Mutter Erde in der Frühlingskur
Das Lichtbild
Blaffer kommt zum Vetter Cornelius. „Du
hast doch ein altes Album mit Familienphoto-
graphien; deine Mutter hat ja Bilder aus der
ganzen Verwandtschaft gesammelt. Ist dabei
vielleicht auch ein Bild aus meinen ersten Jahren?
Ich habe nämlich leider keins."
„Wollen mal Nachsehen!" meint der Vetter
Cornelius. Richtig — da findet sich ein Kinder-
bildchen, das Blaffer in einer schöneren Zeit
seines Lebens darstellt. Zwar ist keine Aehnlich-
keit mehr zu entdecken, aber auf der Rückseite
des Bildes ist vermerkt, daß es den Knaben
Blaffer zeige. Zwei Jahre alt mag er damals
gewesen sein; er trägt noch kein männliches Ge-
wand, sondern ein Flügelkleidchen, und eines
seiner Patschhändchen ruht liebkosend auf dem
Kops eines mächtigen Bernhardiners, dem man
aber ansieht, daß er nur aus Gips gebildet ist —
als Requisit für reizende Kinderbilder.
„Würdest du mir das Bild überlassen?" fragt
Blaffer.
Der Vetter Cornelius ist in fast unhöflicher
Weise schnell bereit, sich davon zu trennen; er
scheint gar keinen Wert auf den Besitz dieser
Reliquie zu legen.
Blaffer bedankt sich. Aber ganz glücklich ist er
doch nicht. „Wenn doch der dämliche Köter nicht
auf dem Bilde wäre!" seufzt er. „Die Leute
werden darüber lachen."
„Welche Leute? Wozu brauchst du denn das
Bild?"
„Ach, ich brauche einen beruflichen Ausweis,
und da bin ich angewiesen worden, ein Lichtbild
von mir ein zureichen-nicht über 3 Jahre alt."
Preislied
Von Martin Trübe
Wem gilt mein Lied an jedem neuen Morgen?
Wer scheucht mir von der Stirne meine Sorgen?
Wer tanzt mir aber oft auch auf der Nase?
Wer nennt mich manchmal „lieber kleiner Hase"
und dann mal wieder „blöder Botokude”?
Die Trude!
Wer schneidet mir zuweilen auch Grimassen,
wenn ich die Taille liebend will umfassen,
reicht mir jedoch dafür in trüben Tagen,
wenn meine schwache Seele will verzagen,
als allerbesten Trost die süße Schnute?
Die Trude!
Für wen kann ich mich darum stets begeistern
und liebevoll die Sängerharfe meistern?
Für wen möcht“ ich den ganzen Himmel kaufen?
Mit wem seh‘ zum Altar ich mich bald laufen
im rasch entliehenen Zylinderhute?
Mit Trude!
Im Antiquitätenladen
„Aus der Zeit der Befreiungskriege, von berühmtem Gelehrten, vermutlich Fichte!"
„I wo, Frau, das ist Mahagoni."
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Das Lichtbild
Blaffer kommt zum Vetter Cornelius. „Du
hast doch ein altes Album mit Familienphoto-
graphien; deine Mutter hat ja Bilder aus der
ganzen Verwandtschaft gesammelt. Ist dabei
vielleicht auch ein Bild aus meinen ersten Jahren?
Ich habe nämlich leider keins."
„Wollen mal Nachsehen!" meint der Vetter
Cornelius. Richtig — da findet sich ein Kinder-
bildchen, das Blaffer in einer schöneren Zeit
seines Lebens darstellt. Zwar ist keine Aehnlich-
keit mehr zu entdecken, aber auf der Rückseite
des Bildes ist vermerkt, daß es den Knaben
Blaffer zeige. Zwei Jahre alt mag er damals
gewesen sein; er trägt noch kein männliches Ge-
wand, sondern ein Flügelkleidchen, und eines
seiner Patschhändchen ruht liebkosend auf dem
Kops eines mächtigen Bernhardiners, dem man
aber ansieht, daß er nur aus Gips gebildet ist —
als Requisit für reizende Kinderbilder.
„Würdest du mir das Bild überlassen?" fragt
Blaffer.
Der Vetter Cornelius ist in fast unhöflicher
Weise schnell bereit, sich davon zu trennen; er
scheint gar keinen Wert auf den Besitz dieser
Reliquie zu legen.
Blaffer bedankt sich. Aber ganz glücklich ist er
doch nicht. „Wenn doch der dämliche Köter nicht
auf dem Bilde wäre!" seufzt er. „Die Leute
werden darüber lachen."
„Welche Leute? Wozu brauchst du denn das
Bild?"
„Ach, ich brauche einen beruflichen Ausweis,
und da bin ich angewiesen worden, ein Lichtbild
von mir ein zureichen-nicht über 3 Jahre alt."
Preislied
Von Martin Trübe
Wem gilt mein Lied an jedem neuen Morgen?
Wer scheucht mir von der Stirne meine Sorgen?
Wer tanzt mir aber oft auch auf der Nase?
Wer nennt mich manchmal „lieber kleiner Hase"
und dann mal wieder „blöder Botokude”?
Die Trude!
Wer schneidet mir zuweilen auch Grimassen,
wenn ich die Taille liebend will umfassen,
reicht mir jedoch dafür in trüben Tagen,
wenn meine schwache Seele will verzagen,
als allerbesten Trost die süße Schnute?
Die Trude!
Für wen kann ich mich darum stets begeistern
und liebevoll die Sängerharfe meistern?
Für wen möcht“ ich den ganzen Himmel kaufen?
Mit wem seh‘ zum Altar ich mich bald laufen
im rasch entliehenen Zylinderhute?
Mit Trude!
Im Antiquitätenladen
„Aus der Zeit der Befreiungskriege, von berühmtem Gelehrten, vermutlich Fichte!"
„I wo, Frau, das ist Mahagoni."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Mutter Erde in der Frühlingskur" "Im Antiquitätenladen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5042, S. 180
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg