Bescheidene Bitte
„Na gut, Meier, morgen sollen Sie einen Vorschuß
aufs Gehalt haben!"
„Könnte ich auf diesen Vorschuß vielleicht heute schon
einen kleinen Vorschuß kriegen?"
Susi macht ihr Pflichtjahr. Sie ist bei einer sehr netten,
tüchtigen Frau und lernt da sehr viel. Neulich muß ste
auch eine kalte Platte garnieren.
„Aber Susi, Sie haben ja gar keine Petersilie verwendet!"
tadelt die Lausfrau. „Ich habe Ihnen doch letztes Mal
genau gezeigt, wie es gemacht werden soll!"
„Ich weiß schon!" verteidigt sich Susi. „Aber ich Hab
gedacht, das hat keinen Sinn, denn die Petersilie ist doch
nicht gegessen worden!"
Käse
Adele kaufte ihr Abendessen.
Zögernd steht ste zwischen den leckeren Genüssen.
Der Ländler zeigte ein rundes Käselaibchen.
„Vielleicht diesen Frühstückskäse, Fräulein?"
Adele kichert: „O nein — ich brauche ihn zum Abendbrot I"
„Seit einiger Zeit lachst du oft tm Schlaf, Ottokar;
da ist mirs doch lieber, du schnarchst!"
Das heutige Filmarchiv
wenigstens ein Menü zu bestellen." — „Mir genügen aber Suppe
und Brot vollständig," entgegnete der junge Mann mit seinem
freundlichsten Lächeln, „das übrige Menü rieche ich."
„Lerr," bebte der Geschäftsführer, „dann werden Sie
eben für den Geruch bezahlen. Ans ist es gleich, ob Sie
das Menü essen oder nur riechen." And schob wütend ab.
Nach zwei Stunden verlangte Kristensen die Rechnung.
Gefolgt vom Direktor kam der Ober und legte einen Zettel
mit folgender Aufstellung auf den Tisch:
1 mal Suppe mit Brot .... X. v.50
6 Menü gerochen.K. 9.—
K. 9.50
Kristensen las die Rechnung aufmerksam, nickte zustim-
mend, langte in die Brieftasche und entnahm ihr den ein-
zigen Geldschein. „Ich habe aber doch nur an den Menüs
gerochen," meinte er bedauernd.
„Das macht nichts, bei uns kostet dies dasselbe," ant-
wortete der Geschäftsführer und griff nach dem Geldschein.
„Augenblick!" rief Kristensen und hielt dem Direktor die
Banknote flink unter die Nase. „Dann riechen Sie eben an
dem Geld, so — und jetzt sind wir quitt!" Sprachs, steckte
den Schein rasch ein und ging. Allerdings kam er lange
nicht wieder. Ralph Urban.
Gerüche
Auch der dänische Dichter Tom Kristensen litt in seinen
jungen Jahren an Geldmangel. Eines Tages erschien er
in einer der vornehmsten Kopenhagener Gaststätten, setzte
sich an einen schönen Fensterplatz und bestellte Suppe und
Brot. — „And was nachher?" fragte der Ober, nachdem
er die Suppe auf den Tisch gestellt hatte.
„Nichts!" entgegnete Kristensen und lächelte freundlich.
Der Kellner zuckte zusammen und fragte nochmals.
Wieder lächelte der junge Mann und schüttelte dazu das
Laupt. Der Ober tat desgleichen, ging zum Geschäftsführer
und tuschelte mit ihm. Der Direktor zog die Brauen hoch
und meinte schließlich, für diesmal wolle man die Sache
auf sich beruhen lassen.
In den nächsten Tagen wiederholte sich das gleiche Schau-
spiel. Mit den ersten Gästen zum Mittagessen erschien Kri-
stensen, suchte sich den besten Platz aus, bestellte Suppe und
Brot, verzehrte sein frugales Mahl mit Wohlbehagen, blieb
zwei Stunden sitzen, bezahlte dann die paar Oere und ging.
Nach einer Woche riß dem Geschäftsführer die Geduld.
„Mein Lerr," sagte er zu Kristensen, „wir haben hier ein
Luxusrestaurant. Sie verzehren stets nur Suppe und Brot und
nehmen uns den Platz für gute Gäste weg. Ich möchte Sie daher
ersuchen, in Zukunft eine andere Gaststätte zu beehren oder hier
Das einstige Familienalbnm
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„Na gut, Meier, morgen sollen Sie einen Vorschuß
aufs Gehalt haben!"
„Könnte ich auf diesen Vorschuß vielleicht heute schon
einen kleinen Vorschuß kriegen?"
Susi macht ihr Pflichtjahr. Sie ist bei einer sehr netten,
tüchtigen Frau und lernt da sehr viel. Neulich muß ste
auch eine kalte Platte garnieren.
„Aber Susi, Sie haben ja gar keine Petersilie verwendet!"
tadelt die Lausfrau. „Ich habe Ihnen doch letztes Mal
genau gezeigt, wie es gemacht werden soll!"
„Ich weiß schon!" verteidigt sich Susi. „Aber ich Hab
gedacht, das hat keinen Sinn, denn die Petersilie ist doch
nicht gegessen worden!"
Käse
Adele kaufte ihr Abendessen.
Zögernd steht ste zwischen den leckeren Genüssen.
Der Ländler zeigte ein rundes Käselaibchen.
„Vielleicht diesen Frühstückskäse, Fräulein?"
Adele kichert: „O nein — ich brauche ihn zum Abendbrot I"
„Seit einiger Zeit lachst du oft tm Schlaf, Ottokar;
da ist mirs doch lieber, du schnarchst!"
Das heutige Filmarchiv
wenigstens ein Menü zu bestellen." — „Mir genügen aber Suppe
und Brot vollständig," entgegnete der junge Mann mit seinem
freundlichsten Lächeln, „das übrige Menü rieche ich."
„Lerr," bebte der Geschäftsführer, „dann werden Sie
eben für den Geruch bezahlen. Ans ist es gleich, ob Sie
das Menü essen oder nur riechen." And schob wütend ab.
Nach zwei Stunden verlangte Kristensen die Rechnung.
Gefolgt vom Direktor kam der Ober und legte einen Zettel
mit folgender Aufstellung auf den Tisch:
1 mal Suppe mit Brot .... X. v.50
6 Menü gerochen.K. 9.—
K. 9.50
Kristensen las die Rechnung aufmerksam, nickte zustim-
mend, langte in die Brieftasche und entnahm ihr den ein-
zigen Geldschein. „Ich habe aber doch nur an den Menüs
gerochen," meinte er bedauernd.
„Das macht nichts, bei uns kostet dies dasselbe," ant-
wortete der Geschäftsführer und griff nach dem Geldschein.
„Augenblick!" rief Kristensen und hielt dem Direktor die
Banknote flink unter die Nase. „Dann riechen Sie eben an
dem Geld, so — und jetzt sind wir quitt!" Sprachs, steckte
den Schein rasch ein und ging. Allerdings kam er lange
nicht wieder. Ralph Urban.
Gerüche
Auch der dänische Dichter Tom Kristensen litt in seinen
jungen Jahren an Geldmangel. Eines Tages erschien er
in einer der vornehmsten Kopenhagener Gaststätten, setzte
sich an einen schönen Fensterplatz und bestellte Suppe und
Brot. — „And was nachher?" fragte der Ober, nachdem
er die Suppe auf den Tisch gestellt hatte.
„Nichts!" entgegnete Kristensen und lächelte freundlich.
Der Kellner zuckte zusammen und fragte nochmals.
Wieder lächelte der junge Mann und schüttelte dazu das
Laupt. Der Ober tat desgleichen, ging zum Geschäftsführer
und tuschelte mit ihm. Der Direktor zog die Brauen hoch
und meinte schließlich, für diesmal wolle man die Sache
auf sich beruhen lassen.
In den nächsten Tagen wiederholte sich das gleiche Schau-
spiel. Mit den ersten Gästen zum Mittagessen erschien Kri-
stensen, suchte sich den besten Platz aus, bestellte Suppe und
Brot, verzehrte sein frugales Mahl mit Wohlbehagen, blieb
zwei Stunden sitzen, bezahlte dann die paar Oere und ging.
Nach einer Woche riß dem Geschäftsführer die Geduld.
„Mein Lerr," sagte er zu Kristensen, „wir haben hier ein
Luxusrestaurant. Sie verzehren stets nur Suppe und Brot und
nehmen uns den Platz für gute Gäste weg. Ich möchte Sie daher
ersuchen, in Zukunft eine andere Gaststätte zu beehren oder hier
Das einstige Familienalbnm
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Das einstige Familienalbum" "Seit einiger Zeit lachst du oft im Schlaf, Ottokar"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 194.1941, Nr. 4994, S. 183
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg