Fliegende Blätter (197.1942 (Nr. 5057-5083) = 98. Jahrgang)

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Sonntagsdienst

Von Josef Robert Larrer

Pietro war Postbeamter. Er war es gerne; denn oft und oft
traten hübsche junge Mädchen an seinen Schalter, denen er mit
dem seit bald Generationen üblichen Scherz: „Für Sie suche ich
die schönste Briefmarke heraus!" die Marken reichte. Und die Mädchen
lächelten, und so hatte Pietro die reizende Nina kennengelernt.

Jetzt aber saß Pietro mißmutig auf seinem Sessel, denn sein Blick
war auf den Kalender gefallen. Za, morgen war Sonntag, und wieder
war es der Sonntag, an dem er Dienst machen mußte. Ach, wie schnell
die Zeit verging! Man merkt das am meisten an der Wiederkehr der
unangenehmen Tage. Obwohl Pietro seine Diensteinteilung auf
Monate hinaus wußte, ärgerte er sich doch immer wieder, wenn der
,graue Sonntags kam.

Ein Sonntag ohne Nina! Und welches Unglück! Am Sonntag
darauf mußte Nina endlich den Besuch bei ihrer Schwester auf dem

Lande abstatten. Also zwei Sonntage ohne Nina! Wenn er nur
morgen frei hätte!

Da stand plötzlich Tonio vor ihm und sagte:

„Le, Pietro, du träumst da vor dich hin! Ich möchte dich um
etwas bitten! Willst du mit mir den Sonntagsdienst tauschen? Ich
mache morgen für dich den Dienst, du dann eine Woche später
für mich!"

Da leuchtete Pietros Gesicht wie eine Sonnenblume auf. Welch
herrlicher Zufall! Eben noch hatte er sich gekränkt, und schon war
ihm das Glück hold gesinnt, ausnahmsweise einmal! Er nickte rasch.

„Gerne, lieber Freund, von Lerzen gerne!"

Tonio dankte ihm und ging. Pietro fühlte sich wie neugeboren.
Die Arbeit ging ihm flott von der Land. Nie noch sah man hinter
einem Postamtsschalter einen freundlicheren Beamten. Eine halbe

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