Verunglückte Vermittlung
Von Peter Robinson
Graupe hat im Vorort ein hübsches Läuschen mit einem schönen
Garten; nebenan hat Laberland eine ähnliche Wohnstätte. Graupe
wie Kaberland sind sechs Jahre hindurch einander gute und getreue
Nachbarn gewesen, und auch von ihren Frauen hat das zu gelten.
Kinder sind keine mehr da; die sind erwachsen und ihre eigenen Wege
gegangen. Die alten Lerrschaften haben viel Zeit übrig, und sie
haben sie gern miteinander verbracht. Ja, solch eine Nachbarschaft
ist etwas wert!
Leider aber werden Graupes — ihr ältester Sohn wünscht das
so sehr — demnächst fortziehen, und das Läuschen soll verkauft
werden. Da die Verbindung mit der Stadt nicht sehr günstig ist
hat sich erst nach einigen vergeblichen Anzeigen jemand gefunden,
der Lust zu dem Kauf zu haben scheint. Das ist der kürzlich in den
Ruhestand getretene Lerr Zollinger, der für sich und seine Gattin
ein stilles Leim zu erwerben wünscht. Er ist schon einmal draußen
gewesen, und das Anwesen hat ihm gefallen. Leute nachmittag nun
will er noch einmal mit seiner Gattin kommen, und dann soll die
Entscheidung getroffen werden. Deshalb hat Graupe den Nachbarn
Laberland gebeten: „Bitte, kommen Sie beide doch nachmittags zu uns
herüber I Der Zollinger wird sich mein Grundstück noch einmal ansehen —
mit seiner Frau. Die Leute sind vielleicht schwer von Entschluß.
Sie könnten ihm als Nachbar, der hier die Verhältnisse kennt, etwas
zureden; dem Verkäufer selbst glaubt man ja weniger. Tun Sie mir
den Gefallen und spielen Sie mal den Vermittler! Mir liegt sehr daran,
daß die Sache zustande kommt."
Darauf hat Laberland gesagt:
„Aber mit dem größten Ver-
gnügen! O, wir werden die Leute
schon beeinflussen. Wir werden
sehr nett zu ihnen sein, dann sehen
sie doch gleich, daß sie erträgliche
Nachbarn haben werden. And das
ist doch sehr wichtig." --
So, und jetzt ist das Ehepaar
Zollinger gekommen. Sie machen
nicht den Eindruck besonders lie-
benswürdiger Leute, und obwohl
sie es sich leisten können, sich einen
angenehmen Alterssitz zu kaufen,
haben beide grämliche Gesichter,
als hätte sie schon seit Jahrzehnten
die Welt verdrossen. Sie sehen
sich das Laus von unten bis oben
so genau an wie eine Bau- und
eine Feuerpolizei zusammenge-
nommen im Quadrat, äußern sich
aber nicht endgültig. Deshalb
ladet Frau Graupe, woran sie
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vorher nicht gedacht hat, zu einer kleinen Kaffeemahlzett ein und
begibt sich in die Küche, während ihr Gatte läuft, schnell etwas
Kuchen zu besorgen.
Nun sitzen Laberlands mit Zollingers im Garten, und Laberland
will sein Versprechen erfüllen. Zollingers gefallen ihm zwar nicht;
er hätte sich andere Nachbarn gewünscht, aber er will doch tun, was
er kann. „Sie werden sich sehr wohl fühlen hier draußen," beginnt er.
„Das kann man vorher nie wissen," knurrt Zollinger mürrisch,
und seine Gattin meint: „Man darf nie viel erwarten."
„Diese wundervolle Ruhe!" lobt Frau Laberland. „Das bekommt
den Nerven so gut."
Leider wird in diesem Augenblick die Ruhe etwas gestört. Nebenan,
in Laberlands Garten, rast ein Lund mit lautem Bellen den Zaun
an der Straße entlang, weil dort eben jemand mit einem andern
Lunde vorübergeht. Lunde hinter einem Zaun ärgern sich gewöhnlich,
wenn draußen ein Kollege vorbeispaziert; vielleicht gönnen sie ihm
den Spaziergang nicht.
Frau Zollinger hält sich die Ohren zu. „Gräßlich,dieser Spektakel!"
„Infame Bestie!" schreit Lerr Zollinger.
„Ruhig, Boxel!" ruft Lerr Laberland. Er steht auf und öffnet
die zwischen beiden Gärten zur Erleichterung des nachbarlichen
Verkehrs geschaffene Tür. Ein seinem Namen entsprechender Lund,
ein Boxer, springt herein. Er ist noch ein junges Tier, vielleicht ein
halbes Jahr alt, gutmütig und den Menschen vertrauend. Freundlich
will er sich Zollinger nähern, mit
talpschenden Pfoten ihn zu be-
grüßen.
Zollinger scheucht ihn fort.
„Mach', daß du wegkommst I"
„Ach, so'n Köter!" Frau Zol-
linger streckt abwehrende Lände
aus.
Wenn ein guter Lund vor
den Ohren seiner Leute ein Köter
genannt wird, ist das gerade so
kränkend, als wenn ein Kind vor
seinen Eltern als Balg oder Range
oder Göre bezeichnet wird. Laber-
lands sind also mit Recht verletzt.
Frau Laberland versucht es mit
gutem Zuspruch. „Es ist doch solch
ein netter Lund."
„Lunde können überhaupt
nicht nett sein," erklärt Zollinger.
„Schreckliche Tiere!" fügt die
Gattin hinzu.
„So so — Sie mögen Lunde
nicht," bemerkt Laberland, und
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„Siehste, Karlchen, das sind Butterblumen."
„Sag, Mammi, gibt's auch Margarineblumen?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Siehste, Karlchen, das sind Butterblumen."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4957, S. 50
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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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