Die Bindung
„Zeuge, sind Sie mit dem Angeklagten irgendwie verwandt
oder verschwägert?"
„Nein, aber wir spielen ein Achtel zusammen!"
Junge Ehe
„Sie wollten sich doch 'n Wecker anschaffen?"
„Aeberflüssig geworden! Inzwischen haben wir 'n Baby
gekriegt!"
Kleine Aenderung
Verehrer: „Immer sagen Sie nur ,mein Lieber" zu mir,
Fräulein Ottilie — sagen Sie doch ein einziges Mal ,mein
Liebster"!"
Fünfzehn Minuten Aufenthalt —
beinahe eine Liebesgeschichte Karlheinze*u<,
Eigentlich wollte Peter das Abteil nicht verlassen, denn er
hatte eine Abneigung gegen die Bahnhofs-Atmosphäre. Schließ-
lich besann er sich aber eines anderen. Diese Stadt war bekannt
ob der Würze ihrer warmen Würstchen, und es tat vielleicht
auch gut, sich die steifgewordenen Beine ein wenig zu vertreten.
Er schlenderte hinaus, um nach der Trinkhalle Ausschau zu halten.
Sie befand sich keine zehn Schritt von ihm entfernt. Peter setzte
sich in Bewegung. In diesem Augenblick geschah etwas sehr Merk-
würdiges. Eine sonderbare Veränderung ging mit Peter vor. Er
blieb wie angewurzelt stehen, und seine Wangen färbten sich dunkel-
rot, ein Zeichen großer Erregung. Dabei stierte er angestrengt
nach dem Verkaussstand, als ob er dort ein Gespenst erblicke. Was
ihn so aus der Fassung brachte, konnte auch kein Wesen von dieser
Welt sein, meinte er. Das war zum mindesten eine holde Fee, die
vielleicht im Nebenberuf warme Würstchen verkaufte. Dieses Ge-
sicht von Milch und Blut, der träumerische Mund, das golden
schimmernde Blondhaar, und vor allem diese unbeschreiblich
wundervollen blauen Augensterne! Peter gab sich einen Ruck.
„Alter Junge," schalt er sich, „du bist ja toll, aber wenn es das
gibt, Liebe auf den ersten Blick, dann hat's dich jetzt mächtig er-
wischt." Im Grunde genommen war sie ja gar nicht sei» Typ.
Er hatte sich auf dunkelhaarig pnd braunäugig festgelegt, aber
Dilemma der Lustschutzmaler
„Was machen wir nun mit den Birken, Meister?"
»Ich glaube, wir sind hier überflüssig!"
alle Grundsätze waren innerhalb weniger Sekunden fortgeblasen wie
ein Kartenhaus, das der Lustzug hinwegfegt.
Er mußte sie kennenlernen. Aber wie sollte er das anstellen? Vor
dem Stand drängten sich die Reisenden. Peter überlegte. Was machte
es ihm schließlich aus, wenn er seinen Arlciub hier verbrachte, statt
in dem kleinen Gebtrgskurort. Vielleicht, ja gewiß stand das
ohnehin so in den Sternen geschrieben. Er stürmte zurück ins
Abteil, griff Mantel, Lut und Koffer und eilte zur Verwunde-
rung seiner Mitreisenden, die ihm kopfschüttelnd nachblickten,
grußlos hinaus. Vor dem Stand war es jetzt fast ganz leer ge-
worden. Schon wurden die Wagentüren zugeschlagen. „Mein
Lerr, Sie wünschen, bitte?" Peter murmelte etwas Unverständ-
liches. Ihm fiel ein, daß warme Würstchen und eine Liebeser-
klärung zueinander paßten wie etwa ein Zylinder zur Badehose.
Auf eine nochmalige Frage verlangte er Zigaretten und legte
gleichzeitig einen Fünfzigmarkschein auf den Tisch. „Ach,
haben Sie es nicht kleiner?" Er schüttelte den Kopf. Sein
Lirn beschäftigte sich mit dem Problem, die aufgenommene
Verbindung weiterzufördern. Vielleicht wäre es am besten,
die Stellung im Sturm zu nehmen. „Dann warten Sie doch,
bitte, einen Augenblick, mein Mann muß mit dem Wechsel-
geld sofort zurück sein."
Plötzlich hatte Peter Kleingeld. Der Zug fuhr an. Es
blieb ihm kaum noch Zeit, sich aus das Trittbrett zu schwingen.
Zehn Minuten später saß er im Speisewagen und starrte
trübsinnig auf die vorübergleitende Landschaft. Er bestellte
den dritten Kognak und griff gleichzeitig in die Tasche, um
sich eine der gekauften Zigaretten anzuzünden. Leider hatte
er vergessen, sie mitzunehmen.
„Ihr Puls geht schlecht, viel zu langsam!"
„Das macht nichts, Lerr Doktor, ich habe ja Zeit!"
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„Zeuge, sind Sie mit dem Angeklagten irgendwie verwandt
oder verschwägert?"
„Nein, aber wir spielen ein Achtel zusammen!"
Junge Ehe
„Sie wollten sich doch 'n Wecker anschaffen?"
„Aeberflüssig geworden! Inzwischen haben wir 'n Baby
gekriegt!"
Kleine Aenderung
Verehrer: „Immer sagen Sie nur ,mein Lieber" zu mir,
Fräulein Ottilie — sagen Sie doch ein einziges Mal ,mein
Liebster"!"
Fünfzehn Minuten Aufenthalt —
beinahe eine Liebesgeschichte Karlheinze*u<,
Eigentlich wollte Peter das Abteil nicht verlassen, denn er
hatte eine Abneigung gegen die Bahnhofs-Atmosphäre. Schließ-
lich besann er sich aber eines anderen. Diese Stadt war bekannt
ob der Würze ihrer warmen Würstchen, und es tat vielleicht
auch gut, sich die steifgewordenen Beine ein wenig zu vertreten.
Er schlenderte hinaus, um nach der Trinkhalle Ausschau zu halten.
Sie befand sich keine zehn Schritt von ihm entfernt. Peter setzte
sich in Bewegung. In diesem Augenblick geschah etwas sehr Merk-
würdiges. Eine sonderbare Veränderung ging mit Peter vor. Er
blieb wie angewurzelt stehen, und seine Wangen färbten sich dunkel-
rot, ein Zeichen großer Erregung. Dabei stierte er angestrengt
nach dem Verkaussstand, als ob er dort ein Gespenst erblicke. Was
ihn so aus der Fassung brachte, konnte auch kein Wesen von dieser
Welt sein, meinte er. Das war zum mindesten eine holde Fee, die
vielleicht im Nebenberuf warme Würstchen verkaufte. Dieses Ge-
sicht von Milch und Blut, der träumerische Mund, das golden
schimmernde Blondhaar, und vor allem diese unbeschreiblich
wundervollen blauen Augensterne! Peter gab sich einen Ruck.
„Alter Junge," schalt er sich, „du bist ja toll, aber wenn es das
gibt, Liebe auf den ersten Blick, dann hat's dich jetzt mächtig er-
wischt." Im Grunde genommen war sie ja gar nicht sei» Typ.
Er hatte sich auf dunkelhaarig pnd braunäugig festgelegt, aber
Dilemma der Lustschutzmaler
„Was machen wir nun mit den Birken, Meister?"
»Ich glaube, wir sind hier überflüssig!"
alle Grundsätze waren innerhalb weniger Sekunden fortgeblasen wie
ein Kartenhaus, das der Lustzug hinwegfegt.
Er mußte sie kennenlernen. Aber wie sollte er das anstellen? Vor
dem Stand drängten sich die Reisenden. Peter überlegte. Was machte
es ihm schließlich aus, wenn er seinen Arlciub hier verbrachte, statt
in dem kleinen Gebtrgskurort. Vielleicht, ja gewiß stand das
ohnehin so in den Sternen geschrieben. Er stürmte zurück ins
Abteil, griff Mantel, Lut und Koffer und eilte zur Verwunde-
rung seiner Mitreisenden, die ihm kopfschüttelnd nachblickten,
grußlos hinaus. Vor dem Stand war es jetzt fast ganz leer ge-
worden. Schon wurden die Wagentüren zugeschlagen. „Mein
Lerr, Sie wünschen, bitte?" Peter murmelte etwas Unverständ-
liches. Ihm fiel ein, daß warme Würstchen und eine Liebeser-
klärung zueinander paßten wie etwa ein Zylinder zur Badehose.
Auf eine nochmalige Frage verlangte er Zigaretten und legte
gleichzeitig einen Fünfzigmarkschein auf den Tisch. „Ach,
haben Sie es nicht kleiner?" Er schüttelte den Kopf. Sein
Lirn beschäftigte sich mit dem Problem, die aufgenommene
Verbindung weiterzufördern. Vielleicht wäre es am besten,
die Stellung im Sturm zu nehmen. „Dann warten Sie doch,
bitte, einen Augenblick, mein Mann muß mit dem Wechsel-
geld sofort zurück sein."
Plötzlich hatte Peter Kleingeld. Der Zug fuhr an. Es
blieb ihm kaum noch Zeit, sich aus das Trittbrett zu schwingen.
Zehn Minuten später saß er im Speisewagen und starrte
trübsinnig auf die vorübergleitende Landschaft. Er bestellte
den dritten Kognak und griff gleichzeitig in die Tasche, um
sich eine der gekauften Zigaretten anzuzünden. Leider hatte
er vergessen, sie mitzunehmen.
„Ihr Puls geht schlecht, viel zu langsam!"
„Das macht nichts, Lerr Doktor, ich habe ja Zeit!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Dilemma der Luftschutzmaler" "Ihr Puls geht schlecht, viel zu langsam!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1940
Entstehungsdatum (normiert)
1930 - 1950
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 193.1940, Nr. 4972, S. 231
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg