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„Damned, die Bevölkerung scheint hier auch gegen England zu sein!"

Freifrau von Stetnchen

Lerr! Mit Vergnügen, mein Lerr! Wann soll's denn sein, mein
Lerr? Leute? Nein, heute bin ich völlig kompleh! 2lm Abend?
Nein, nein, nach sieben Ahr ist bei mir Betriebsfeier, nach sieben
Ahr ist bei mir punctum linitum! Da mache ich Streusand darüber.
Jawohl, mein Lerr! Streusand! Sie haben ganz richtig gehört! Auf
Wiedersehen, mein Lerr! Bitte, empfehlen Sie mich weiter! —
War das ein Telephon, Doktorchen? So praktisch! Man kann im
Zimmer ohne Schnur hin und her gehen und telephoniere»! —
Bitte? — Aber Lerr Doktor! Ich und nervös! Ich habe Nerven
wie Stricke, Doktorchen, auf meinen Nerven könne» Sie schaukeln!
Sagen Sie, Lerr Doktor, sind Sie eigentlich verheiratet? Ja, Sie
haben ganz richtig verstanden: sind Sie verheiratet? Warum ich
das wissen will? — Aber nicht doch, Lerr Doktor, nein, nicht weil
ich mich vor einem unverheirateten Arzt geniere! Aeber derartige
Vorurteile bin ich erhaben! Also, Lerr Doktor, sind Sie verheiratet

oder nicht?-Natürlich nicht? Aber das ist gar nicht natürlich,

Lerr Doktor, bevölkerungspolitisch ist das gar nicht natürlich! Be-
völkerungspolitisch sind Sie sozusagen eine „Niete", Lerr Doktor!
Verzeihen Sie meine Offenherzigkeit! And bedenken Sie allein die
Steuerermäßigung! Davon allein können Sie eine süße, blonde,
braune oder brünette Frau — je nach Gusto, Lerr Doktor, je nach
Gusto! — ernähren und sich noch einen kleinen Wagen dazu halten!
And dann die trauten Abende am häuslichen Lerd! Man sitzt zu-
sammen am Tische, man liest zusammen die Zeitung, man spricht
zusammen, man langweilt sich zusammen, man kann zusammen in
der Badewanne plätschern! Na, und dann die praktische Seite!
Wer stopft das Strümpfchen? Wer putzt die Schuhchen? Wer kocht
das Süppchen? Wer rupft das Lühnchen? Wer schuppt das Fisch-
chen? — Aber Lerr Doktor! Natürlich kann das alles Ihre Laus-
dame auch machen! Aber wer wärmt das Bettchen? Na, sehen Sie!
Darum, Lerr Doktor, heiraten Sie, heiraten Sie, heiraten Sie! Ich
sage es mit Bedacht dreimal. — Bitte? Ich weiß, Lerr Doktor, ich
weiß: Ihre Patienten warten. Laben Sie Angst, daß sie vorher
gesund werden, ehe sie zu Ihnen kommen? Das Leid hat Zeit, das

Glück braucht Eile! Ich habe gehört — man hat ja schließlich seine
teuer bezahlten Informationen, nicht wahr? — ein neuer Arzt ist
in die Stadt gezogen, noch ledig, nicht unvermögend, wie die teuer
bezahlte Auskunft lautete — und da habe ich mir gedacht, ob Lerr
Doktor nicht einmal bei meinen wohlrenommierten Tees erscheinen
wollen? Man trifft sich dort, man sitzt an kleinen Tischen, man lernt
sich kennen, man plaudert ein wenig, und schon ist die große Liebe
da. Dann kommt man am nächsten Morgen zu mir ins Büro, da
liegt alles schön sauber in Karteien und Merkblättern geordnet, und
erfährt, was man wissen will: Mitgift, genaues Alter, Lausbesitz,
Anzahl der Verwandtschaft, Beziehungen zum Land wegen der Lebens-
mittel — in manchen Zeiten nicht unwichtig. Lerr Doktor, gar nicht
so unwichtig-bitte? Wie? Aber lieber, guter Doktor, Sie wer-

den lachen! Ihre Frage trifft des Pudels Kern! Jawohl, es sieht
nicht nur so aus, ich bin eine berufsmäßige Leiratsvermittlerin I
Dezent natürlich, dezent, wie Sie schon an meiner Aussprache be-
merkt haben dürften. Bitte, hier ist meine Karte! Lelene Freifrau
von Steinchen, behördlich konzessionierte Eheanbahnung, beste Refe-
renzen, diskrete Behandlung aller Sonderwünsche. Die Provision
betrügt zwei Prozent und ist erst nach der Eheschließung fällig.
Weitere Spesen entfallen. Nun, Lerr Doktor, wie wäre es? Ein
kleiner Versuch?-Nein, bitte, behalten Sie die Karte ge-

trost! Wenn Sie wirklich jetzt augenblicklich keinen Bedarf haben,
es kommt schon eine' einsame Stunde, Lerr Doktor, wo Sie an das
Leimchen am Lerd denke»! Ich kann warten. Gute Ware hält sich.
Bei mir sind täglich Neueingänge. And jetzt möchte ich Sie nicht
länger aufhalken, Lerr Doktor. Nur noch eine kleine winzige Bitte:
darf ich ein paar meiner Geschäftskarten zwanglos in Ihrem Warte-
zimmer verstreuen? Sie haben eine junge Praxis, bei Ihnen haben
sich noch keine alten Zeitschriften angesammelt, die Leute wollen gern
etwas lesen — — nein, nein, Lerr Doktor, keine Sorge — ich mache
es ganz dezent und höchstens vierzig bis fünfzig Stück — auf Wie-
dersehen, Lerr Doktor! Es hat mich sehr gefreut! Auf Wiedersehen!
Gute Diagnosen!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Damned, die Bevölkerung scheint hier auch gegen England zu sein!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Mauder, Josef
Entstehungsdatum
um 1942
Entstehungsdatum (normiert)
1937 - 1947
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Weltkrieg <1939-1945>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 197.1942, Nr. 5071, S. 220

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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