Fliegende Blätter (196.1942 (Nr. 5031-5056) = 98. Jahrg.)

„Nitschewo, ich will meine Ruhe haben, ich werd wieder Bankräuber!"

Herr Bohlin bedauert.....

Von Ralph Lrban

„Papachen," sagte Fräulein Astrid nach dem Frühstück zu ihrem
Vater, „er heißt Niels Bohlin und kann nicht leben ohne mich. Ich
glaube, auch ich liebe ihn."

„Mit Ausnahme von seinem Namen vergeht das alles in ein
paar Monaten, liebes Kind," meinte der alte Bergstrom. „Was
ist er?"

„Er macht wunderbare Gedichte, Pa."

„Owehowch - und da will er also in eine Million einheiraten?"

„Eben nicht, Pa. Er weiß nicht meinen Namen und nicht, daß
ich deine Tochter und so eines der reichsten Mädchen bin. Er glaubt,
ich wäre arm, und liebt mich um meiner selbst willen. Er erwartet mich
immer, wenn ich in die Gyinnastikschule gehe, und schreibt mir post-
lagernd. Ich sage dir dies alles, Pa, weil du mein Freund bist, und
damit du ihn dir ansiehst und bei uns einführst, bevor ich Dumm-
heiten mache —"

„Lm," knurrte der Vater, den» die Geschichte nicht besonders ge-
fiel, „ich will Erkundigungen über den jungen Mann einziehen. Gib
mir die Adresse." Erst am Nachmittag kam der Bankpräsident
Bergstrom dazu, die Angelegenheit zu ordnen, indem er nach kurzem
Nachdenken sich entschloß, die Sache selbst in die Land zu nehmen.
Er ließ sich ein paar Tausender bringen und begab sich dann zu
seinem Wagen. Er war um jeden Preis gewillt, den jungen Mann
zu einem längeren Ausländsaufenthalt zu veranlassen.

Der Chauffeur hielt vor einem, nicht sehr freundlichen Laus in
der Lafengegend. Lerr Bergstrom keuchte vier Treppen hoch.

4

„Wohnt hier ein Lerr Bohlin?" fragte er dann die nette Frau,
die ihm öffnete. „Ich möchte ihn sprechen."

„Ja, er hat bei mir ein Zimmer gemietet. Augenblick—" Die
Frau verschwand, kam aber gleich wieder. „Lerr Bohlin bedauert,"
so sagte sie, „aber er arbeitet jetzt, und da empfängt er niemanden."

„Geben Sie ihm meine Karte," meinte der Präsident lächelnd,
„dann wird er mich schon empfangen. Er soll sie nur aufnierksam
lesen —" Den Namen des mächtigen Finanzmannes kannte jedes
Kind. Dennoch kehrte die Fra» gleich wieder und sprach: „Lerr
Bohlin hat Ihre Karte aufmerksam gelesen, bedauert aber trotzdem.
Sie nicht empfangen zu können—"

Lerr Bergstrom griff mit der einen Land ans den Kopf und
mit der andern unter das Kinn, um so mit Gewalt seine» offen-
stehenden Mund zu schließen, und stieg dann langsam die Treppe
hinab. Aehnliches war ihm einzigmalig vor zwanzig Jahren passiert,
und zwar bei einem Minister. Seither allerdings pflegten auch Könige
ihm bis zum Tor ihrer Paläste entgegenzutomme». Entweder war
der junge Mann verrückt oder von eigener und seltener Charakter-
vcranlagung. Ein solch ansgefallener Mensch konnte aber vielleicht
gerade Astrid gefährlich werden. Der Präsident verfaßte daher noch
zur gleichen Stunde ein Landschreiben an den junge» Mann, in dem
er sich als Vater der Angebeteten vorstellte und um seinen Besuch bat.

Am nächsten Vormittag betrat Bohlin das Arbeitszimmer des
Gewaltigen. Der junge Mann war sehr einfach, aber nett gekleidet
und machte einen gewinnenden Eindruck. „Verzeihung wegen gestern,"