstlich
waren. Nun ja, viele Leute in England
sind jetzt nervös und ängstlich. And jetzt
laufen gegen mich ganz verdammte Kla-
gen auf Schadenersatz. Da war ein alter
Lederhändler im Lotel, der stolperte auf
der Treppe und brach sich ein Bein;
10000 Pfund will er von mir haben.
Eine Dame, die zum Fenster hinaus um
Lilfe schrie, verlor dabei ihr Gebiß; das
soll ich bezahlen. Ein Versicherungsagent,
der betrunken zu Bett gegangen war,
und seinen Rausch nach zwei Stunden
natürlich noch nicht völlig los war, tau-
melte in den dunklen Parterreräumen
herum und schmiß dabei den Schrank mit
dem ganzen Lotelgeschirr um; das will
der Wirt von mir ersetzt haben. Eine
junge, sehr vermögende Dame, die am
nächsten Tage heiraten wollte, hat ein
ärztliches Attest beigebracht, daß sie nach
dem fürchterlichen Schreck jetzt erst noch
ein halbes Jahr ihre Nerven in einem
Sanatorium kurieren müsse — Kurkosten
zu meinen Lasten. And ihr Verlobter
verlangt von mir, daß ich ihm für das
halbe Jahr des Aufschubs einen den Zin-
se» der Mitgift entsprechenden Betrag
zahle."
„Am Äimmels willen, wie ist das mög-
lich?" sagt Doktor Andertaker. „Das
konnte doch nicht alles wegen ihres
Schnarchens passieren!"
Mister Blenkinsop nickt bekümmert.
„Jawohl — weil es ein Schnarchen von
so eigentümlicher, dröhnender Art ist. Die
Leute haben es für den Motorenlärm
von Flugzeugen gehalten." —on.
Späte Bedenken
Viele schöne Nachmittage hat der
junge Mann auf der Eisbahn verbummelt.
Leute muß sich eine junge Dame beklagen:
„Aber Leinz, Sie sind heute nicht bei
der Sache."
„Mich friert."
„Ist ja nicht möglich!"
„Doch — bei dem Gedanken, daß ich
mich lieber auf mein Examen vorbereiten
sollte."
Echo» wieder will der kleine Lotel-
page der Dame aus dem ersten Stock
ein elegantes Kärtchen aufdrängen.
Die Dame wundert sich. „Jetzt bringen
Sie mir schon zum dritten Male eine Emp-
fehlung des Lotelfrisörs. Sie bekommen
wohl Provision von ihm, junger Mann?"
„Noch nicht! Wenn ich so weit bin,
will er mich umsonst rasieren."
Widerspruch
Die Stadt ist erst seit kurzem in die
Reihe der Großstädte aufgerückt. Aber
eine. Oper hat sie schon.
Dem fremden Besucher fällt etwas
auf. „Merkwürdig! Die meisten Leute
mit Logenabonnement scheinen nichts von
der Oper zu haben."
„And dabei sind es die tonangebenden
Leute der Stadt."
Zöv man, ik warä §elämarschall!
?anzt äer Tüind ums Fischerhaus,
stützt die Xcfdcn, rüttelt türen,
will sie wie im Zaus entführen . .
Schaut des Fischers Frau heraus
und sieht wild den Jungen reiten
auf dem alten Schaukelpferd;
hoch reckt er ein hölzern Schwert,
so, als möcht er wehrhaft streiten!
Rommts von ihrem Munde mahnend:
„Riet di net de 8üx kapott,
leven, lütten, föten Strämel,
Jung, du bist un blievst en vämel,
wat soll ut di würden blot?"
„Moder, wat ik worden soll? . .
Jk ward, wat mien vader is,
Moder, ik reit nach Paris!
wenn du dat nie glöven willst,
ward ik, wat's uns Ferdinand,
fahr to Schipp gen engelland!
Moder, kiek, ik ward Soldat,
fix ward ik dann Rorperal,
tzauptmann, Overst, Seneral. .
Moder, 't is alls ganz egal:
Z6v man, ik ward Feldmarschall!'
P. Berglar-Echröer
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Churchill im Unterhaus: "Es ist nur Dunkel und Schweigen, was von der See kommt...""
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4947, S. 248
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg