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Griechische Insel

DaS schwere Rätsel

„Ja, aber wer sind die vier Brüder, die einander greifen und
doch nicht kriegen?" seufzt der Konsul Cornelius. „Ich habe an die
vier Beine eines laufenden Vierfüßlers gedacht, aber das paßt nicht,
denn da laufen ja nur die Linterbeine den Vorderbeinen nach. Und
schließlich kann jeder Vierfüßler, wenn er mit Laufen aufhört und
sich hinlegt, die vier Beine zusammenbringen. Dieses verdammte
Rätsel! Ich habe Iehann zehn Mark für die Lösung geboten, aber
er war nicht dafür zu haben. Morgen will ich abfahren, und nun
weiß ich, daß mir der Blödsinn den ganzen Winter hindurch immer
wieder einfallen und mich quälen wird."

Ella Cornelius, das muntere Töchkerchen, hat mit dem neben ihr
sitzenden Referendar Eichmann geflüstert. Seit drei Tagen duzen
die beiden einander, wenn sie allein sind, und niemand das hören
kann. Jetzt meldet sich Ella: „Du, Papa — wenn wir noch acht Tage
bleiben, bringe ich dir die Lösung."

Der Konsul wehrt ab. „Nee, mein Kind, darauf lasse ich mich
nicht ein. Dann hocken wir hier noch acht Tage, und am Ende er-
klärst du: Tut mir leid, ich hab's doch nicht herausgebracht."

„Nein, Papa, heute noch bringe ich dir die Lösung. Ich werde
sie dem Iehann ablisten."

Der Konsul lacht. „Darauf fällt Iehann nicht 'rein. Aber
versuche dein Glück. Wenn's dir gelingt — schön, dann gebe ich
acht Tage zu." Aebrigens möchte er selbst ganz gern länger
bleiben, nur will er sich beit einmal angekündigten Entschluß ab-
handeln lassen. —

Als Konsul Cornelius sich zum Miltagsschlaf hingelegt hat, treffen
Ella und der Referendar einander. „Jetzt bin ich aber neugierig,
Laus," sagt Ella. „Nun zeige deine Kunst, wie du Iehann hinein-
legen kannst."

„Einfachste Sache der Welt. Gehen wir gleich zu ihm! Jetzt nach
dem Essen wird er ein bißchen duselig sein und nicht merken, worauf
ich es abgesehen habe."

Iehann sitzt draußen auf der Weide und schaut schläfrig auf
seine Kühe. Der Referendar reicht ihm einen Groschen und bittet:
„Blasen Sie mal, Iehann!"

Iehann quäkt wild auf seinem Kuhhorn.

„Jetzt für mich, Iehann!" bittet Ella und zahlt den Groschen.

Iehann dudelt etwas sanfter.

„Das war fein, Iehann," lobt der Referendar. „Aber nun mal
was anderes. Sie wissen doch so schöne Rätsel."

„Sall eck Sei eens upgewen, junger Lerr?"

„Nee, Iehann, das lassen Sie man! Ich bringe doch nichts heraus.
Aber ich weiß selber ein paar hübsche Rätsel. Für jedes, das Sie
herausbringen, kriegen Sie 50 Pfennig."

Iehann bekommt gierige Augen. „Na, man toi"

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Der Referendar bemüht sich, Platt zu sprechen. „Also los:
Twei kieken up den Weg,

Twei wiesen up den Weg,

Vier gohn den Weg,

Ein bammelt hintendran."

Iehann kennt das Rätsel. Er zeigt auf das weidende Rindvieh.
„Dat is 'ne Kauh: de Oogen kieken up den Weg, de Lörner wiesen
up den Weg, vier Been gohn den Weg, und achtern bammelt noch
der Zagel."

„Alle Achtung!" Der Referendar reicht Iehann ein Fünfzig-
Pfennigstück. „Jetzt noch eins: Steh ich vor dir, verzehre mich; stehst
du vor mir, verteid'ge dich!"

Iehann überlegt. Er quält sich, er kratzt sich den Kopf, dann muß
er zugestehn: „Dat weit eck nich."

„Gericht, Iehann! Das Gericht verzehrt man, und vor dem Ge-
richt muß man sich verteidigen."

Iehann ist unzufrieden. „Dat is Quatsch! Eck segg doch nich:
dat Gericht steiht vör mi. Eck segg: dat Eeten steiht vör mi."

„Na gut, dann noch ein Rätsel. Aber ein sehr schweres. Wenn
Sie das herausbringen, dann sollen Sie sogar eine Mark kriegen.
Passen Sie auf, Iehann:

Vier Brüder sind es, die sich greifen wollen
And doch im Leben niemals greifen sollen."

Iehann lacht höhnisch; er triumphiert: „Dat is 'ne Windmühl
mit ehre vier Flügels, junger Lerr."

Der Referendar Eichmann zahlt mit dem größten Vergnügen
eine Mark. „Sie sind ein feiner Kopf, Iehann. Aber weiter weiß
ich keine Rätsel mehr." —

Konsul Cornelius, der seinen Mittagsschlaf nicht ordentlich ge-
nossen hat, weil er noch an das verdammte Rätsel gedacht hat,
fühlt sich befreit, als ihm Ella die Lösung mitteilt, und gibt die
versprochenen acht Tage zu. Aber bei dem auffallend herzlichen und
auch bekümmerten Abschied merkt er doch etwas. „Za, mein lieber
Lerr Referendar," meint er, „das will denn doch sehr gründlich
überlegt sein. Aber Sie dürfen uns mal besuchen."

Wie die Alten summen. . .

„Der Onkel hat dir fünf Pfennige geschenkt! Wie sagt man da?"

„Alter Knicker!"

Die Heiratslustige

„Als wir uns zum erstenmal begegneten, Fräulein Dora, sagte
ich mir gleich: ,Die oder keine!' And Sie?"

„Der oder 'n anderer!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Griechische Insel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5014, S. 148

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