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„Als Komponist bin ich Ihrem Unternehmen sehr verpflichtet, Lerr Bahnrot -
der Rhythmus des fahrenden Zuges hat mir schon manch gute Melodie eingegeben!

flreundUches Entgegenkommen

„Zum Bahnhof? O, da gehen Sie nur diesen Waldweg weiter,
und wenn Sie aus dem Walde heraus sind, kommen Sie an eine
Wiese, und da sehen Sie schon auf der andern Seite den Bahnhof.
Aber eigentlich müßten Sie um die ganze Wiese herumgehen, und
dann würden Sie den Zug kaum mehr kriegen."

„O weh! Es ist aber heute der letzte Zug."

„Ja ja! Wissen Sie was: die Wiese gehört mir; ich erlaube
Ihnen, darüber zu gehen. Lier haben Sie 5 Mark! Sollten
Sie, was ich aber nicht glaube, das Geld doch nicht notig haben,
dann deponiere» Sie es beim Bahnhofswirt für mich; ich bin
der Gutsbesitzer Leppke. Im andern Fall kriege ich es ohnehin
zurück."

„Sehr liebenswürdig, Lerr Leppke, daß Sie mir erlauben, über
die Wiese zu gehen. Aber ich verstehe nicht, warum ich die 5 Mark

„Ja, über die Wiese wird mir sonst zu viel gelaufen. And des-
halb habe ich da einen Wächter ausgestellt, der jeden, der die Wiese
betritt, ein bißchen energisch behandelt. Aber wer 5 Mark bezahlt,
kommt gewöhnlich ohne Prügel weg."

Der Schneider

Ich habe seil Jahren einen kleinen Schneider. Er ist fleißig und
tüchtig, nur auf sich selber achtet er nicht. Jetzt läuft er schon seit
zwei Jahren mit der gleichen fleckigen und speckigen und zerrissenen
Lose herum.

„So zerrissen kann man doch nicht gehen, Meister," sagte ich. Er
blickte mich freundlich an: „Zeit ist Geld, Lerr! Ich habe so viel
bezahlte Arbeit daheim liegen, Lerr! Für mich bleibt keine Stunde
übrig." — Ich zog meine Börse.

„Liier haben Sie fünf Mark, dafür nähen und putzen und bügeln
Sie sich Ihre Lose!"

„Vielen Dank!" sagte mein Schneider zufrieden und ging.

Als er wieder zu mir kam, trug er die alte Lose.

„Das ist unerhört!" rief ich, „wozu habe ich Ihnen denn dann
die fünf Mark gegeben?"

Er seufzte: „Ich habe mir die Lose daraufhin einmal genau an-
gesehen — für fünf Mark kann ich die Arbeit beim besten Willen
nicht übernehmen."

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Generalprobe:

Schweinebraten und Krautsalat

Von Ralph Urban lOberfeldw. Urbanetzi

„Eine Frau," pflegte Lerr Lindwein zu sagen,
„die muß ein Lerz haben. Man erkennt es am
Schweinebraten. Aber bis jetzt konnte ich keine
Frau mit Lerz finden."

Jeder Mann und jedermann reitet ein Stecken-
pferd. Einer kegelt, ein anderer schreibt Gedichte
oder Liebesbriefe, ein dritter liebt-en Steinhäger,
ein vierter Larzer Edclroller usw. Lerr Lindwein
hingegen vertrat nur eine Leidenschaft: gut essen.
Wenn er in der Nacht einmal munter wurde,
dann freute er sich auf das Frühstück; nach dem
Frühstück freute er sich auf das Mittagessen und
von da ab auf das Abendbrot. Auf letztgenanntes
besonders. Denn dem konnte man sich nach des
Tages Mühen ungestört hingeben. Dann ging
man mit Ruhe von einer Gaststätte zur andern,
studierte die Speisekarten und traf nach reichlicher
Erwägung seine Wahl. Latte man einmal eine
gute Küche gefunden, dann kam man wieder.
Schmeckte es einem nicht mehr, so wechselte man
eben. Ist man aber erst einmal verheiratet, geht
es nicht mehr so einfach. Aus solchen Erwägungen
heraus war Lindwein Junggeselle geblieben, ohne daß man ihm den
Vorwurf machen konnte, diesbezüglich Müßiggänger gewesen zu sein.
Auch er zählte zu jenen Menschen, die das Leben kannten, die Liebe und
das Leid. Mit Minna war er ein halbes Jahr gegangen, mit Lisa fast
zehn Monate. Nach dieser Enttäuschung versagte Lisa knapp vor der
Verlobung bei der Generalprobe: Die Schwarte der von ihr gebratenen
Schweinsschulter war nicht zum Beißen gewesen und zog sich wie
Gummi. Aus — hinweg mit solch verständnisloser Seele!

„Schönheit allein macht nur dann glücklich, wenn, sie auch kochen
kann," pflegte daher Lerr Lindwein zu denken, wenn er künftighin
ein weibliches Wesen mit Männeraugen betrachtete. Selbst hatte
er eine gute Stellung und sah außer seinem etwas hervorspringenden
Amsang recht gut aus. Lingegen hatte Fräulein Keim, die zweite
Buchhalterin, eine hervorspringende Nase und einen sehr modernen
fleischlosen Körperbau, für den Lerr Lindwein eigentlich wenig
schwärmte. Da man aber nie wissen kann, fragte dennoch Lindwein
einmal: „Kochen Sie eigentlich auch, Fräulein Keim?"

„Za, — und wie," war die Antwort gewesen. Seither hatte Lerr
Lindwein sie ein paarmal ins Kino mitgenommen und auch sonst
Eindrücke von ihr gesammelt.

„Lerr Lindwein," sprach daher eines Tages das Mädchen Adele
Keim, „am Sonntag gibt es bei uns Schweinebraten mit Krautsalat.
Wenn Sie mir Ihre Marken geben und mithalten wollen, dann sind
Sie höflichst eingeladen."

„Es wird mir eine Ehre sein," versicherte er. Als mit Enttäuschungen
herangereifter Mann machte er sich allerdings auf allerhand gefaßt.
Adele Keim war als Lalbwaise mutterlos. Also würde sie selber
kochen. Also würde auch sie bei der Generalprobe als Buchhalterin
durchfallen. Niemand kann Schweinebraten mit Krautsalat richtig
Herstellen. Schon gar nicht eine überschlanke Buchhalterin.

Am Sonntag erschien Lerr Lindwein so gegen zwölf. Mit einer
neckischen Schürze öffnete ihm Adele. Setzte ihn ins Zimmer, drückte
ihm ein Buch in die Land und entschwand. Nach einer Weile tauchte
flüchtig der Vater, Lerr Keim, auf. Ländeschütteln, dann ging er
wieder. Durch die Wohnung schlich ein wonniger Geruch.

Bald kam Lerr Keim, bald sein Töchterlein mit der Suppe. Sie
war nicht schlecht, die Suppe. Der darauffolgende Schweinebraten
aber war ein Gedicht: knusprig, mit einem leisen Geruch von Knob-
lauch und gerade dem richtigen Schuß Kümmel. And der Saft. So
ein Saft! Keine Tunke im üblichen Sinn, sondern Kraft mit Saft.
Lerr Lindwein bekam eine Gänsehaut vor Vergnügen und wurde
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Als Komponist bin ich Ihrem Unternehmen sehr verpflichtet..."
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1941
Entstehungsdatum (normiert)
1936 - 1946
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 195.1941, Nr. 5020, S. 246

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