Der rettende Engel
Von Jo LannS RSrler
Als ich sie aus der Straßenbahn aussteigen sah —
Daß es ein so schönes Mädchen überhaupt gibt!
Ich ging auf sie zu und sagte es ihr sogleich.
Sie sah mich an, lächelte und antwortete:
„Warum nicht? Wohin gehen wir?"
„Ein wenig spazieren? In den Stadtpark?"
„Einverstanden."
Die Vögel sangen noch nie so schön wie in dieser Stunde.
Die Blumen blühten noch nie so reich wie an diesem Tag.
Noch nie stand eine Bank so freundlich wie unter diesem Baum.
„Wollen wir uns setzen?" fragte ich.
„Wenn Sie mir versprechen, mich nicht zu küssen."
„Ich schwöre alles, was Sie wollen."
„So verliebt in mich?"
„So grenzenlos verliebt!"
Wir setzten uns. Ich nahm ihre Land in die meine.
„Wie heißen Sie?" fragte ich.
„Monika." - „And?" —
„Sie wollen mir Ihren
Namen nicht nennen?"
„Wozu?"
„Aber wenigstens, wo Sie
wohnen?"
„Auch das nicht."
„And wie sehen wir uns
dann wieder?"
„Jeden Donnerstag. Im-
mer halb fünf Ahr. Auf dieser
Bank."
Am nächsten Donnerstag
schien die Sonne. Ich hätte
auch die Wolken mit eigener
Land beiseite geschoben, und
wenn ich tausend Leitern hätte
in den Limmel legen müssen.
Ich wartete auf der Bank im
Park. Wie ein Glöckerl auf
die Minute kam Monika.
„Endlich, Monika!"
„Wieso? Bin ich nicht
pünktlich?"
„Es war nur ein Sehn-
suchtsseufzer." — „So tief?"
„Meine Sehnsucht ist noch
tiefer! And meine Angst, dich
zu verlieren — sag, wie du
heißt! Sag, wo du wohnst!"
130
„Niemals, Johannes!"
„Aber wenn es geregnet hätte — wärst du dann auch ge-
kommen ?"
Monika schüttelte den Kopf. „Nein. Dann hätte ich es als einen
Einspruch des Limmels gegen unsere Liebe empfunden."
Ich bin zwar gern für überirdische Dinge in der Liebe, aber mit
den Füßen muß man auf der Erde stehen. Erhob der Limmel heute
keinen Einspruch, morgen konnte es geschehen, denn eine Schönwetter-
periode hält nicht ewig. Gottseidank, am nächsten Donnerstag klärte
ssch der Limmel noch rechtzeitig aus. Monika erschien.
„Monika! Leißgeliebte! In meine Arme."
„Warum heute so stürmisch, Johannes?"
„Laß dich küssen! Deinen Mund! Deinen Lals! Deine Schultern!"
„Johannes? Was tust du?"
„Was ich muß, Monika! Ich liebe dich!"
In dieser Minute kam ein Schutzmann aus dem Gebüsch. Er
nahm Aergernis. „Ihren Namen!"
Ich gab ihm, was er verlangte. Dann wandte er sich an Monika.
„Sie heißen, Fräulein?"
„Monika —"
„Weiter?"
„Muß ich es sagen?"
„Ich habe das Recht, Sie
zu zwingen."
„Monika Wendel."
„Sie wohnen?"
„Goethesteig achtzehn."
Der Schutzmann klappte
das Buch zu und ging seiner
Wege.
Monika sah mich lange an.
„Jetzt weißt du, wie ich
heiße," sagte sie dann.
„Ich bin so froh darüber!"
„Jetzt hast du keine Aus-
rede mehr."
„Welche Ausrede?"
„Mich zu heiraten," sagte
Monika. „Sieh, eines Tages
wärst du nicht zu unserer Bank
gekommen, ich hätte aus dich
gewartet, ach, wohl viele Stun-
den! Dann wäre ich heimge-
gangen, und mein Lerz wäre
nicht traurig gewesen, denn
ich hätte mir vorgestellt, dich
hinderte dein Beruf oder ein
„Kein und. Nur Monika.
„Wenn das Tier aber doch einmal böse wird und mit seinem Geweih
zustößt! Ich Hab' Angst, August!"
„Pah, für den Schaden muß der Gastwirt auskommen."
Von Jo LannS RSrler
Als ich sie aus der Straßenbahn aussteigen sah —
Daß es ein so schönes Mädchen überhaupt gibt!
Ich ging auf sie zu und sagte es ihr sogleich.
Sie sah mich an, lächelte und antwortete:
„Warum nicht? Wohin gehen wir?"
„Ein wenig spazieren? In den Stadtpark?"
„Einverstanden."
Die Vögel sangen noch nie so schön wie in dieser Stunde.
Die Blumen blühten noch nie so reich wie an diesem Tag.
Noch nie stand eine Bank so freundlich wie unter diesem Baum.
„Wollen wir uns setzen?" fragte ich.
„Wenn Sie mir versprechen, mich nicht zu küssen."
„Ich schwöre alles, was Sie wollen."
„So verliebt in mich?"
„So grenzenlos verliebt!"
Wir setzten uns. Ich nahm ihre Land in die meine.
„Wie heißen Sie?" fragte ich.
„Monika." - „And?" —
„Sie wollen mir Ihren
Namen nicht nennen?"
„Wozu?"
„Aber wenigstens, wo Sie
wohnen?"
„Auch das nicht."
„And wie sehen wir uns
dann wieder?"
„Jeden Donnerstag. Im-
mer halb fünf Ahr. Auf dieser
Bank."
Am nächsten Donnerstag
schien die Sonne. Ich hätte
auch die Wolken mit eigener
Land beiseite geschoben, und
wenn ich tausend Leitern hätte
in den Limmel legen müssen.
Ich wartete auf der Bank im
Park. Wie ein Glöckerl auf
die Minute kam Monika.
„Endlich, Monika!"
„Wieso? Bin ich nicht
pünktlich?"
„Es war nur ein Sehn-
suchtsseufzer." — „So tief?"
„Meine Sehnsucht ist noch
tiefer! And meine Angst, dich
zu verlieren — sag, wie du
heißt! Sag, wo du wohnst!"
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„Niemals, Johannes!"
„Aber wenn es geregnet hätte — wärst du dann auch ge-
kommen ?"
Monika schüttelte den Kopf. „Nein. Dann hätte ich es als einen
Einspruch des Limmels gegen unsere Liebe empfunden."
Ich bin zwar gern für überirdische Dinge in der Liebe, aber mit
den Füßen muß man auf der Erde stehen. Erhob der Limmel heute
keinen Einspruch, morgen konnte es geschehen, denn eine Schönwetter-
periode hält nicht ewig. Gottseidank, am nächsten Donnerstag klärte
ssch der Limmel noch rechtzeitig aus. Monika erschien.
„Monika! Leißgeliebte! In meine Arme."
„Warum heute so stürmisch, Johannes?"
„Laß dich küssen! Deinen Mund! Deinen Lals! Deine Schultern!"
„Johannes? Was tust du?"
„Was ich muß, Monika! Ich liebe dich!"
In dieser Minute kam ein Schutzmann aus dem Gebüsch. Er
nahm Aergernis. „Ihren Namen!"
Ich gab ihm, was er verlangte. Dann wandte er sich an Monika.
„Sie heißen, Fräulein?"
„Monika —"
„Weiter?"
„Muß ich es sagen?"
„Ich habe das Recht, Sie
zu zwingen."
„Monika Wendel."
„Sie wohnen?"
„Goethesteig achtzehn."
Der Schutzmann klappte
das Buch zu und ging seiner
Wege.
Monika sah mich lange an.
„Jetzt weißt du, wie ich
heiße," sagte sie dann.
„Ich bin so froh darüber!"
„Jetzt hast du keine Aus-
rede mehr."
„Welche Ausrede?"
„Mich zu heiraten," sagte
Monika. „Sieh, eines Tages
wärst du nicht zu unserer Bank
gekommen, ich hätte aus dich
gewartet, ach, wohl viele Stun-
den! Dann wäre ich heimge-
gangen, und mein Lerz wäre
nicht traurig gewesen, denn
ich hätte mir vorgestellt, dich
hinderte dein Beruf oder ein
„Kein und. Nur Monika.
„Wenn das Tier aber doch einmal böse wird und mit seinem Geweih
zustößt! Ich Hab' Angst, August!"
„Pah, für den Schaden muß der Gastwirt auskommen."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Wenn das Tier aber doch einmal böse wird..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5013, S. 130
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg