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Die Narrenliste
Von Alfred Richter
Jbn Esr Saud, der elfte in seiner Dynastie von Kalifen, entließ
den Großwesir, der ihm soeben Vortrag gehalten hatte, und als
jener draußen war, hob der Lerrscher lässig die Land, um ein
Gähnen zu verbergen. Da besaß er nun Reichtümer, um die ihn
seine Feinde beneideten. Aeber Provinzen gebot er, die an Geld
und Erzeugnissen die üppige Fülle darbrachten. Die Paläste, die er
bewohnen durste, waren die prächtigsten im ganzen Morgenland.
Zn seinem Larem hatte er die schönsten aller Frauen, und seine
Dichter besangen sie, daß man vor Sehnsucht weinen mußte. And
dennoch-1 Der Kalif gähnte zum zweiten Male und klatschte
dann übelgelaunt in die Lände. Sofort schlüpften Sklaven herbei.
und sie lasen ihm seinen Befehl von den Augen ab: Er wollte sich
verkleiden, wie er das nun schon ein paarmal, ohne Wissen des
Großwesirs, getan hatte, und heimlich unter dem niederen Volke
wandeln. Denn es dürstete ihn, unbefangene Menschen zu sehen,
gemächlich plaudernde, zutrauliche, lächelnde, herumschlendernde
Menschen, wie er sie an seinem Kaltfenhofe niemals zu Gesicht bekam.
Da rannte alles, wenn er nur auftauchte, da waren alle Mienen
überkalkt von einem bleichen, angstvollen Ernst, da gingen alle wie
unter Masken, jedes Wort, das einer vor ihm aussprach, war tausend-
fältig überlegt und weise abgewogen, und er sah nur krumme Rücken
und demütige Gebärden. Das hatte er satt. Er war noch jung. Er
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Hans und Franz
auf Besuch beim Onkel
Die Narrenliste
Von Alfred Richter
Jbn Esr Saud, der elfte in seiner Dynastie von Kalifen, entließ
den Großwesir, der ihm soeben Vortrag gehalten hatte, und als
jener draußen war, hob der Lerrscher lässig die Land, um ein
Gähnen zu verbergen. Da besaß er nun Reichtümer, um die ihn
seine Feinde beneideten. Aeber Provinzen gebot er, die an Geld
und Erzeugnissen die üppige Fülle darbrachten. Die Paläste, die er
bewohnen durste, waren die prächtigsten im ganzen Morgenland.
Zn seinem Larem hatte er die schönsten aller Frauen, und seine
Dichter besangen sie, daß man vor Sehnsucht weinen mußte. And
dennoch-1 Der Kalif gähnte zum zweiten Male und klatschte
dann übelgelaunt in die Lände. Sofort schlüpften Sklaven herbei.
und sie lasen ihm seinen Befehl von den Augen ab: Er wollte sich
verkleiden, wie er das nun schon ein paarmal, ohne Wissen des
Großwesirs, getan hatte, und heimlich unter dem niederen Volke
wandeln. Denn es dürstete ihn, unbefangene Menschen zu sehen,
gemächlich plaudernde, zutrauliche, lächelnde, herumschlendernde
Menschen, wie er sie an seinem Kaltfenhofe niemals zu Gesicht bekam.
Da rannte alles, wenn er nur auftauchte, da waren alle Mienen
überkalkt von einem bleichen, angstvollen Ernst, da gingen alle wie
unter Masken, jedes Wort, das einer vor ihm aussprach, war tausend-
fältig überlegt und weise abgewogen, und er sah nur krumme Rücken
und demütige Gebärden. Das hatte er satt. Er war noch jung. Er
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Hans und Franz
auf Besuch beim Onkel
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Hans und Franz ----- auf Besuch beim Onkel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5063, S. 90
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg