Die Trickausgabe
Trickaufgaben sind ja jetzt modern, weil sie zum Nachdenken an-
regen und den Verstand schärfen. Es gibt leichte und schwierige
Aufgaben. Der Seppe-Toni, das alte, schon etwas wunderliche Fak-
totum im Lotel „Waldeslust" hat immer die gleiche „kniffliche" Frage
bei der Land, wenn er mal mit den Reisenden ins Gespräch kommt.
Er fragt nämlich: „Sie, was ist das? — Es hängt an der Wand,
macht alle Stunde Kuckuck, und wenn es mal vom Nagel fällt, ist
die ganze Ahr zum Deifi."
Dabei wundert er sich noch, wie alle Gefragten Herausplatzen:
„Das ist 'ne Kuckucksuhr!"
Kürzlich hat ihm aber doch einer den Gefallen getan und hat
nach zehnminutenlangem Grübeln erklärt: „Ich weiß es nicht, Seppe-
Toni!" Es war übrigens der Landlungsreisende Schweinichen, sonst
ein ganz gewitzter Lerr.
Der Oberlehrer Dr. Pinkvoß, der zufällig Zeuge dieser Begeben-
heit war, schlug im Geiste entrüstet die Lände über'm Kopf zusam-
men und ächzte: „Aber, Schwei-
nichen, Sie sind doch sonst nicht
auf den Kopf gefallen. Diese
Frage hätte doch ein Säugling
richtig beantworten können."
Schweinichen bekam einen roten
Kopf. „Entschuldigen Sie, Lerr
Oberlehrer, aber ich Hab' mir ge-
dacht: so leicht kann die Lösung
nicht sein. Sicher ist ein Trick da-
hinter. Nur nicht „Kuckucksuhr"
sagen, obwohl es auf der Land
liegt; sonst bist du blamiert. —
Mit den Trickaufgaben ist es ja
so, daß sie sich ganz unverfäng-
lich, sozusagen kinderleicht an-
hören und es doch faustdick hinter
den Ohren haben."
„Na na," dämpfte Doktor
Pinkvoß etwas von oben herab.
„Ich Hab' da zum Beispiel so
eine Frage," fuhr Schweinichen
harmlos fort. „Wie oft Hab' ich
schon eine Runde Bier gewon-
nen. Eigentlich ist es ja mehr
eine Frage für Kinder oder Leut-
chen von der Geistesverfassung
des Seppe-Toni; aber es soll ja
auch nur ein Beispiel sein, und
wenn es Ihnen Spaß macht, Lerr
Doktor, können wir ja mal um
zwei Pilsner wetten."
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„Wieso wetten?" forschte Oberlehrer Pinkvoß argwöhnisch.
„Na, daß unter Umständen sogar ein Akademiker über solche ein-
fache Trickaufgabe stolpert; selbst dann noch, wenn man ihn extra
darauf hingewiesen hat, daß ein Trick dabei ist."
„Kommen Sie schon zur Sache, bester Lerr!" drängte Pinkvoß.
Die lange Einleitung hatte ihn nervös gemacht; denn er kannte es
von den Zauberkünstlern her: lange, wortreiche Begleitrede, und in-
zwischen ist das Publikum schon eingewickelt.
„Also gut, Lerr Doktor. Passen Sie mal auf: ich stelle drei
Fragen an Sie. — Kinderleichte Fragen übrigens. Bei der Beant-
wortung dürfen Sie aber weder neun noch nein sagen. — Kapiert?"
„Selbstverständlich!" versicherte Pinkvoß. „Es scheint sich wirklich
um eine Kinderei L la Kuckucksuhr zu handeln. — And da sollte ich,
meinen Sie, versagen?" — Schweinichen schmunzelte nur. „Zum
ersten: wieviel sind zwölf weniger drei?"
„Neun!" wollte Pinkvoß schon antworten; aber dann besann er
sich. Kühl bis an's Lerz hinan
entgegnete er: „Zwölf weniger
drei sind acht plus eins!"
„Richtig!" stimmte Schweini-
chen bei. „Nun aber zum zweiten:
wieviel sind dreimal drei?"
„Lerrgott, wie albern I" dachte
Pinkvoß. Da war Seppe-Tonis
Frage ja noch klassisch dagegen.
Worauf wollte denn nur dieser
Schweinichen bei dieser Fragerei
hinaus?
Nichtsdestoweniger entgegnete
er unlustig: „Sieben plus zwei;
oder zwölf minus drei."
„Ja," sagte Schweinichen ge-
dehnt und ließ geschlagen die
Ohren hängen, „Sie kannten diese
Aufgabe wahrscheinlich schon?"
„Nein, ausgeschlossen!" pro-
testierte Pinkvoß lebhaft. Mit
solchen Kindereien ist mir bisher
noch niemand gekommen."
„Aber reingefallen sind Sie
doch!" grinste Schweinichen. „Bei
der dritten Frage haben Sie näm-
lich mit „nein" geantwortet, und
das war auch verboten. Tja, diese
Trickaufgaben. — Seppe-Toni,
bring' uns doch mal zwei Pilsner
aufdesLerrnDoktorsRechnung!"
W.G.S
Trickaufgaben sind ja jetzt modern, weil sie zum Nachdenken an-
regen und den Verstand schärfen. Es gibt leichte und schwierige
Aufgaben. Der Seppe-Toni, das alte, schon etwas wunderliche Fak-
totum im Lotel „Waldeslust" hat immer die gleiche „kniffliche" Frage
bei der Land, wenn er mal mit den Reisenden ins Gespräch kommt.
Er fragt nämlich: „Sie, was ist das? — Es hängt an der Wand,
macht alle Stunde Kuckuck, und wenn es mal vom Nagel fällt, ist
die ganze Ahr zum Deifi."
Dabei wundert er sich noch, wie alle Gefragten Herausplatzen:
„Das ist 'ne Kuckucksuhr!"
Kürzlich hat ihm aber doch einer den Gefallen getan und hat
nach zehnminutenlangem Grübeln erklärt: „Ich weiß es nicht, Seppe-
Toni!" Es war übrigens der Landlungsreisende Schweinichen, sonst
ein ganz gewitzter Lerr.
Der Oberlehrer Dr. Pinkvoß, der zufällig Zeuge dieser Begeben-
heit war, schlug im Geiste entrüstet die Lände über'm Kopf zusam-
men und ächzte: „Aber, Schwei-
nichen, Sie sind doch sonst nicht
auf den Kopf gefallen. Diese
Frage hätte doch ein Säugling
richtig beantworten können."
Schweinichen bekam einen roten
Kopf. „Entschuldigen Sie, Lerr
Oberlehrer, aber ich Hab' mir ge-
dacht: so leicht kann die Lösung
nicht sein. Sicher ist ein Trick da-
hinter. Nur nicht „Kuckucksuhr"
sagen, obwohl es auf der Land
liegt; sonst bist du blamiert. —
Mit den Trickaufgaben ist es ja
so, daß sie sich ganz unverfäng-
lich, sozusagen kinderleicht an-
hören und es doch faustdick hinter
den Ohren haben."
„Na na," dämpfte Doktor
Pinkvoß etwas von oben herab.
„Ich Hab' da zum Beispiel so
eine Frage," fuhr Schweinichen
harmlos fort. „Wie oft Hab' ich
schon eine Runde Bier gewon-
nen. Eigentlich ist es ja mehr
eine Frage für Kinder oder Leut-
chen von der Geistesverfassung
des Seppe-Toni; aber es soll ja
auch nur ein Beispiel sein, und
wenn es Ihnen Spaß macht, Lerr
Doktor, können wir ja mal um
zwei Pilsner wetten."
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„Wieso wetten?" forschte Oberlehrer Pinkvoß argwöhnisch.
„Na, daß unter Umständen sogar ein Akademiker über solche ein-
fache Trickaufgabe stolpert; selbst dann noch, wenn man ihn extra
darauf hingewiesen hat, daß ein Trick dabei ist."
„Kommen Sie schon zur Sache, bester Lerr!" drängte Pinkvoß.
Die lange Einleitung hatte ihn nervös gemacht; denn er kannte es
von den Zauberkünstlern her: lange, wortreiche Begleitrede, und in-
zwischen ist das Publikum schon eingewickelt.
„Also gut, Lerr Doktor. Passen Sie mal auf: ich stelle drei
Fragen an Sie. — Kinderleichte Fragen übrigens. Bei der Beant-
wortung dürfen Sie aber weder neun noch nein sagen. — Kapiert?"
„Selbstverständlich!" versicherte Pinkvoß. „Es scheint sich wirklich
um eine Kinderei L la Kuckucksuhr zu handeln. — And da sollte ich,
meinen Sie, versagen?" — Schweinichen schmunzelte nur. „Zum
ersten: wieviel sind zwölf weniger drei?"
„Neun!" wollte Pinkvoß schon antworten; aber dann besann er
sich. Kühl bis an's Lerz hinan
entgegnete er: „Zwölf weniger
drei sind acht plus eins!"
„Richtig!" stimmte Schweini-
chen bei. „Nun aber zum zweiten:
wieviel sind dreimal drei?"
„Lerrgott, wie albern I" dachte
Pinkvoß. Da war Seppe-Tonis
Frage ja noch klassisch dagegen.
Worauf wollte denn nur dieser
Schweinichen bei dieser Fragerei
hinaus?
Nichtsdestoweniger entgegnete
er unlustig: „Sieben plus zwei;
oder zwölf minus drei."
„Ja," sagte Schweinichen ge-
dehnt und ließ geschlagen die
Ohren hängen, „Sie kannten diese
Aufgabe wahrscheinlich schon?"
„Nein, ausgeschlossen!" pro-
testierte Pinkvoß lebhaft. Mit
solchen Kindereien ist mir bisher
noch niemand gekommen."
„Aber reingefallen sind Sie
doch!" grinste Schweinichen. „Bei
der dritten Frage haben Sie näm-
lich mit „nein" geantwortet, und
das war auch verboten. Tja, diese
Trickaufgaben. — Seppe-Toni,
bring' uns doch mal zwei Pilsner
aufdesLerrnDoktorsRechnung!"
W.G.S
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Kameradschaftliche Gefälligkeit an heißen Tagen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4959, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg