Em Kavalier „Morgen muß ick mit dem Ochsen in die Stadt. Soll ick dir was
mitbringen, Liese?" — „Ach, wirst doch nichts für mich ausgeben!" — „Nee, nee — —
kannst mir ja das Geld mitgeben."
Das war auf dem Ball der „Larmonie."
Das reizende Fräulein Brigitte, die einzige
Tochter des schwerreichen Konsuls Orlovius,
war umringt von jungen Lerren.
Onkel Kaludrigkeit nickte ihr freundlich zu. „Ja,
ja, Fräuleinchen —-wo Aas is', da sammeln
sich die Geier."
Wenn Onkel Kaludrigkeit hört, daß jemand
einen besonderen Glücksfall erfahren hat. Pflegt
er neidisch zu sagen: „Na ja, das Glück is ein
Rindvieh; es sucht seinesgleichen."
Das hat er aber natürlich nicht gedacht, als
ihm selbst einmal das Glück lächelte. Tatsächlich
— Onkel Kaludrigkeit hat einmal 40000 Mark
in einer Lotterie gewonnen. Das hätte er frei-
lich keinem Menschen verraten, aber es handelte
sich um eine jener früher üblichen Lotterien, die
zu einem einmaligen Zweck, etwa der Restaurie-
rung einer Burg oder etwas Aehnlichem, veran-
staltet wurden, und dabei wurden dann, weil ja
kein ständiger Lotteriebetrieb da war, die Ge-
winne durch eine Bank ausgezahlt. Jener Bank-
kassierer aber, der das in diesem Falle getan
hatte, ging später einmal auf der Strandprome-
nade in Cranz mit jemand spazieren, der Ka-
ludrigkeit gut kannte. Der kam zufällig vorüber;
der Bankkassierer erkannte den Gewinner wieder
und erzählte dann, was er mit ihm erlebt hatte.
Onkel Kaludrigkeit war also nach Königsberg
gefahren, um den Gewinn abzuheben. Er hatte gut
geschlafen, tüchtig gefrühstückt und sich dann eine
dicke Zigarre angesteckt, die er auf dem Wege zur
Bank zu drei Vierteln rauchte. Den Stummel
legte er dann in einen an der Kasse bereitstehen-
den Aschbecher. Er präsentierte sein Los, bekam
40 Tausendmarkscheine und zog dann ab, wohl doch
mit etwas bewegtem Gemüt.
Nach zehn Minuten kam er wieder angeftürzt,
mit allen Zeichen großer Besorgnis. „Ist Ihnen
was mit dem Gelds passiert?" fragte der Kassierer.
„Ach wo!" brüllte Onkel Kaludrigkeit. „Aber
der Aschbecher da is wohl inzwischen ausgekippt
worden. So 'ne Schweinerei! Ich habe da näm-
lich meine Zigarre liegen gelassen."
Onkel Kaludrigkeit
Ja, der Schwager Otto hat verschiedene Schnäpse. Er
schenkt einen Benediktiner ei». Onkel Kaludrigkeit beanstandet
die Kleinheit des Gläschens und knüpft daran den landes-
üblichen Rat, einen Bindfaden an das Schnapsglas zu binden,
damit man es beim Kippen nicht hinunterschlucke. Denn er
ist gewöhnt, einen Schnaps zu kippen; er würde es für ein
allzu geziertes Benehmen halten, ihn in kleinen Schlückchen
zu schlürfen.
Onkel Kaludrigkeit kippt also den Benediktiner. „Is' nischt!
Labbriges Zeug! Last du nichts strammeres da?"
Der Schwager Otto schenkt einen Kurfürstlichen ein. Onkel
Kaludrigkeit kippt. „Is schon besser, aber immer noch nich'
das Richtige."
Der Schwager Otto schenkt einen Pomeranzen ein. Onkel
Kaludrigkeit kippt. „Viel zu süß! Jetzt is mir noch flauer im
Magen." — Der Schwager Otto schenkt einen Cordial ein.
Onkel Kaludrigkeit kippt. „Mensch, das is was für
Damens!"
Der Schwager Otto hat noch Goldwasser. Aber Onkel
Kaludrigkeit wehrt ab. „Nee, laß' man I Ich brauch' was
starkes. Kannst du nich' fix mal 'nen ordentlichen Machandel
holen lassen?"
Lübsche junge Mädchen sieht Onkel Kaludrigkeit gern.
Dann schwingt er sich sogar zu Bemerkungen auf, die er für
liebenswürdige Komplimente hält.
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mitbringen, Liese?" — „Ach, wirst doch nichts für mich ausgeben!" — „Nee, nee — —
kannst mir ja das Geld mitgeben."
Das war auf dem Ball der „Larmonie."
Das reizende Fräulein Brigitte, die einzige
Tochter des schwerreichen Konsuls Orlovius,
war umringt von jungen Lerren.
Onkel Kaludrigkeit nickte ihr freundlich zu. „Ja,
ja, Fräuleinchen —-wo Aas is', da sammeln
sich die Geier."
Wenn Onkel Kaludrigkeit hört, daß jemand
einen besonderen Glücksfall erfahren hat. Pflegt
er neidisch zu sagen: „Na ja, das Glück is ein
Rindvieh; es sucht seinesgleichen."
Das hat er aber natürlich nicht gedacht, als
ihm selbst einmal das Glück lächelte. Tatsächlich
— Onkel Kaludrigkeit hat einmal 40000 Mark
in einer Lotterie gewonnen. Das hätte er frei-
lich keinem Menschen verraten, aber es handelte
sich um eine jener früher üblichen Lotterien, die
zu einem einmaligen Zweck, etwa der Restaurie-
rung einer Burg oder etwas Aehnlichem, veran-
staltet wurden, und dabei wurden dann, weil ja
kein ständiger Lotteriebetrieb da war, die Ge-
winne durch eine Bank ausgezahlt. Jener Bank-
kassierer aber, der das in diesem Falle getan
hatte, ging später einmal auf der Strandprome-
nade in Cranz mit jemand spazieren, der Ka-
ludrigkeit gut kannte. Der kam zufällig vorüber;
der Bankkassierer erkannte den Gewinner wieder
und erzählte dann, was er mit ihm erlebt hatte.
Onkel Kaludrigkeit war also nach Königsberg
gefahren, um den Gewinn abzuheben. Er hatte gut
geschlafen, tüchtig gefrühstückt und sich dann eine
dicke Zigarre angesteckt, die er auf dem Wege zur
Bank zu drei Vierteln rauchte. Den Stummel
legte er dann in einen an der Kasse bereitstehen-
den Aschbecher. Er präsentierte sein Los, bekam
40 Tausendmarkscheine und zog dann ab, wohl doch
mit etwas bewegtem Gemüt.
Nach zehn Minuten kam er wieder angeftürzt,
mit allen Zeichen großer Besorgnis. „Ist Ihnen
was mit dem Gelds passiert?" fragte der Kassierer.
„Ach wo!" brüllte Onkel Kaludrigkeit. „Aber
der Aschbecher da is wohl inzwischen ausgekippt
worden. So 'ne Schweinerei! Ich habe da näm-
lich meine Zigarre liegen gelassen."
Onkel Kaludrigkeit
Ja, der Schwager Otto hat verschiedene Schnäpse. Er
schenkt einen Benediktiner ei». Onkel Kaludrigkeit beanstandet
die Kleinheit des Gläschens und knüpft daran den landes-
üblichen Rat, einen Bindfaden an das Schnapsglas zu binden,
damit man es beim Kippen nicht hinunterschlucke. Denn er
ist gewöhnt, einen Schnaps zu kippen; er würde es für ein
allzu geziertes Benehmen halten, ihn in kleinen Schlückchen
zu schlürfen.
Onkel Kaludrigkeit kippt also den Benediktiner. „Is' nischt!
Labbriges Zeug! Last du nichts strammeres da?"
Der Schwager Otto schenkt einen Kurfürstlichen ein. Onkel
Kaludrigkeit kippt. „Is schon besser, aber immer noch nich'
das Richtige."
Der Schwager Otto schenkt einen Pomeranzen ein. Onkel
Kaludrigkeit kippt. „Viel zu süß! Jetzt is mir noch flauer im
Magen." — Der Schwager Otto schenkt einen Cordial ein.
Onkel Kaludrigkeit kippt. „Mensch, das is was für
Damens!"
Der Schwager Otto hat noch Goldwasser. Aber Onkel
Kaludrigkeit wehrt ab. „Nee, laß' man I Ich brauch' was
starkes. Kannst du nich' fix mal 'nen ordentlichen Machandel
holen lassen?"
Lübsche junge Mädchen sieht Onkel Kaludrigkeit gern.
Dann schwingt er sich sogar zu Bemerkungen auf, die er für
liebenswürdige Komplimente hält.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Kavalier" "O mei..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5008, S. 54
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg