Fliegende Blätter (196.1942 (Nr. 5031-5056) = 98. Jahrg.)

Weine «hr,»U

In den Vereinigten Staaten ist in den Jahren nach Auf-
hebung der Prohibition die Branntweinherstellung derart über-
steigert worden, daß die jetzt vorhandenen Lager das Fünffache
eines Jahresverbrauchs ausmachen.

Die Amerikaner werden das jetzt wohl auch nötig haben.
An Erfolgen allein werden sie sich nicht berauschen können.

Der amerikanische Kriegsminister Stimson hat erklärt:
„Wenn auch die Vereinigten Staaten sich jetzt im Kriege be-
finden, so bedeutet das doch nicht ein Ende der Pacht- und
Leihhilfe an die Verbündeten; allerdings müssen die Ver-
schiffungen zunächst völlig eingestellt werden/'

Man bedauert jetzt hier und dort, daß man das Eintreten
der USA in den Krieg so lebhaft gewünscht hat.

Roosevelt hat angeordnet, daß Strafgefangene, auch Zucht-
häusler, ja sogar zum Tode verurteilte Verbrecher begnadigt
werden sollen, wenn sie sich bereit erklären, Kriegsdienst zu
leisten.

Die amerikanische Armee darf es nicht übelnehmen, daß sie
Verbrecher aufnehmen soll. Sie steht ja sogar im Dienste
eines Verbrechers.

Zur Verstärkung der britischen Truppen in Singapur hat
die Negierung von Niederländisch-Indien Soldaten geschickt.
Dazu hat der bekannte Londoner Kommentator Annalist ge-
schrieben: „Es ist wie in der Fabel —.die Maus hilft dem
Löwen."

Annalist scheint die Fabel nicht genau zu kennen. Da zer-
knabbert nämlich die Maus das Netz, in dem der Löwe gefangen
ist. Lier aber ist die Maus zum Löwen in das Netz hinein-
geschlüpft.

„Bringen Sie den Brief zum ,Morning Correspondent', Kitty! Ich habe
da einen Artikel geschrieben, daß jetzt jede Frau in den Vereinigten
Staaten für den Krieg arbeiten muß."

„Ach, Mistreß, dann soll ich wohl entlaffen werden?"

„Unsinn, Kitty-ich brauche natürlich Bedienung."

Unnötige Untersuchung

Ergrimmt hat Roosevelt erklärt:
„Wie konnte uns das denn passieren?
Wie durfte uns der Feind so schnell
Die besten Schiffe ruinieren?

Wie konnte er uns ungehemmt
Bereits so viele Plätze nehmen?
Wir sind die mächtigste Nation
Und ließen uns doch derart lähmen!

Ein Land von unsern Mitteln darf
Das Kriegsglück doch nicht derart
fliehen.

Wer ist verantwortlich dafür?

Wer ist zur Rechenschaft zu ziehen?

Man untersuche ganz genau:

Wer hat bei seiner Pflicht geschlafen ?
Die Leute kriege man heraus,

Um sie gebührend zu bestrafen.”

So grollt nun dieser Präsident.

Es läßt sich dabei nicht bestreiten,
Daß wirklich die United States
Geraten in Verlegenheiten,

Ob welcher die Bevölkerung
Mit allem Rechte sehr empört ist^
Sie findet, daß für USA
Doch die Blamage unerhört ist.

Ja, wer ist schuld? Wem hat das Land
Die Schwierigkeiten zu verdanken?

Da braucht man wohl zu fragen nicht
Hört man den Präsidenten zanken,
So denkt man jenes Diebes gleich,

Der, die Verfolger schlau zu täuschen,
Ganz einfach zu dem Mittel greift,
Auch selber „Halt den Dieb!" zu
kreischen.

„Tröste dich, mein Liebling, du kriegst ja nicht allein
Liebe, Freund Churchill erhält ja auch welche!"

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