Der Sonntagshut
Von Ralph Arban (Feldw. Urbaneh)
„Einfach skandalös," sagte Fritzi zu ihrem Mann, meinte aber
seinen braunen Lut. „Wenn du mit mir ausgehst, setzt du ihn nicht
mehr auf. Die Krempe ist bereits wellenförmig, das Band speckig.
So du ihn in die Land nimmst, legt dir der nächste einen Groschen
hinein."
„Ich finde, er sieht noch recht gut aus," verteidigte ihn der Mann
Adalbert. „Außerdem kann man nicht immer ohne Lut gehen!"
„Wieso ohne Lut? Kaufe dir einen neuen."
„Einen neuen? meinst du?" rief
Adalbert beschämt und errötete.
„Ich werde mir doch nicht gleich
einen neuen Lut kaufen." Männer
find schon so: sie trennen sich in
gehobener Stimmung, ohne mit
der Wimper zu zucken, von einem
Zwanzig-Mark-Schein, aber sie
erröten hold, sobald sie von der
eigenen Frau aufgefordert wer-
den, sich einen neuen Lut zu
kaufen. Dies kommt wohl daher,
weil ihnen ein neuer erst nach
einem Jahr zu gefallen beginnt,
und zweitens, weil der Lut auch
auf dem Kopf der Frau so heißt
und eine häufige weibliche Ange-
legenheit ist. Würde man Lut
und Lütin sagen —
„Klar,kaufst du dir einen neuen,"
erklärte Fritzi. „Beim Lntmacher
an unserer Straßenecke habe ich
gestern einen ganz besonders ele-
ganten gesehen, so einen feschen
Lut, sage ich dir. Morgen hole
ich dich aus dem Geschäft ab,
dann gehen wir gleich zusammen
hin."
Adalbert war gerührt, steckte
sich am nächsten Tage Geld ein
und ging hin. Mit Fritzi natür-
lich. Wühlte in Lüten, stand vor
dem Spiegel, setzte sich einen nach
dem ander» auf und kam sich
albern und alberner vor. Die
kleine Frau hielt sich im Linter-
grunde. „Das ist er!" erklärte sie
plötzlich und kam mit einem feschen
grauen Lut in der Land zum
Vorschein. Adalbert legtedieNase
158
in Falten, stülpte ihn auf sein Laupt, schüttelte es und sprach:
„Außerdem ist er mir zu klein."
„Das kommt dir nur so vor," behauptete die Frau. „Du siehst
damit aus wie Albers, nur etwas jünger."
„Lm," meinte der Mann geschmeichelt, „was kostet er denn?"
„Sechzehn Mark neunzig," erklärte die Verkäuferin.
„Sechzehn — ?" stöhnte es männlich.
„Für dich kann es schon was Gutes sein," sprach Fritzi, „den
nehmen wir."
Minuten später verließ Adal-
bert gerührt mit Frau und neuem
Lut den Laden. „Meinst du
nicht," so sagte er, „daß es der
alte auch noch getan hätte? Viel-
leicht mit einem neuen Band?"
„Ein neues Band?" antwortete
die Frau. „Kann man immer
noch machen. Aber den alten
setzt du nur wochentags auf!"
So war es. Adalbert trug den
alten Lut während der Woche,
vorläufig noch mit dem gleichen
Band. Und am Sonntag ging
er nicht aus. Einmal allerdings
doch, und zwar ein paar Wochen
später, man war beim Kollegen
Müller eingeladen. Die Frau
stand vor dem Spiegel und machte
sich zurecht. Er ging inzwischen
verloren in der Wohnung umher.
Schließlich öffnete er die Tür zum
Schrank und starrte hinein.
„Suchst du was?" fragte Fritzi.
„Nein," antwortete der Mann,
denn er hatte es vergessen. Nach
einer Weile fiel ihm endlich ein.
Er suchte seinen Sonntagshut.
Er schaute im Vorzimmer nach,
ging zur Kommode und zog eine
Lade nach der andern heraus.
„Suchst du was?" zwitscherte
es neuerdings.
„Doch," kam es zurück, „meinen
neuen Lut!"
„Lahaha —"
„Wieso hahaha?"
„Siehst du nicht?"
„Nein, was soll ich sehen?"
„Ich glaube, ich kann mein Eislaufkostüm doch nicht auf der Straße
tragen, der Nock reagiert auf die leiseste Körperdrehung."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ich glaube, ich kann mein Eislaufkostüm doch nicht auf der Straße tragen..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4992, S. 158
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg