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Der Theaterskandal
Von Peter Steffan
Ich hatte mir immer gewünscht, einmal bei einem Theaterskandal
dabei zu sein; es ist nicht leicht, die menschliche Sensationslust in sich
zu unterdrücken. Einmal, in einer großen Provinzstadt, hatte ich dann
auch Glück. Der Theaterskandal war anders, als ich mir sowas vor-
gestellt hatte, aber gefallen hat er mir. Es sind jetzt zehn Jahre her,
und ich kann es ruhig erzählen.
Es war kein Tendenzstück, wie man vielleicht denken könnte, das
gespielt wurde. Es war vielmehr die Premiere einer Komödie, und
sie war ziemlich langweilig. Im allgemeinen gähnen die Leute im
Theater, wenn sie etwas langweilig finden, oder sie verschwinden
still nach dem ersten Akt. Lier jedoch war es anders.
Kleinigkeiten
Knacknuß spielt gerne Glücks-
spiele. Meine Tante, deine Tante
und Poker.
Warnt ihn Lollermann:
„Laß das sein. Du wirst Kopf
und Kragen verlieren."
„Wenn schon," meint da Knack-
nuß, „was liegt schon an einem
Kragen."
2« der letzten Stunde wurde
über den Igel gesprochen.
Lehrer: „Fritzchen, sage mir mal
ein Tier, das sich ganz zusammen-
rollen kann." — Fritzchen: „Der
Rollmops, Lerr Lehrer."
Äer Fußballplatz lag neben der
Bahnstrecke. Ein Wettspiel war im
Gange unter einem Schiedsrichter,
der manchen Verstoß übersah.
Wenigstens behaupteten das die
Einheimischen. Sie waren wütend
über den Schiedsrichter. Gerade als
wieder ein Fehler der auswärtigen
Mannschaft übersehen wurde, fuhr
ein Eisenbahnzug vorüber, dessen
Lokomotive einen Pfiff von sich gab.
„Mensch," rief da ein Fußball-
fanatiker dem Schiedsrichter zu, „so-
gar der Lokomotivführer hat den
Fehler gesehen!"
38
Die Ruhestörer waren zwei junge Männer, der eine blond, der
andere schwarz, und sie saßen neben mir in der gleichen Loge. Ich
merkte übrigens bald, daß sie etwas, na, sagen wir, gelockert waren,
vielleicht ist das Wort angeheitert deutlicher. Sie fingen damit an,
daß sie jedesmal, wenn da draußen auf der Bühne einer einen Witz
machte, ein schmerzliches und langgezogenes „Au . .." ertönen ließen.
Es war der Laut, mit dem man überall in Deutschland einen faulen
Witz begrüßt, den man schon seit Jahren kennt. Es muß zugegeben
werden, daß die Witze auf der Bühne entsprechend waren.
Als die beiden jungen Männer das ein paarmal gemacht hatten,
fingen die Zuschauer in der Nähe an zu zischeln: „Ruhe! — Psssst!"
Dadurch ermuntert, sagte der Blonde
beim nächsten Wiy laut: „Anton,
laß den Bart flattern!" und der an-
dere fing an: „Den hat schon mein
Großvater anno siebzig bei Sedan..."
„Ruhe!! Raus!!!" riefen jetzt auch
einige unten im Parkett, der jugend-
liche Leld auf der Bühne kam aus
dem Konzept, stotterte, fing seinen
Satz von neuem an und bekam einen
roten Kopf. „Lahaha!" lachten die
beiden jungen Männer neben mir
schadenfreudig, das Publikum zischel-
te weiter, aber schon stimmten auch
einige andere Zuschauer in das Lachen
ein, und der Akt ging unter allge-
meinem Lärm zu Ende.
Als das Licht anging, trat ein
Lerr mit einer Glatze in die Loge.
„Meine Lerren!" sagte er empört,
„ich muß doch sehr bitten, Ruhe zu
bewahren."
„Ja, immer mit der Ruhe, alter
Lerr!" sagte der Blonde.
„Wer sind Sie eigentlich. Wer-
tester?" sagte der andere.
„Ich bin der Direktor," erwiderte
der Lerr mit der Glatze zornig, „und
wenn Sie sich nicht ruhig verhalten,
sehe ich mich gezwungen, die Polizei
zu rufen."
„Aber Direktorchen," sagte der
schwarzhaarige junge Mann, „wer
wird sich denn so aufregen?" And
er drohte ihm schelmisch mit dem
Zeigefinger.
„Gehört denn das zum Schi-Anterricht?"
„Natürlich — ich übe jetzt das Einwachsen
mit dem Landballen."
Der Theaterskandal
Von Peter Steffan
Ich hatte mir immer gewünscht, einmal bei einem Theaterskandal
dabei zu sein; es ist nicht leicht, die menschliche Sensationslust in sich
zu unterdrücken. Einmal, in einer großen Provinzstadt, hatte ich dann
auch Glück. Der Theaterskandal war anders, als ich mir sowas vor-
gestellt hatte, aber gefallen hat er mir. Es sind jetzt zehn Jahre her,
und ich kann es ruhig erzählen.
Es war kein Tendenzstück, wie man vielleicht denken könnte, das
gespielt wurde. Es war vielmehr die Premiere einer Komödie, und
sie war ziemlich langweilig. Im allgemeinen gähnen die Leute im
Theater, wenn sie etwas langweilig finden, oder sie verschwinden
still nach dem ersten Akt. Lier jedoch war es anders.
Kleinigkeiten
Knacknuß spielt gerne Glücks-
spiele. Meine Tante, deine Tante
und Poker.
Warnt ihn Lollermann:
„Laß das sein. Du wirst Kopf
und Kragen verlieren."
„Wenn schon," meint da Knack-
nuß, „was liegt schon an einem
Kragen."
2« der letzten Stunde wurde
über den Igel gesprochen.
Lehrer: „Fritzchen, sage mir mal
ein Tier, das sich ganz zusammen-
rollen kann." — Fritzchen: „Der
Rollmops, Lerr Lehrer."
Äer Fußballplatz lag neben der
Bahnstrecke. Ein Wettspiel war im
Gange unter einem Schiedsrichter,
der manchen Verstoß übersah.
Wenigstens behaupteten das die
Einheimischen. Sie waren wütend
über den Schiedsrichter. Gerade als
wieder ein Fehler der auswärtigen
Mannschaft übersehen wurde, fuhr
ein Eisenbahnzug vorüber, dessen
Lokomotive einen Pfiff von sich gab.
„Mensch," rief da ein Fußball-
fanatiker dem Schiedsrichter zu, „so-
gar der Lokomotivführer hat den
Fehler gesehen!"
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Die Ruhestörer waren zwei junge Männer, der eine blond, der
andere schwarz, und sie saßen neben mir in der gleichen Loge. Ich
merkte übrigens bald, daß sie etwas, na, sagen wir, gelockert waren,
vielleicht ist das Wort angeheitert deutlicher. Sie fingen damit an,
daß sie jedesmal, wenn da draußen auf der Bühne einer einen Witz
machte, ein schmerzliches und langgezogenes „Au . .." ertönen ließen.
Es war der Laut, mit dem man überall in Deutschland einen faulen
Witz begrüßt, den man schon seit Jahren kennt. Es muß zugegeben
werden, daß die Witze auf der Bühne entsprechend waren.
Als die beiden jungen Männer das ein paarmal gemacht hatten,
fingen die Zuschauer in der Nähe an zu zischeln: „Ruhe! — Psssst!"
Dadurch ermuntert, sagte der Blonde
beim nächsten Wiy laut: „Anton,
laß den Bart flattern!" und der an-
dere fing an: „Den hat schon mein
Großvater anno siebzig bei Sedan..."
„Ruhe!! Raus!!!" riefen jetzt auch
einige unten im Parkett, der jugend-
liche Leld auf der Bühne kam aus
dem Konzept, stotterte, fing seinen
Satz von neuem an und bekam einen
roten Kopf. „Lahaha!" lachten die
beiden jungen Männer neben mir
schadenfreudig, das Publikum zischel-
te weiter, aber schon stimmten auch
einige andere Zuschauer in das Lachen
ein, und der Akt ging unter allge-
meinem Lärm zu Ende.
Als das Licht anging, trat ein
Lerr mit einer Glatze in die Loge.
„Meine Lerren!" sagte er empört,
„ich muß doch sehr bitten, Ruhe zu
bewahren."
„Ja, immer mit der Ruhe, alter
Lerr!" sagte der Blonde.
„Wer sind Sie eigentlich. Wer-
tester?" sagte der andere.
„Ich bin der Direktor," erwiderte
der Lerr mit der Glatze zornig, „und
wenn Sie sich nicht ruhig verhalten,
sehe ich mich gezwungen, die Polizei
zu rufen."
„Aber Direktorchen," sagte der
schwarzhaarige junge Mann, „wer
wird sich denn so aufregen?" And
er drohte ihm schelmisch mit dem
Zeigefinger.
„Gehört denn das zum Schi-Anterricht?"
„Natürlich — ich übe jetzt das Einwachsen
mit dem Landballen."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gehört denn das zum Schi-Unterricht?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4982, S. 38
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg