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Die grüne Vase
Von Ernst Lagen
Inge und Robert betrachteten das Paket, das der Postbote eben
gebracht hatte, mit neugierigen Blicken.
„Von Onkel Emil!" sagte Robert strahlend, nachdem er den Ab-
sender festgestellt hatte. „Sollte das am Ende ein verspätetes Loch-
zeitsgeschenk sein?"
„So öffne doch schon!" Inge konnte ihre Neugierde nicht mehr
zurückhalten. „Vielleicht ist es die Stehuhr, die wir uns schon so
lange wünschen, oder ..."
„Am Ende gar ein Klavier?" lachte Robert. „Was soll denn noch
alles in den Karton hineingehen?" Er hatte endlich das Paket geöffnet
und starrte nun verblüfft auf den Gegenstand, der ihm da entgegenlachte.
„Eine Vase?" Inge schnappte nach Luft. „Dieses entsetzliche gift-
grüne Ungetüm da soll ich in meiner Wohnung ausstellen? Kommt
gar nicht in Frage!"
„Das sieht Onkel Emil ähnlich,"
sagte Robert düster, „er ist nicht nur
mein reichster, sondern auch mein geizig-
ster Verwandter. Zu unserer Lochzeit
sandte er uns nicht einmal eine Karte,
und jetzt kommt diese grüne Zigarre!"
„Das sind eben deine Verwandten!"
„Meine Verwandten? Wie kannst
du so etwas sagen? Von deinen Ver-
wandten haben wir noch viel schreck-
lichere Dinge bekommen!"
„Robert! Willst du damit andeuten,
daß das Likörservice von Mama . . ."
„Furchtbar ist! Gerade das wollte
ich sagen!"
Inge sah entsetzt auf ihren Gatten,
der mit hochgeröteten Wangen vor ihr
stand. „Gut!" sagte sie dann entschlossen,
„das Likörservice von Mama ist furcht-
bar, es ist aber aus echtem Glas, wäh-
rend das Silberbesteck, das von deinen
Eltern stammt, falsch ist!"
„Inge, wie kannst du so zu mir
sprechen?"
„Ich spreche genau so zu dir, wie
du zu mir!"
»Jetzt ist es mir zu dumm!" Robert
blickte wütend auf die Vase, die ihm
höhnisch entgegen blinkte. „An allem ist
diese blödsinnige Vase schuld. Sie soll
dafür bestraft werden I" Er nahm sie mit
beiden Länden und warf sie dann kraft-
voll zu Boden.
218
„Was hast du getan?!" Inge blickte entsetzt aus die Scherben.
„Die Vase ist kaputt!"
„Jawohl!" schrie Robert, „und jetzt kommt noch das Likörserviee
dazu."
„Dann werfe ich die falschen Silberlöffel zum Fenster hinaus!"
Robert wollte eben zu neuer Rede ausholen, als sein Blick in
den nun leeren Karton fiel. „Da ist ja ein Brief dabei," sagte er
überrascht und nahm das Schreiben heraus.
„Mein lieber Robert!" schrieb Onkel Emil, „ich habe etwas ver-
spätet von Deiner Vermählung gehört, da ich längere Zeit verreist war.
Ich hoffe, daß du nun endlich ein ordentlicher Mensch geworden bist, und
sende Dir und Deiner Frau vorerst beiliegende Vase. Sie ist ein altes
Familienstück, halte sie in Ehren. Ich selbst folge ihr auf dem Fuße,
Druckfehler
Der kranke Elefant mußte getötet
werden. Drei wohlgezielte Schüsse, und
das Riesentier war eine Lerche.
Bastian sitzt bei Nulpe. Der Fern-
sprecher klingelt. Nulpe lauscht erst, wo-
bei er das Gesicht mehr und mehr ver-
zieht, und spricht dann: „Ist schon in
Ordnung! Morgen früh kriegen Sie Ihr
Geld;ich hab's heute durchPostanweisung
fortgeschickt." — Schluß.
Neugierig fragt Bastian: „Wer war
denn der Manichäer?"
„Keine Ahnung > Ich habe den Namen
nicht verstanden."
Emma Mielenz legt die Zeitschrift
fort, in der sie den „Aerztlichen Ratgeber"
gelesen hat. „Von jetzt ab, Oskar, gehe
ich immer um 9 Ahr schlafen. Lier habe
ich eben gelesen: Das beste Mittel, die
jugendliche Schönheit zu erhalten, ist
langer Schlaf."
„Das wirst du nicht fertigbringen,
Emma."
„Oho, warum denn nicht?"
„Du würdest entweder nicht so früh
einschlafen können oder zu früh wieder
aufwachen," erklärt Oskar sachlich. „Ein
alterMensch braucht nicht so viel Schlaf."
„Sie können doch sehr gut einen
Scheitel tragen, mein Lerr l"
Die grüne Vase
Von Ernst Lagen
Inge und Robert betrachteten das Paket, das der Postbote eben
gebracht hatte, mit neugierigen Blicken.
„Von Onkel Emil!" sagte Robert strahlend, nachdem er den Ab-
sender festgestellt hatte. „Sollte das am Ende ein verspätetes Loch-
zeitsgeschenk sein?"
„So öffne doch schon!" Inge konnte ihre Neugierde nicht mehr
zurückhalten. „Vielleicht ist es die Stehuhr, die wir uns schon so
lange wünschen, oder ..."
„Am Ende gar ein Klavier?" lachte Robert. „Was soll denn noch
alles in den Karton hineingehen?" Er hatte endlich das Paket geöffnet
und starrte nun verblüfft auf den Gegenstand, der ihm da entgegenlachte.
„Eine Vase?" Inge schnappte nach Luft. „Dieses entsetzliche gift-
grüne Ungetüm da soll ich in meiner Wohnung ausstellen? Kommt
gar nicht in Frage!"
„Das sieht Onkel Emil ähnlich,"
sagte Robert düster, „er ist nicht nur
mein reichster, sondern auch mein geizig-
ster Verwandter. Zu unserer Lochzeit
sandte er uns nicht einmal eine Karte,
und jetzt kommt diese grüne Zigarre!"
„Das sind eben deine Verwandten!"
„Meine Verwandten? Wie kannst
du so etwas sagen? Von deinen Ver-
wandten haben wir noch viel schreck-
lichere Dinge bekommen!"
„Robert! Willst du damit andeuten,
daß das Likörservice von Mama . . ."
„Furchtbar ist! Gerade das wollte
ich sagen!"
Inge sah entsetzt auf ihren Gatten,
der mit hochgeröteten Wangen vor ihr
stand. „Gut!" sagte sie dann entschlossen,
„das Likörservice von Mama ist furcht-
bar, es ist aber aus echtem Glas, wäh-
rend das Silberbesteck, das von deinen
Eltern stammt, falsch ist!"
„Inge, wie kannst du so zu mir
sprechen?"
„Ich spreche genau so zu dir, wie
du zu mir!"
»Jetzt ist es mir zu dumm!" Robert
blickte wütend auf die Vase, die ihm
höhnisch entgegen blinkte. „An allem ist
diese blödsinnige Vase schuld. Sie soll
dafür bestraft werden I" Er nahm sie mit
beiden Länden und warf sie dann kraft-
voll zu Boden.
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„Was hast du getan?!" Inge blickte entsetzt aus die Scherben.
„Die Vase ist kaputt!"
„Jawohl!" schrie Robert, „und jetzt kommt noch das Likörserviee
dazu."
„Dann werfe ich die falschen Silberlöffel zum Fenster hinaus!"
Robert wollte eben zu neuer Rede ausholen, als sein Blick in
den nun leeren Karton fiel. „Da ist ja ein Brief dabei," sagte er
überrascht und nahm das Schreiben heraus.
„Mein lieber Robert!" schrieb Onkel Emil, „ich habe etwas ver-
spätet von Deiner Vermählung gehört, da ich längere Zeit verreist war.
Ich hoffe, daß du nun endlich ein ordentlicher Mensch geworden bist, und
sende Dir und Deiner Frau vorerst beiliegende Vase. Sie ist ein altes
Familienstück, halte sie in Ehren. Ich selbst folge ihr auf dem Fuße,
Druckfehler
Der kranke Elefant mußte getötet
werden. Drei wohlgezielte Schüsse, und
das Riesentier war eine Lerche.
Bastian sitzt bei Nulpe. Der Fern-
sprecher klingelt. Nulpe lauscht erst, wo-
bei er das Gesicht mehr und mehr ver-
zieht, und spricht dann: „Ist schon in
Ordnung! Morgen früh kriegen Sie Ihr
Geld;ich hab's heute durchPostanweisung
fortgeschickt." — Schluß.
Neugierig fragt Bastian: „Wer war
denn der Manichäer?"
„Keine Ahnung > Ich habe den Namen
nicht verstanden."
Emma Mielenz legt die Zeitschrift
fort, in der sie den „Aerztlichen Ratgeber"
gelesen hat. „Von jetzt ab, Oskar, gehe
ich immer um 9 Ahr schlafen. Lier habe
ich eben gelesen: Das beste Mittel, die
jugendliche Schönheit zu erhalten, ist
langer Schlaf."
„Das wirst du nicht fertigbringen,
Emma."
„Oho, warum denn nicht?"
„Du würdest entweder nicht so früh
einschlafen können oder zu früh wieder
aufwachen," erklärt Oskar sachlich. „Ein
alterMensch braucht nicht so viel Schlaf."
„Sie können doch sehr gut einen
Scheitel tragen, mein Lerr l"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Sie können doch sehr gut einen Scheitel tragen, mein Herr!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4971, S. 218
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg