Pythia: „Seine Orakel sind noch faulen
Das Stelldichein mit Margot
nur der alten hinzuzufügen, um genau zu wissen, wie hoch sich seine
Schuld belief!
Einzig das Wetter war ihm günstig, da es ihm erlaubte, seinen
Mantel zu dem Pfandleiher Piesecke zu tragen, und wenn dieser
ihm auch keine Reichtümer dafür gab, so langte es doch immerhin
für einen Blumenstrauß und, nach Abzug der Kinokosten, für eine
bescheidene Tasse Kaffee, vorausgesetzt, daß Margot nicht etwa
Lunger verspürte. Düstere Erfahrungen bewogen Adalbert Krause,
diese Möglichkeit nicht außer acht zu lassen. Gesetzt den Fall, dann
würden seine Gedichte, zur rechten Zeit vorgetragen, ihre Wirkung
niemals verfehlen. Anmöglich konnte doch ein Wesen wie Margot, nach-
dem sie von einem „gottbegnadeten Künstler" geschrieben hatte, der pro-
fanen Tätigkeit des Essens huldigen, wenn er aus seinen Werken vorlas!
Ein Künstler konnte sich einem Mädchen gegenüber schon eine
kleine Taktlosigkeit erlauben, dachte Adalbert Krause, als er absicht-
lich fünf Minuten später als damals vor dem Film-Palast eintraf
und dann feststellen mußte, daß Margot noch gar nicht eingetroffen war.
Mißmutig wandelte er auf und ab. Offenbar hielt es auch Petrus
nicht mehr für nötig, sich mit ihm auf guten Fuß zu stellen,
denn es regnete plötzlich beträchtlich, und wenn es auch für den
Blumenstrauß von Vorteil sein mochte, so war es andererseits für
ihn selber ein äußerst unangenehmes Gefühl. Nach einer Viertel-
stunde zwang ein Kältegefühl im Rücken ihn dazu, im Eingang
des Film-Palastes Schutz zu suchen, und hier erst ging Adalbert Krause
ein Licht auf:
Es war doch Freitag, und auch der Film-Palast machte keine
Ausnahme und änderte an diesem Tage sein Programm.
„Warte nicht auf mich! Ein Lustspiel mit Billy Wumba" las
Adelbert, und dann paßte sich seine Stimmung in hervorragender
Weise dem Wetter an.
Rücksichtslos zertraten die Füße eilender Passanten die Blumen,
die am Eingang des Filmpalastes lagen, während Adalbert Krause
zähneklappernd das Bett aufsuchte und eine Tasse heißen Kamillen-
tee trank, den die gute Witwe Kulicke eiligst aufgebrüht hatte.
Gefährliches Gebiet
Lückel lehnt im behaglichen Klappstuhl vor seiner Laube und ge-
nießt ein Dämmerstündchen. Da kommt Bauke an und stört ihn mit
einem häßlichen Wort. „Na, Sie dösen wohl gern?"
„Das gerade nicht!" sagt Äückel freundlich. „Aber ich ergehe mich
gern in Erinnerungen und denke über mancherlei in meinem Leben
nach. Tun Sie das nicht auch manchmal?"
„Soll mir einfallen!" brummt Bauke. „Da würde ich mich ja zu
sehr ärgern, wieviel ich verkehrt gemacht habe."
Der Name
Kleine Teegesellschaft. Ein Äerr wird Frau Schmittlein vorgestellt;
er ist ein Autor, der sich viel einbildet. Aber unnötiger Weise.
Als Frau Schmittlein den Namen vernimmt, geht ein Lächeln
über ihr Gesicht, und sie sagt: „Ah, Sie sind das!"
Der Autor ist entzückt. „Sie haben meinen Namen wohl schon
oft gelesen, gnädige Frau?"
Frau Scbmittlein nickt. „O ja! Sie wohnen doch in der Alexan-
drinenstraße 7, nicht wahr? Im ersten Stock. Im zweiten Stock
wohnt meine Schwester. Die besuche ich oft, und da fällt mir jedes-
mal Ihr schönes Schild an der Tür auf."
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Das Stelldichein mit Margot
nur der alten hinzuzufügen, um genau zu wissen, wie hoch sich seine
Schuld belief!
Einzig das Wetter war ihm günstig, da es ihm erlaubte, seinen
Mantel zu dem Pfandleiher Piesecke zu tragen, und wenn dieser
ihm auch keine Reichtümer dafür gab, so langte es doch immerhin
für einen Blumenstrauß und, nach Abzug der Kinokosten, für eine
bescheidene Tasse Kaffee, vorausgesetzt, daß Margot nicht etwa
Lunger verspürte. Düstere Erfahrungen bewogen Adalbert Krause,
diese Möglichkeit nicht außer acht zu lassen. Gesetzt den Fall, dann
würden seine Gedichte, zur rechten Zeit vorgetragen, ihre Wirkung
niemals verfehlen. Anmöglich konnte doch ein Wesen wie Margot, nach-
dem sie von einem „gottbegnadeten Künstler" geschrieben hatte, der pro-
fanen Tätigkeit des Essens huldigen, wenn er aus seinen Werken vorlas!
Ein Künstler konnte sich einem Mädchen gegenüber schon eine
kleine Taktlosigkeit erlauben, dachte Adalbert Krause, als er absicht-
lich fünf Minuten später als damals vor dem Film-Palast eintraf
und dann feststellen mußte, daß Margot noch gar nicht eingetroffen war.
Mißmutig wandelte er auf und ab. Offenbar hielt es auch Petrus
nicht mehr für nötig, sich mit ihm auf guten Fuß zu stellen,
denn es regnete plötzlich beträchtlich, und wenn es auch für den
Blumenstrauß von Vorteil sein mochte, so war es andererseits für
ihn selber ein äußerst unangenehmes Gefühl. Nach einer Viertel-
stunde zwang ein Kältegefühl im Rücken ihn dazu, im Eingang
des Film-Palastes Schutz zu suchen, und hier erst ging Adalbert Krause
ein Licht auf:
Es war doch Freitag, und auch der Film-Palast machte keine
Ausnahme und änderte an diesem Tage sein Programm.
„Warte nicht auf mich! Ein Lustspiel mit Billy Wumba" las
Adelbert, und dann paßte sich seine Stimmung in hervorragender
Weise dem Wetter an.
Rücksichtslos zertraten die Füße eilender Passanten die Blumen,
die am Eingang des Filmpalastes lagen, während Adalbert Krause
zähneklappernd das Bett aufsuchte und eine Tasse heißen Kamillen-
tee trank, den die gute Witwe Kulicke eiligst aufgebrüht hatte.
Gefährliches Gebiet
Lückel lehnt im behaglichen Klappstuhl vor seiner Laube und ge-
nießt ein Dämmerstündchen. Da kommt Bauke an und stört ihn mit
einem häßlichen Wort. „Na, Sie dösen wohl gern?"
„Das gerade nicht!" sagt Äückel freundlich. „Aber ich ergehe mich
gern in Erinnerungen und denke über mancherlei in meinem Leben
nach. Tun Sie das nicht auch manchmal?"
„Soll mir einfallen!" brummt Bauke. „Da würde ich mich ja zu
sehr ärgern, wieviel ich verkehrt gemacht habe."
Der Name
Kleine Teegesellschaft. Ein Äerr wird Frau Schmittlein vorgestellt;
er ist ein Autor, der sich viel einbildet. Aber unnötiger Weise.
Als Frau Schmittlein den Namen vernimmt, geht ein Lächeln
über ihr Gesicht, und sie sagt: „Ah, Sie sind das!"
Der Autor ist entzückt. „Sie haben meinen Namen wohl schon
oft gelesen, gnädige Frau?"
Frau Scbmittlein nickt. „O ja! Sie wohnen doch in der Alexan-
drinenstraße 7, nicht wahr? Im ersten Stock. Im zweiten Stock
wohnt meine Schwester. Die besuche ich oft, und da fällt mir jedes-
mal Ihr schönes Schild an der Tür auf."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Pythia: 'Seine Orakel sind noch fauler"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5068, S. 172
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg