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Roosevelt: „Ich habe eine Aeberraschung für dich: Das neue Riesenmutterschiff wird Meanor' getauft!"

Eine Verleumdung

siebter Abendbote", machte gewaltigen Sums davon und tat gerade
so, als hätten die Tugenden der Bürger es bewirkt, daß ausgerechnet
nach Poggstedt ein Laupttreffer gefallen war. Wer aber war der
Gewinner? Das wußte kein Mensch außer dem Lotterie-Einnehmer
Zielke, und der durfte nichts verraten, denn gegen Indiskretionen
ist die Lotterieverwaltung sehr scharf. Ein Lotterie-Einnehmer darf
ja nicht einmal — darüber liegt eine oberste Entscheidung vor —
dem Finanzamt Auskunft über Gewinner geben, und das ist doch
wirklich das Aeußerste an Verschwiegenheit.

Rach ein paar Wochen legte sich dann die Aufregung in Pogg-
stedt. Am diese Zeit aber glaubte ich, bemerken zu müssen, daß mich
nach und nach hinsichtlich des Benehmens meiner Kollegen, Bekannten
und anderer Leute, mit denen ich und meine Familie zu tun hatten,

eine-ich möchte sagen: eine veränderte Atmosphäre umgab.

Wie es eigentlich angefangen hat, weiß ich nicht mehr, da ich wohl
die ersten Symptome nicht recht beachtet habe. Als zuerst auffallend
in der Erinnerung geblieben ist mir ein Vorfall an meinem Stamm-
tksch, an dem ich jeden Sonnabend zu sitzen pflegte. Ich komme da
also hin, und da sind schon ein paar andere Lerren da, und einer
von ihnen — Köditz heißt er und ist Sekretär beim Poggstedter
Landratsamt — ist gierig auf einen guten Rotwein. Doch eine ganze
Flasche ist ihm zu viel; er wünscht sich einen Teilhaber. Aber an
wen wendet er sich? An mich! ,Wollen wir eine Flasche zusammen
nehmen?' fragt er. Ich denke mir: Wie kommt der Mann dazu? Er
weiß doch, daß ich immer nur ein Glas Grog trinke, denn mehr
erlauben mir meine Amstände als Familienvater mit beschränktem
Einkommen nicht. Ich lehne also kurz ab, aber Köditz grinst und sagt:
,Merkwürdig, sehr merkwürdig! Lätte ich von Ihnen nicht erwartet!'
And alle andern grinsen auch, und als dann die übrigen Stamm-
tischgenossen kommen, erzählt ihnen Köditz: ,Denken Sie, der Lerr
Sekretär Schaller will sich nicht mal eine halbe Flasche Rotwein
gönnen/ And dann grinsen die nun auch, und einer sagt sogar ganz
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unverschämt: ,Geiz ist die Wurzel alles Aebels!' Mir war das voll-
kommen unverständlich, und ich bin dann recht verdrossen nach Lause
gegangen. Wie kamen die Leute dazu, von mir Ausgaben zu er-
warten, die gar nicht zu meinem streng geregelten, bescheidenen
Etat paßten?

Aber bald spürte ich, daß auch andere Leute Aehnliches erwar-
teten — gerade so, als wenn sie mir das Geld aus der Tasche ziehen
wollten. Da komme ich z. B. zu meinem Zigarrenhändler und lege
ihm meine Zigarrentasche hin, damit er mir, wie immer, fünf Stück
von meiner bescheidenen Sorte zu 10 Pfennig hineintue. Der Mann
zögert. ,Immer noch die alte Sorte, Lerr Sekretär?' fragt er, und
als ich sage: »Natürlich! Warum denn nicht?' — da zuckt er, und
zwar beinahe verächtlich, die Achseln und erklärt: ,Aber das ist doch
wirklich nicht das Rechte für Sie, Lerr Sekretär. Ich habe da eine
ganz wundervolle Sorte zu 40 und etwas Exquisites zu 50 Pfennig.'
Ich denke mir: Was hat der Mann? Er muß doch über seine Kund-
schaft Bescheid wissen. Er kann wohl seine Gedanken nicht mehr
zusammenhalten. — Ich sage also ganz freundlich: ,Sie sind heute
zerstreut. Ich bekomme doch jedesmal fünf Stück Odaliske; eine
andere Sorte will ich mir gar nicht angewöhnen. Da zuckt er wie-
der, und diesmal ganz bestimmt verächtlich, die Achseln, brummt:
,Ra ja, auch ein Standpunkt!' und schiebt die 50 Pfennig von mir
ein, als ob es ein Dreck wäre. Mich hat das so geärgert, daß ich dem
Mann untreu werden wollte und das nächste Mal zu dem andern
Zigarrenhändler — es sind zwei in Poggstedt — ging. Aber als
ich da in den Laden kam, da tat der Mann, als wäre ein Maha-
radscha bei ihm erschienen, und wollte mir nichts anderes als seine
teuersten Sorten vorlegen. And so ging mir das auch bei anderen
Einkäufen: immer sollte ich das Teuerste nehmen, und wenn ich dann
ablehnte, sahen mich die Leute an, als hielten sie mich für verrückt.
And meine Frau hat ganz ähnliche Erfahrungen machen müssen.
Nicht wahr, Malchen?"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Roosevelt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5070, S. 204

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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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