Die kriegerische Presse
(Allmählich wird einiges über die Subventionen bekannt,
die von der Organisation der französischen Rüstungsindu-
strie, dem Comitd des Forges, un Pariser Zeitungen gezahlt
worden sind; so hat allein der „Temps" jährlich 20 Millionen
Franken erhalten.)
Die Presse hat die große Macht,
Die Meinung Frankreichs zu bestimmen.
Schreibt sie ganz milde, sanft und sacht,
Dann wird das Volk niemals ergrimmen,
Doch wird sie wild und ist empört
Und läßt Entrüstungstöne steigen,
Dann wird das Volk, das darauf schwört,
Sich gleichfalls sehr entrüstet zeigen.
Das hat das Comite des Forges
Seit langen Jahren schon begriffen.
Es brauchte Stimmung, welche forsch
Und nicht vor’m Kriege ausgekniffen,
Wenn man stets laut vom Kriege schrie,
Und daß er prächtig würd’ gelingen —
„flllons, enfants de la patriel“
Würd’ das betörte Volk dann singen.
Die Stimmung wurde präpariert.
Die Presse ließ sich willig lenken;
Man hat sie tüchtig stets geschmiert
Und konnte ihr Millionen schenken.
Man hatte ja das nöt’ge Geld;
Es ist nicht darauf angekommen,
Denn hat der Krieg sich eingestellt,
Wird ja noch viel mehr eingenommen.
Das Geld gefiel der Presse wohl,
Schon, weil sie größtenteils semitisch.
Mit Tinte, scharf wie Vitriol,
Bewies sie weisheitsvoll-politisch,
Daß es nicht mehr so weiter geh’,
Und Frankreich herrlich werde blühen,
Wenn Deutschland man zerstückelt seh’.
Da mußte ja der Kriegsmut sprühen.
Doch nun? Das Comitö des Forges
Sieht still die meisten Rüstungsstätten;
Sie sind verlassen nun und morsch,
Und aus Paris mußt’ schnell sich retten
Die Pressehorde; es gelingt
Nicht mehr das stolze Siegsgequassel,
Und wenn man unter sich, erklingt
Das angestammte Wort: Schlamassel.
—on.
Kleine Zeitgeschichten
Bork» besucht den Vetter Schaller. Der fragt:
„Willste rauchen?" And stellt ihm eine Kiste
Zigarren hin, eine ganz große Kiste.
Der Vetter Borke staunt. „Mensch, du hast
'ne Lanze Kiste Zigarren!"
Schaller nickt strahlend. „Iawoll! Ist mir erst
heute eingefallen, daß ich ste ganz unten im
Schreibtisch versteckt hatte."
„Ja, warum hattest du sie denn versteckt?"
„Pscht, meine Frau kommtl Das sind die
Zigarren, die sie mir letzte Weihnachten geschenkt
hat."
32
„Wollen Sie ’nen Schluck Grog haben, Lerr Stibbe?"
„Nee, danke! Erst zur Belohnung, wenn ich was erledigt habe."
„Nanu, wollen Sie Abstinenzler werden?"
Der schönste Weg
Der Lerr Numpfkügl ist an den Starn-
berger See gefahren. Er ist krank gewesen
und muß sich jetzt erholen. Aber da er
weder segeln noch schwimmen kann und
das Paddeln für eine Sportart hält, die
erwachsenen und ernsthaften Menschen nicht
wohl ansteht, so sitzt er in der Lotelterrasse
herum, raucht eine Zigarre nach der andern
Angst vor öer Nacht
Ein jedes Schiff, gefüllt mit waren,
Oas glücklich kommt in England an,
wird froh begrüßt, denn längst schon fahren
So viel nicht, wie man braud)en kann.
Oie Zahl hat sich verringert stetig,
Oie Gründe dafür sind ja klar;
Man hat so viele Oinge nötig,
Oie nur die Schiffahrt bietet dar.
Nur unter allergrößtem Zwange
Erließ man darum das Gebot:
„Es darf vom Sonnenuntergänge
Bis zu dem frühen Morgenrot
Kein Schiff sich Englands Küste nähern.
Und wenn es England selbst gehört,
wird es erblickt von scharfen Spähern,
vann schießt man draus, bis es zerstött.
Venn ob solch Schiff ganz unverdächtig,
Oas festzustellen, fehlt die Zeit;
Uns scheint jetzt alles niederträchtig,
was ankommt in der Ounkelheit.
Oas muß ein Kapitän bedenken.
Solang' es Nacht, bleib' er uns fern;
Dann darf sein Schiff er weiter lenken —
Bei tag empfangen wir ihn gern."
wen §urcht und Sorge quält, dem bringen
[Die Nächte keine Kühe mehr;
Oaß ihre Stunden schneller gingen,
5st des Geängsteten Begehr,
wer vor Vergeltung hat zu bangen,
Tauscht in die Ounkelheit hinaus,
Ob nicht, sein Kecht nun zu verlangen,
Oer Kächer nahe schon dem Haus.
—on.
(Allmählich wird einiges über die Subventionen bekannt,
die von der Organisation der französischen Rüstungsindu-
strie, dem Comitd des Forges, un Pariser Zeitungen gezahlt
worden sind; so hat allein der „Temps" jährlich 20 Millionen
Franken erhalten.)
Die Presse hat die große Macht,
Die Meinung Frankreichs zu bestimmen.
Schreibt sie ganz milde, sanft und sacht,
Dann wird das Volk niemals ergrimmen,
Doch wird sie wild und ist empört
Und läßt Entrüstungstöne steigen,
Dann wird das Volk, das darauf schwört,
Sich gleichfalls sehr entrüstet zeigen.
Das hat das Comite des Forges
Seit langen Jahren schon begriffen.
Es brauchte Stimmung, welche forsch
Und nicht vor’m Kriege ausgekniffen,
Wenn man stets laut vom Kriege schrie,
Und daß er prächtig würd’ gelingen —
„flllons, enfants de la patriel“
Würd’ das betörte Volk dann singen.
Die Stimmung wurde präpariert.
Die Presse ließ sich willig lenken;
Man hat sie tüchtig stets geschmiert
Und konnte ihr Millionen schenken.
Man hatte ja das nöt’ge Geld;
Es ist nicht darauf angekommen,
Denn hat der Krieg sich eingestellt,
Wird ja noch viel mehr eingenommen.
Das Geld gefiel der Presse wohl,
Schon, weil sie größtenteils semitisch.
Mit Tinte, scharf wie Vitriol,
Bewies sie weisheitsvoll-politisch,
Daß es nicht mehr so weiter geh’,
Und Frankreich herrlich werde blühen,
Wenn Deutschland man zerstückelt seh’.
Da mußte ja der Kriegsmut sprühen.
Doch nun? Das Comitö des Forges
Sieht still die meisten Rüstungsstätten;
Sie sind verlassen nun und morsch,
Und aus Paris mußt’ schnell sich retten
Die Pressehorde; es gelingt
Nicht mehr das stolze Siegsgequassel,
Und wenn man unter sich, erklingt
Das angestammte Wort: Schlamassel.
—on.
Kleine Zeitgeschichten
Bork» besucht den Vetter Schaller. Der fragt:
„Willste rauchen?" And stellt ihm eine Kiste
Zigarren hin, eine ganz große Kiste.
Der Vetter Borke staunt. „Mensch, du hast
'ne Lanze Kiste Zigarren!"
Schaller nickt strahlend. „Iawoll! Ist mir erst
heute eingefallen, daß ich ste ganz unten im
Schreibtisch versteckt hatte."
„Ja, warum hattest du sie denn versteckt?"
„Pscht, meine Frau kommtl Das sind die
Zigarren, die sie mir letzte Weihnachten geschenkt
hat."
32
„Wollen Sie ’nen Schluck Grog haben, Lerr Stibbe?"
„Nee, danke! Erst zur Belohnung, wenn ich was erledigt habe."
„Nanu, wollen Sie Abstinenzler werden?"
Der schönste Weg
Der Lerr Numpfkügl ist an den Starn-
berger See gefahren. Er ist krank gewesen
und muß sich jetzt erholen. Aber da er
weder segeln noch schwimmen kann und
das Paddeln für eine Sportart hält, die
erwachsenen und ernsthaften Menschen nicht
wohl ansteht, so sitzt er in der Lotelterrasse
herum, raucht eine Zigarre nach der andern
Angst vor öer Nacht
Ein jedes Schiff, gefüllt mit waren,
Oas glücklich kommt in England an,
wird froh begrüßt, denn längst schon fahren
So viel nicht, wie man braud)en kann.
Oie Zahl hat sich verringert stetig,
Oie Gründe dafür sind ja klar;
Man hat so viele Oinge nötig,
Oie nur die Schiffahrt bietet dar.
Nur unter allergrößtem Zwange
Erließ man darum das Gebot:
„Es darf vom Sonnenuntergänge
Bis zu dem frühen Morgenrot
Kein Schiff sich Englands Küste nähern.
Und wenn es England selbst gehört,
wird es erblickt von scharfen Spähern,
vann schießt man draus, bis es zerstött.
Venn ob solch Schiff ganz unverdächtig,
Oas festzustellen, fehlt die Zeit;
Uns scheint jetzt alles niederträchtig,
was ankommt in der Ounkelheit.
Oas muß ein Kapitän bedenken.
Solang' es Nacht, bleib' er uns fern;
Dann darf sein Schiff er weiter lenken —
Bei tag empfangen wir ihn gern."
wen §urcht und Sorge quält, dem bringen
[Die Nächte keine Kühe mehr;
Oaß ihre Stunden schneller gingen,
5st des Geängsteten Begehr,
wer vor Vergeltung hat zu bangen,
Tauscht in die Ounkelheit hinaus,
Ob nicht, sein Kecht nun zu verlangen,
Oer Kächer nahe schon dem Haus.
—on.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wollen Sie 'nen Schluck Grog haben, Herr Stibbe?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4955, S. 32
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg