„Ich bin entsetzt, Käthe! Der Ausschnitt an deinem Kleide ist ja unmöglich!"
„Die Schneiderin, liebe Tante, sagte, er wäre das Möglichste."
Der Schornsteinfeger
an Beate und mein Glück; ich beeile mich, ihm nachzukommen, ich er-
liche ihn — — und dann klopfe ich ihm auf den Rücken. Tüchtig
^aue ich ihm auf den Rücken, ein paarmal.
Natürlich dreht sich der Mann um, und dann sage ich, was man
solchem Fall immer sagt: ,O Verzeihung — ein Irrtum! Ich dachte,
Die wären der Lerr Schornsteinfegermeister Maier/ Der Mann lacht
gemütlich und nickt verstehend. Schornsteinfeger nehmen so etwas nicht
^bel; ich glaube, es freut sie, als Glücksbringer angesehen zu werden.
Der Schornsteinfeger geht weiter und biegt in die Brückenstraße ein,
b'e auch mein Weg ist. Gleich im ersten Lause dort wohnen Scholles.
D)er steht unten auf der Straße? Der alte Scholle mit seinem Dackel,
der wohl um diese Zeit hinausgeführt werden muß. Zch grüße er-
surchtsvoll. Er nickt liebenswürdig und streckt mir freundlich die Land
dw. Mit Wonne ergreife ich diese schwiegerväterliche Land in spe
und drücke sie, drücke sie herzlich und kräftig. Aber dann zieht der
ulte Scholle seine Land zurück, sieht sich die innere Landfläche an,
"'acht ein böses Gesicht und hält mir die Land vor die Augen. Lim-
>Nel — die Land ist rußgeschwärzt! Ich sehe meine eigene Rechte an:
da ist auch Ruß daran, aber nicht mehr sehr viel, denn ich habe wohl
d^n Laupiteil an Scholles Land abgedrückt. Der Schornsteinfeger
"'ußte sehr viel Ruß aus dem Rücken gehabt haben. Davon hatte
'ch tüchtig was an meiner Land abgekriegt, aber in der Aufregung,
"'uil ich dann doch den alten Scholle sah, hatte ich es nicht gleich gemerkt.
Der alte Scholle zeigt auf den Schornsteinfeger, der noch in der
Dtraße zu sehen ist, und sagt: „Sie haben also dem Schornsteinfeger
uuf den Rücken geklopft, nicht wahr?"
„Allerdings, werter Lerr Scholle," stammele ich.
Aber nun schnauzt er mich an: „Sie sind also abergläubisch. Ein
verständiger Mensch hat keinen Aberglauben; er gibt nichts auf
solchen Blödsinn, er verachtet ihn. Aber Sie — pah. Sie lassen sich
wahrscheinlich auch die Karten legen oder aus dem Kaffeesatz wahr-
sagen. And kriegen Angst, wenn Ihnen eine schwarze Katze über
den Weg läuft. Sie sind ein Dummkopf I"
And dann pfiff der alte Scholle seinem Dackel, der leider gegen
die sonstige Gewohnheit dieser Lundesorte gleich gehorchte, und ging
ohne ein Wort des Abschieds ins Laus hinein. And nun werde ich
wohl meine Loffnung auf Beate begraben müffen."
„Ach was, es wird nicht so schlimm werden," tröstete der Freund
und Kollege Zünder.
Doch der Assistent Pickhahn wollte sich nicht trösten lassen. Er
setzte sich an seine Arbeit, mußte aber achtgeben, daß nicht hin und
wieder einige Tränen aufs Papier tropften.
*
Am nächsten Morgen kam der Assistent Pickhahn ins Büro ge-
tänzelt, gehüpft und gesprungen. Er umarmte den Freund und Kol-
legen Zünder. „Gratuliere mir! Die Sache ist wieder in Ordnung.
Der alte Scholle ist nicht nur besänftigt, nein, er hat mir sogar recht
gegeben. Löre, was geschehen ist!
Ich komme also vorhin wieder durch die Brückenstraße. Eigent-
lich hatte ich in meinem Jammer vorgehabt, einen anderen Weg zu
gehen, aber die Gewohnheit lenkte meine Schritte. Wer steht wieder
27
„Die Schneiderin, liebe Tante, sagte, er wäre das Möglichste."
Der Schornsteinfeger
an Beate und mein Glück; ich beeile mich, ihm nachzukommen, ich er-
liche ihn — — und dann klopfe ich ihm auf den Rücken. Tüchtig
^aue ich ihm auf den Rücken, ein paarmal.
Natürlich dreht sich der Mann um, und dann sage ich, was man
solchem Fall immer sagt: ,O Verzeihung — ein Irrtum! Ich dachte,
Die wären der Lerr Schornsteinfegermeister Maier/ Der Mann lacht
gemütlich und nickt verstehend. Schornsteinfeger nehmen so etwas nicht
^bel; ich glaube, es freut sie, als Glücksbringer angesehen zu werden.
Der Schornsteinfeger geht weiter und biegt in die Brückenstraße ein,
b'e auch mein Weg ist. Gleich im ersten Lause dort wohnen Scholles.
D)er steht unten auf der Straße? Der alte Scholle mit seinem Dackel,
der wohl um diese Zeit hinausgeführt werden muß. Zch grüße er-
surchtsvoll. Er nickt liebenswürdig und streckt mir freundlich die Land
dw. Mit Wonne ergreife ich diese schwiegerväterliche Land in spe
und drücke sie, drücke sie herzlich und kräftig. Aber dann zieht der
ulte Scholle seine Land zurück, sieht sich die innere Landfläche an,
"'acht ein böses Gesicht und hält mir die Land vor die Augen. Lim-
>Nel — die Land ist rußgeschwärzt! Ich sehe meine eigene Rechte an:
da ist auch Ruß daran, aber nicht mehr sehr viel, denn ich habe wohl
d^n Laupiteil an Scholles Land abgedrückt. Der Schornsteinfeger
"'ußte sehr viel Ruß aus dem Rücken gehabt haben. Davon hatte
'ch tüchtig was an meiner Land abgekriegt, aber in der Aufregung,
"'uil ich dann doch den alten Scholle sah, hatte ich es nicht gleich gemerkt.
Der alte Scholle zeigt auf den Schornsteinfeger, der noch in der
Dtraße zu sehen ist, und sagt: „Sie haben also dem Schornsteinfeger
uuf den Rücken geklopft, nicht wahr?"
„Allerdings, werter Lerr Scholle," stammele ich.
Aber nun schnauzt er mich an: „Sie sind also abergläubisch. Ein
verständiger Mensch hat keinen Aberglauben; er gibt nichts auf
solchen Blödsinn, er verachtet ihn. Aber Sie — pah. Sie lassen sich
wahrscheinlich auch die Karten legen oder aus dem Kaffeesatz wahr-
sagen. And kriegen Angst, wenn Ihnen eine schwarze Katze über
den Weg läuft. Sie sind ein Dummkopf I"
And dann pfiff der alte Scholle seinem Dackel, der leider gegen
die sonstige Gewohnheit dieser Lundesorte gleich gehorchte, und ging
ohne ein Wort des Abschieds ins Laus hinein. And nun werde ich
wohl meine Loffnung auf Beate begraben müffen."
„Ach was, es wird nicht so schlimm werden," tröstete der Freund
und Kollege Zünder.
Doch der Assistent Pickhahn wollte sich nicht trösten lassen. Er
setzte sich an seine Arbeit, mußte aber achtgeben, daß nicht hin und
wieder einige Tränen aufs Papier tropften.
*
Am nächsten Morgen kam der Assistent Pickhahn ins Büro ge-
tänzelt, gehüpft und gesprungen. Er umarmte den Freund und Kol-
legen Zünder. „Gratuliere mir! Die Sache ist wieder in Ordnung.
Der alte Scholle ist nicht nur besänftigt, nein, er hat mir sogar recht
gegeben. Löre, was geschehen ist!
Ich komme also vorhin wieder durch die Brückenstraße. Eigent-
lich hatte ich in meinem Jammer vorgehabt, einen anderen Weg zu
gehen, aber die Gewohnheit lenkte meine Schritte. Wer steht wieder
27
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich bin entsetzt, Käthe!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4981, S. 27
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg