„Beeilen Sie sich, Lerr Zauberkünstler, in zwei Minuten sollen Sie auftrcten."
„Augenblicklich, Lerr Direktor... ich komme ja schon ... ich kann doch nicht hexen."
„And wirst du auch immer?"-„Ja, ja!"
Von Josef Robert Larrer
Das war vor einigen Jahren gewesen, am sonnigen Lochzeits-
tag. Vom Standesamt weg sauste das Auto zum Photographen.
Nach seinem „Bitte, recht freundlich!" und „Vielleicht schaut die
schöne junge Frau etwas mehr nach rechts! So, so ist es gut!"
sprang ihr Konterfei durch das Objektiv auf die Platte. Der Photo-
graph verneigte sich und sagte: „Etwas ganz Neues für junge Ehe-
paare! Gleich um die Ecke ist das Atelier für die Tonaufnahmen!
Laffen Sie sich dort auch eine Schallplatte anfertigen, nachdem Sie
jetzt eine Photoplatte haben!"
Er erklärte dem aufhorckende» Ehepaar die Neuigkeit.
„Sie werden, so oft Sie wollen, hören können, wie Ihre Stimme
am einzigschönen Lochzeitstag klang. Immer wieder werden Sie
vernehmen, was Sie damals einander sagten!"
„Lans, das könnten wir versuchen!" säuselte die junge Frau.
„Wenn es dir Freude macht, Nelly, sehr gerne!" lächelte der
junge Ehemann.
Einige Minuten später betraten sie das Atelier des „Wort-
photographen". Dieser war sofort im Bilde. Er sagte: „Sie werden
natürlich nicht wissen, was Sie sagen sollen. Ich habe da einige Texte
vorbereiter, die Sie in schöner Wechselrede nur herunterzulesen brauchen.
Schließlich kommt es ja nur auf den Klang Ihrer Stimmen an!"
Nelly und Laus einigten sich rasch. Sie überflogen die Texte
und nickten, einig, wie nur junge Ehepaare am ersten Tag der Ehe
sein können.
„Die kleine Platte hat zwei Seiten! Die erste Seite gehört der
jungen Frau, die zweite dem jungen Ehemann!"
And sie begannen. Nelly las ihren Text:
„And wirst du auch immer dein Weibchen lieb haben?"
„Ja, ja!" erwiderte Lans überglücklich.
„And wirst du auch immer deiner Nelly ge-
nügend Wirtschaftsgeld geben?" — „Ja, ja!"
„And wirst du mir auch den neuen Lut kaufen?"
„Ja, ja!"
„And wirst du auch immer-?" — „Ja, ja!"
Zehn, zwölf schöne Fragen und zehn, zwölf
schöne „Ja" des Gatten!
„Nun die andere Seite! Jetzt fragt der junge
Ehemann!" sagte der Tonphotograph und drehte
die Platte um.
„And wirst du brummen, wenn ich einmal
abends etwas später heimkomme?"
„Nein, nein!" klang fast entrüstet Nellys
Antwort.
„And wirft du mir eine Szene machen, wenn
ich auch andere Mädchen oder Frauen schön finde?"
„Nein, nein!" klang es etwas zögernd.
„And wirst du mir das Rauchen verbieten,
wenn die Vorhänge frisch gewaschen wurden?"
„Nein, nein!"
„And wirst du auch-?" — „Nein, nein!"
Zehn, zwölf schöne Fragen und zehn, zwölf
schöne „Nein, nein!" die das Lerz des jungen
Ehemannes glücklich schlagen ließen.
Der Tonphotograph verneigte sich.
„Ich danke! Die fertige Platte wird Ihnen
in wenigen Tagen zugeschickt werden. Wünschen
Sie vielleicht einige Duplikate?"
Sie wünschten es, denn beide ahnten, daß die
Platte oft und oft aufgelegt werden würde. Oft
und oft würden sie sich erinnern müssen, wie
damals ihre Stimmen klangen, und wie sie damals
nur Antworten sagten, die so schön und so deutlich
„Ja" oder „Nein" waren.
And die Jahre vergingen, und so manches „Ja"
verwandelte sich allmählich in ein „Nein", so
manches „Nein" in ein „Ja".
„Lans, du willst mir also den neuen Lut nicht kaufen? Last du
nicht damals „Ja" gesagt? Soll ich dich erinnern?"
And schon stürzte Nelly zum Kasten, sie nahm die Schallplatte
und legte sie auf. „Da, hör nur!"
Ja, Lans hörte. Er hörte bei der betreffenden Frage sein
freudiges „Ja".
Er brummte, dann meinte er: „Schön! And wer hat sich gestern
aufgeregt, weil ich mir erlaubte, eine Zigarette anzuzünden? Last
du nicht damals — ?"
And er spielte die andere Seite der Platte. And Nellys Stimme
ließ bei der betreffenden Stelle ein „Nein" hören.
„Nun?" fragte Lans. — „Nun?" fragte Nelly.
„Du kannst meinetwegen eine Zigarette rauchen!" sagte sie dann.
„And den neuen Lut will ich mir doch überlegen! Muß es gerade
der teure sein, Nelly? Tut es nicht auch ein anderer?"
Die Tonplatte hatte Frieden gestiftet.
Aber die Jahre vergingen, und nicht immer nützte das Abspielen
der Platte. Schließlich waren auch die Duplikatplatten so stark ab-
gespielt, daß Lans eines Tages sagte: „Schrecklich, deine Stimme
als junge Ehefrau hat eigentlich mit dem Gekrächze eines heiseren,
verkühlten Raben verblüffende Aehnlichkeit!"
„So?" klang es spitz wie ein neuer Blitzableiter. „And deine
Stimme etwa? Deine „Ja", die du jetzt nicht einhalten willst, stellen
die nicht eine altersschwache Krähe in den Schatten?"
Lans lachte, da lachte auch Nelly. And plötzlich taten sie etwas,
woran jeder schon heimlich gedacht hatte. Sie griffen nach den
Platten, und gemeinsam brachen sie diese in viele Stücke. And ge-
meinsam riefen sie aus: „So, nun sind wir uns wieder einig!"
And sie fielen einander in die Arme, und es gab Küsse und es
gab liebe Worte, wie schon lange nicht.
182
„Augenblicklich, Lerr Direktor... ich komme ja schon ... ich kann doch nicht hexen."
„And wirst du auch immer?"-„Ja, ja!"
Von Josef Robert Larrer
Das war vor einigen Jahren gewesen, am sonnigen Lochzeits-
tag. Vom Standesamt weg sauste das Auto zum Photographen.
Nach seinem „Bitte, recht freundlich!" und „Vielleicht schaut die
schöne junge Frau etwas mehr nach rechts! So, so ist es gut!"
sprang ihr Konterfei durch das Objektiv auf die Platte. Der Photo-
graph verneigte sich und sagte: „Etwas ganz Neues für junge Ehe-
paare! Gleich um die Ecke ist das Atelier für die Tonaufnahmen!
Laffen Sie sich dort auch eine Schallplatte anfertigen, nachdem Sie
jetzt eine Photoplatte haben!"
Er erklärte dem aufhorckende» Ehepaar die Neuigkeit.
„Sie werden, so oft Sie wollen, hören können, wie Ihre Stimme
am einzigschönen Lochzeitstag klang. Immer wieder werden Sie
vernehmen, was Sie damals einander sagten!"
„Lans, das könnten wir versuchen!" säuselte die junge Frau.
„Wenn es dir Freude macht, Nelly, sehr gerne!" lächelte der
junge Ehemann.
Einige Minuten später betraten sie das Atelier des „Wort-
photographen". Dieser war sofort im Bilde. Er sagte: „Sie werden
natürlich nicht wissen, was Sie sagen sollen. Ich habe da einige Texte
vorbereiter, die Sie in schöner Wechselrede nur herunterzulesen brauchen.
Schließlich kommt es ja nur auf den Klang Ihrer Stimmen an!"
Nelly und Laus einigten sich rasch. Sie überflogen die Texte
und nickten, einig, wie nur junge Ehepaare am ersten Tag der Ehe
sein können.
„Die kleine Platte hat zwei Seiten! Die erste Seite gehört der
jungen Frau, die zweite dem jungen Ehemann!"
And sie begannen. Nelly las ihren Text:
„And wirst du auch immer dein Weibchen lieb haben?"
„Ja, ja!" erwiderte Lans überglücklich.
„And wirst du auch immer deiner Nelly ge-
nügend Wirtschaftsgeld geben?" — „Ja, ja!"
„And wirst du mir auch den neuen Lut kaufen?"
„Ja, ja!"
„And wirst du auch immer-?" — „Ja, ja!"
Zehn, zwölf schöne Fragen und zehn, zwölf
schöne „Ja" des Gatten!
„Nun die andere Seite! Jetzt fragt der junge
Ehemann!" sagte der Tonphotograph und drehte
die Platte um.
„And wirst du brummen, wenn ich einmal
abends etwas später heimkomme?"
„Nein, nein!" klang fast entrüstet Nellys
Antwort.
„And wirft du mir eine Szene machen, wenn
ich auch andere Mädchen oder Frauen schön finde?"
„Nein, nein!" klang es etwas zögernd.
„And wirst du mir das Rauchen verbieten,
wenn die Vorhänge frisch gewaschen wurden?"
„Nein, nein!"
„And wirst du auch-?" — „Nein, nein!"
Zehn, zwölf schöne Fragen und zehn, zwölf
schöne „Nein, nein!" die das Lerz des jungen
Ehemannes glücklich schlagen ließen.
Der Tonphotograph verneigte sich.
„Ich danke! Die fertige Platte wird Ihnen
in wenigen Tagen zugeschickt werden. Wünschen
Sie vielleicht einige Duplikate?"
Sie wünschten es, denn beide ahnten, daß die
Platte oft und oft aufgelegt werden würde. Oft
und oft würden sie sich erinnern müssen, wie
damals ihre Stimmen klangen, und wie sie damals
nur Antworten sagten, die so schön und so deutlich
„Ja" oder „Nein" waren.
And die Jahre vergingen, und so manches „Ja"
verwandelte sich allmählich in ein „Nein", so
manches „Nein" in ein „Ja".
„Lans, du willst mir also den neuen Lut nicht kaufen? Last du
nicht damals „Ja" gesagt? Soll ich dich erinnern?"
And schon stürzte Nelly zum Kasten, sie nahm die Schallplatte
und legte sie auf. „Da, hör nur!"
Ja, Lans hörte. Er hörte bei der betreffenden Frage sein
freudiges „Ja".
Er brummte, dann meinte er: „Schön! And wer hat sich gestern
aufgeregt, weil ich mir erlaubte, eine Zigarette anzuzünden? Last
du nicht damals — ?"
And er spielte die andere Seite der Platte. And Nellys Stimme
ließ bei der betreffenden Stelle ein „Nein" hören.
„Nun?" fragte Lans. — „Nun?" fragte Nelly.
„Du kannst meinetwegen eine Zigarette rauchen!" sagte sie dann.
„And den neuen Lut will ich mir doch überlegen! Muß es gerade
der teure sein, Nelly? Tut es nicht auch ein anderer?"
Die Tonplatte hatte Frieden gestiftet.
Aber die Jahre vergingen, und nicht immer nützte das Abspielen
der Platte. Schließlich waren auch die Duplikatplatten so stark ab-
gespielt, daß Lans eines Tages sagte: „Schrecklich, deine Stimme
als junge Ehefrau hat eigentlich mit dem Gekrächze eines heiseren,
verkühlten Raben verblüffende Aehnlichkeit!"
„So?" klang es spitz wie ein neuer Blitzableiter. „And deine
Stimme etwa? Deine „Ja", die du jetzt nicht einhalten willst, stellen
die nicht eine altersschwache Krähe in den Schatten?"
Lans lachte, da lachte auch Nelly. And plötzlich taten sie etwas,
woran jeder schon heimlich gedacht hatte. Sie griffen nach den
Platten, und gemeinsam brachen sie diese in viele Stücke. And ge-
meinsam riefen sie aus: „So, nun sind wir uns wieder einig!"
And sie fielen einander in die Arme, und es gab Küsse und es
gab liebe Worte, wie schon lange nicht.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Beeilen Sie sich, Herr Zauberkünstler..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5042, S. 182
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg