Im Wartezimmer Der interessante Roman des Nachbar»
Das Stockerl
erst einer freundlichen Frau abschwatze», die in der Kaserne wohnte,
und bei der er Blumenstöcke mit solchen Stöckche» auf dem Fensterbrett
erschaut hatte. Als die Frau, Gattin eines Soldaten, jedoch erfuhr,
daß man zum Reinigen eines Maschinengewehrs ein Stockerl brauche,
zog sie sofort den glattesten der glatten Stäbe willig aus einem
Blumentopf und überreichte das Geschenk dem deutschen Reiche zu
Länden des Rekruten Bohrenberg. And dieser machte kehrt, daß
der Kies spritzte, und federte zu seinem Anteroffizier zurück.
Als der das Stäbchen sah und Bohrenbergs Rede vernahm,
schüttelte er lange den Kopf, sah Bohrenberg fast bedauernd an und
sagte: „Io mei — a Stockerl möcht' i Hamm, a Stockerl, Sie! A
Stockerl!"
Bohrenberg schaute verdutzt. Er glaubte, es besonders gut ge-
macht zu haben. Ra, irren ist menschlich. Machte inan es eben das
zweitemal besser. And nach weiteren zwanzig Minuten erschien der
Rekrut und hatte unter dem Arm eine Art Stecken, in der Loff-
nung, nunmehr das richtige Kaliber erwischt zu haben. Der Anter-
offizier Ampfinger aber begann zu lachen, als den Stecken er-
blickte, tippte sich an die Stirn und sagte mit größter Eindringlich-
keit: „Io mei, jo mei: a Stockerl, Manderl, a Stockerl möcht' i Hamm
und sonst gor nix! Bringen's mir do a Stockerl!"
Im Linauswetzen fiel wie ein Blitz in das Gehirn des ratlose»
Rekruten der Einfall: „Lalt! Fragst einen anderen Wiener! Auf
Stube 17 soll einer liegen, haben sie erzählt!" And er sauste hin
und fragte: „Kamerad — Gottseidank, daß du da bist — sag' matz
Kamerad, was ist eigentlich a Stockerl?" Der Wiener griff wort-
los unter den Tisch und zog einen Schemel hervor. „Dös hoaßt ma
bei uns a Stockerl," sagte er und drückte das Stockerl dem maßlos
verblüfften Bohrenberg in den Arm.
Als der gutmütige Anteroffizier Ampfinger dann den schon als
hoffnungslosen Deppen von einem Rekruten Aufgegebenen doch mit-
einem richtigen Stockerl zur Tür hereinschießen sah, war alles Leid
verflogen, das ihm ein schier aussichtsloses Warte:, von wenigstens
vierzig Minuten bereitet haben mochte. Er nahm das Stockerl, setzte
383
sich mit einem schweren Plumpser darauf und fragte, und es war
echtes Mitgefühl, das aus seinen Worten klang: „Sagen's, gell: was
san denn Sie von Beruf?"
Da knallte der Rekrut Bohrenberg die Lacken zusammen und
meldete der lauteren Wahrheit gemäß mit schallender Stimme: „Ich
bin Lektor der deutschen Sprache an einer Kochschule im Ausland."
And da wäre der Anteroffizier Korbinian Ampfinger beinahe von
seinem eben erst eingenommenen Stockerl heruntergefallen. Aber
dann hat er gelacht, und sie haben alle gelacht, und der Lektor Dr.
Bohrenberg hat von da ab bei ihnen nur noch „das Stockerl" ge-
heißen, und hat es sich auch ohne meiteres gefallen lassen.
Aus der Schule
In der Schule nimmt der Lehrer Sprichwörter durch.
Er fragt: „Wer kan» mir ei» Beispiel sagen für: ,Ehrlich währt
am längsten?'"
Meldet sich der kleine Max und meint: „Wenn ich meine Laus-
aufgaben mit dem Vater mache, geht es schneller. Allein dauert es
viel länger!"
Wie sage ich es meiner Frau?
Von Josef Robert Larrer
Mein Freund Johannes und ich besuchten den Rennplatz. Das
schöne Wetter und die gemeinsame Liebe zu den Pferden hatten
uns verlockt. Feierlich versprachen wir einander: „And gewettet wird
überhaupt nicht!" Da aber Versprechungen meist nur dazu da sind,
um nicht eingehalte» zu werden, schlichen wir schon vor dem dritten
Renne» zur Wettkasse.
„Ich hätte das zweite Rennen erraten!" entschuldigte sich Ferdi-
nand. „Ich scheine heute einen guten Tag zum Wetten zu haben!"
Auch ich hatte ähnliche Ausreden bereit . . . Am es kurz zu sagen,
an, Ende des achten und letzten Rennens hatte ich, immerhin ein
Das Stockerl
erst einer freundlichen Frau abschwatze», die in der Kaserne wohnte,
und bei der er Blumenstöcke mit solchen Stöckche» auf dem Fensterbrett
erschaut hatte. Als die Frau, Gattin eines Soldaten, jedoch erfuhr,
daß man zum Reinigen eines Maschinengewehrs ein Stockerl brauche,
zog sie sofort den glattesten der glatten Stäbe willig aus einem
Blumentopf und überreichte das Geschenk dem deutschen Reiche zu
Länden des Rekruten Bohrenberg. And dieser machte kehrt, daß
der Kies spritzte, und federte zu seinem Anteroffizier zurück.
Als der das Stäbchen sah und Bohrenbergs Rede vernahm,
schüttelte er lange den Kopf, sah Bohrenberg fast bedauernd an und
sagte: „Io mei — a Stockerl möcht' i Hamm, a Stockerl, Sie! A
Stockerl!"
Bohrenberg schaute verdutzt. Er glaubte, es besonders gut ge-
macht zu haben. Ra, irren ist menschlich. Machte inan es eben das
zweitemal besser. And nach weiteren zwanzig Minuten erschien der
Rekrut und hatte unter dem Arm eine Art Stecken, in der Loff-
nung, nunmehr das richtige Kaliber erwischt zu haben. Der Anter-
offizier Ampfinger aber begann zu lachen, als den Stecken er-
blickte, tippte sich an die Stirn und sagte mit größter Eindringlich-
keit: „Io mei, jo mei: a Stockerl, Manderl, a Stockerl möcht' i Hamm
und sonst gor nix! Bringen's mir do a Stockerl!"
Im Linauswetzen fiel wie ein Blitz in das Gehirn des ratlose»
Rekruten der Einfall: „Lalt! Fragst einen anderen Wiener! Auf
Stube 17 soll einer liegen, haben sie erzählt!" And er sauste hin
und fragte: „Kamerad — Gottseidank, daß du da bist — sag' matz
Kamerad, was ist eigentlich a Stockerl?" Der Wiener griff wort-
los unter den Tisch und zog einen Schemel hervor. „Dös hoaßt ma
bei uns a Stockerl," sagte er und drückte das Stockerl dem maßlos
verblüfften Bohrenberg in den Arm.
Als der gutmütige Anteroffizier Ampfinger dann den schon als
hoffnungslosen Deppen von einem Rekruten Aufgegebenen doch mit-
einem richtigen Stockerl zur Tür hereinschießen sah, war alles Leid
verflogen, das ihm ein schier aussichtsloses Warte:, von wenigstens
vierzig Minuten bereitet haben mochte. Er nahm das Stockerl, setzte
383
sich mit einem schweren Plumpser darauf und fragte, und es war
echtes Mitgefühl, das aus seinen Worten klang: „Sagen's, gell: was
san denn Sie von Beruf?"
Da knallte der Rekrut Bohrenberg die Lacken zusammen und
meldete der lauteren Wahrheit gemäß mit schallender Stimme: „Ich
bin Lektor der deutschen Sprache an einer Kochschule im Ausland."
And da wäre der Anteroffizier Korbinian Ampfinger beinahe von
seinem eben erst eingenommenen Stockerl heruntergefallen. Aber
dann hat er gelacht, und sie haben alle gelacht, und der Lektor Dr.
Bohrenberg hat von da ab bei ihnen nur noch „das Stockerl" ge-
heißen, und hat es sich auch ohne meiteres gefallen lassen.
Aus der Schule
In der Schule nimmt der Lehrer Sprichwörter durch.
Er fragt: „Wer kan» mir ei» Beispiel sagen für: ,Ehrlich währt
am längsten?'"
Meldet sich der kleine Max und meint: „Wenn ich meine Laus-
aufgaben mit dem Vater mache, geht es schneller. Allein dauert es
viel länger!"
Wie sage ich es meiner Frau?
Von Josef Robert Larrer
Mein Freund Johannes und ich besuchten den Rennplatz. Das
schöne Wetter und die gemeinsame Liebe zu den Pferden hatten
uns verlockt. Feierlich versprachen wir einander: „And gewettet wird
überhaupt nicht!" Da aber Versprechungen meist nur dazu da sind,
um nicht eingehalte» zu werden, schlichen wir schon vor dem dritten
Renne» zur Wettkasse.
„Ich hätte das zweite Rennen erraten!" entschuldigte sich Ferdi-
nand. „Ich scheine heute einen guten Tag zum Wetten zu haben!"
Auch ich hatte ähnliche Ausreden bereit . . . Am es kurz zu sagen,
an, Ende des achten und letzten Rennens hatte ich, immerhin ein
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Im Wartezimmer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 196.1942, Nr. 5055, S. 388
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg