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Strategie der Liebe
Ein FrÜhltngsscherzo. Von Zrmela Linder«
Wie schön ist Frühlingsanfang, wenn das Land nach Veilchen und
Kätzchen duftet, wenn das Gerassel der Straßenbahn Seufzer einer
Aeolsharfe vortäuscht, das Gehupe der Autos Trillern von Lirten-
flötenl
In einem solchen Frühling verliebte sich der Student der Medizin
Oswald Schumacher in die Lehramtskandidatin Kathrin Peukert.
„Ich bin eine kühle Natur," hatte er stets von sich behauptet,
„und versiehe mich nicht auf Tändeleien und Don-Juan Künste . . ."
And da — auf einmal — hatte es ihn gepackt — und er vernarrte sich.
„Was finde ich eigentlich an ihr?" überlegte er. „Ist sie nicht von
unmöglichem Wuchs, hat eine unausgesprochene Laarfarbe und son-
derbare Augen — bald grau — bald gelb?... And vor allem: sie
ist ja nichts weiter als eine ewig lächelnde Törin!"
Der Mediziner wußte genau, daß er ungerecht urteilte, daß
Fräulein Peukert im Grunde ein ernstes, belesenes Mädchen war,
aber er kämpfte gegen diese Erkenntnis an. Eine ganze Woche floh
er den Gegenstand seiner Zuneigung, dann aber war es mit seiner
Kraft zu Ende. Er vertraute sich seinem Stubenflausch Knut an.
Dieser machte vor Verblüffung erst einen Purzelbaum, strampelte
mit den Beinen und fragte schließlich: „Was gedenkst du zu unter-
nehmen, du Esel?"
„Zu heiraten," antwortete Oswald mit Festigkeit.
„Also selbstverständlich heirate, wenn dich gerade diese besonders
günstige Art, Selbstmord zu begehen, lockt."
„Vielleicht — will sie aber nicht..." stammelte Oswald.
„So ftage sie doch," riet Knut.
„Das — das ist peinlich. — Fragen!? — Vielleicht könnte sie
das mißdeuten ..."
„Versuch es doch!"
„Leicht gesagt! Last du es denn versucht?"
„Ich — " prahlte Knut lasterhaft, „soviel Male, als es dir beliebt!
Jedes Mädel erfordert allerdings eine besondere Taktik der An-
näherung. Nehmen wir zum Beispiel Deine Lolde! Wofür interessiert
sie sich im gegebenen Augenblick? Nun, dieser Tage begegnete ich ihr
Zug um Zug
Frau Denzer ist sehr glücklich über die
Lene, die neue Lausgehilfin. Lene ist ein
braves, fleißiges Mädchen. Nur etwas
angenehmere Amgangsformen sollte sie
haben. Aber das wird schon noch kommen.
Frau Denzer ist ihrer Freundin, der
Frau Lopf, eine kleine Aufmerksamkeit
schuldig — als Vergeltung für den Stamm-
platz in der Oper, den Frau Lopf ihr neulich
einmal überlassen hat. Also backt sie — das
ist ihre Spezialität — einen wundervollen
Sandkuchen. Den trägt nun die Lene hin.
Frau Lopf freut sich und holt ihre Börse
heraus. Lene macht erwartungsvolle Au-
gen; sie findet es ganz richtig, daß sie jetzt
ein Trinkgeld bekommen soll. Diese Er-
wartung ist durchaus nicht zu beanstanden.
Aber Frau Lopf muß bedauern: „Ach,
ich habe gar kein kleines Geld! Laben
Sie noch Besorgungen zu machen? Dann
könnten Sie vielleicht in einer Viertel-
stunde noch einmal herankommen."
„Iawoll, ich muß ja noch zum Gemüse-
händler," sagt Lene. And dann nimmt sie
den Kuchen und verstaut ihn wieder in
ihrem Korb. „Den nehm' ich dann solange
nochmal mit."
290
„Mit sonnengebräunter Brust will mich Lisst
sehen. Jetzt wird sie zufrieden sein: meine
Brust ist sogar geschmort."
Vor einigen Wochen ist der Stadt-
rendant Meierhold dahingegangen. Seinen
Posten verwaltet zunächst der Sekretär
Pliedering; man wird sehen, wie er sich
dabei bewährt. —
Frau Bletse trifft die Witwe Meier-
hold. „Ich habe gehört, der Sekretär
Pliedering soll der Nachfolger Ihres
seligen Gatten werden."
Die Witwe Meierhold wehrt ab. „Aber
ich bitte Sie: ich kenne den Mann doch
kaum. And erst müßte überhaupt das
Trauerjahr vorüber sein."
Selbsterkenntnis
„Nun, wie fühlen Sie sich am Vor-
abend des Examens?"
„Ich habe so'ne dunkle Ahnung, als
ob ich morgen keine blasse Ahnung hätte."
Vorsichtig
„Ich habe zwei Mottenkugeln in den
Kleiderschrank gelegt."
„Nimm lieber vier Stück; du weißt
ja: nicht jede Kugel trifft."
Strategie der Liebe
Ein FrÜhltngsscherzo. Von Zrmela Linder«
Wie schön ist Frühlingsanfang, wenn das Land nach Veilchen und
Kätzchen duftet, wenn das Gerassel der Straßenbahn Seufzer einer
Aeolsharfe vortäuscht, das Gehupe der Autos Trillern von Lirten-
flötenl
In einem solchen Frühling verliebte sich der Student der Medizin
Oswald Schumacher in die Lehramtskandidatin Kathrin Peukert.
„Ich bin eine kühle Natur," hatte er stets von sich behauptet,
„und versiehe mich nicht auf Tändeleien und Don-Juan Künste . . ."
And da — auf einmal — hatte es ihn gepackt — und er vernarrte sich.
„Was finde ich eigentlich an ihr?" überlegte er. „Ist sie nicht von
unmöglichem Wuchs, hat eine unausgesprochene Laarfarbe und son-
derbare Augen — bald grau — bald gelb?... And vor allem: sie
ist ja nichts weiter als eine ewig lächelnde Törin!"
Der Mediziner wußte genau, daß er ungerecht urteilte, daß
Fräulein Peukert im Grunde ein ernstes, belesenes Mädchen war,
aber er kämpfte gegen diese Erkenntnis an. Eine ganze Woche floh
er den Gegenstand seiner Zuneigung, dann aber war es mit seiner
Kraft zu Ende. Er vertraute sich seinem Stubenflausch Knut an.
Dieser machte vor Verblüffung erst einen Purzelbaum, strampelte
mit den Beinen und fragte schließlich: „Was gedenkst du zu unter-
nehmen, du Esel?"
„Zu heiraten," antwortete Oswald mit Festigkeit.
„Also selbstverständlich heirate, wenn dich gerade diese besonders
günstige Art, Selbstmord zu begehen, lockt."
„Vielleicht — will sie aber nicht..." stammelte Oswald.
„So ftage sie doch," riet Knut.
„Das — das ist peinlich. — Fragen!? — Vielleicht könnte sie
das mißdeuten ..."
„Versuch es doch!"
„Leicht gesagt! Last du es denn versucht?"
„Ich — " prahlte Knut lasterhaft, „soviel Male, als es dir beliebt!
Jedes Mädel erfordert allerdings eine besondere Taktik der An-
näherung. Nehmen wir zum Beispiel Deine Lolde! Wofür interessiert
sie sich im gegebenen Augenblick? Nun, dieser Tage begegnete ich ihr
Zug um Zug
Frau Denzer ist sehr glücklich über die
Lene, die neue Lausgehilfin. Lene ist ein
braves, fleißiges Mädchen. Nur etwas
angenehmere Amgangsformen sollte sie
haben. Aber das wird schon noch kommen.
Frau Denzer ist ihrer Freundin, der
Frau Lopf, eine kleine Aufmerksamkeit
schuldig — als Vergeltung für den Stamm-
platz in der Oper, den Frau Lopf ihr neulich
einmal überlassen hat. Also backt sie — das
ist ihre Spezialität — einen wundervollen
Sandkuchen. Den trägt nun die Lene hin.
Frau Lopf freut sich und holt ihre Börse
heraus. Lene macht erwartungsvolle Au-
gen; sie findet es ganz richtig, daß sie jetzt
ein Trinkgeld bekommen soll. Diese Er-
wartung ist durchaus nicht zu beanstanden.
Aber Frau Lopf muß bedauern: „Ach,
ich habe gar kein kleines Geld! Laben
Sie noch Besorgungen zu machen? Dann
könnten Sie vielleicht in einer Viertel-
stunde noch einmal herankommen."
„Iawoll, ich muß ja noch zum Gemüse-
händler," sagt Lene. And dann nimmt sie
den Kuchen und verstaut ihn wieder in
ihrem Korb. „Den nehm' ich dann solange
nochmal mit."
290
„Mit sonnengebräunter Brust will mich Lisst
sehen. Jetzt wird sie zufrieden sein: meine
Brust ist sogar geschmort."
Vor einigen Wochen ist der Stadt-
rendant Meierhold dahingegangen. Seinen
Posten verwaltet zunächst der Sekretär
Pliedering; man wird sehen, wie er sich
dabei bewährt. —
Frau Bletse trifft die Witwe Meier-
hold. „Ich habe gehört, der Sekretär
Pliedering soll der Nachfolger Ihres
seligen Gatten werden."
Die Witwe Meierhold wehrt ab. „Aber
ich bitte Sie: ich kenne den Mann doch
kaum. And erst müßte überhaupt das
Trauerjahr vorüber sein."
Selbsterkenntnis
„Nun, wie fühlen Sie sich am Vor-
abend des Examens?"
„Ich habe so'ne dunkle Ahnung, als
ob ich morgen keine blasse Ahnung hätte."
Vorsichtig
„Ich habe zwei Mottenkugeln in den
Kleiderschrank gelegt."
„Nimm lieber vier Stück; du weißt
ja: nicht jede Kugel trifft."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mit Sonnengebräunter Brust will mich Lissi sehen."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 192.1940, Nr. 4951, S. 290
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg