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Das aufgeschobene Konzert
Das war in jenen Tagen, als noch gerissene Agenten, ohne
deren Vermittlung es angeblich gar nicht ging, bedeutende Tribute
von vielen Künstlern erhoben, besonders von jungen Anfängern,
denen sie auf dem beschwerlichen Wege zum Erfolge sichere Führer
zu sein versprachen, wofür sie sich immer einen so strammen Vor-
schuß zahlen ließen, daß es ihnen nachher keinen Kummer machte,
wenn der Geführte doch nicht weiterkam. Ja, diese Möglichkeit
schlossen sie von vornherein bei ihren Kalkulationen ein, und sie
pflegten ein solches Erlahmen und Erliegen schon deshalb nicht im
geringsten zn bedauern, weil es ja immer wieder Anfänger gab —
mehr als genug.
Einer der gerissensten dieser Agenten war Moritz Zinkblech, und
zu ihm kam eines Tages Lorenz Lüdepohl, der eben ein Konser-
vatorium der Musik absolviert hatte und nun als Pianist Trommel-
felle und Gehörknöchelchen einer dadurch begeisterten, beifallsfreu-
digen Menge zu entzücken, Lorbeeren zu sammeln und schließlich
auch Geld einzunehmen wünschte. Kurz und gut: Lorenz Lüdepohl
wollte ein Klavierkonzert geben, und dazu sollte ihm Moritz Zink-
blech verhelfen, denn er selbst hatte gar keine Ahnung, wie solch ein
Unternehmen zu arrangieren wäre.
„Was können Sie geben?" fragte Moritz Zinkblech.
„Ich denke an Brahms und
Reger," schlug Lorenz Lüdepohl
schüchtern vor. „Bei der Aus-
wahl könnten Sie mich vielleicht
beraten."
„Ist ja Quatsch! Ich meine,
wieviel Geld können Sie an-
wenden ?"
„Geld?"
„Aber ja! Die Saalmiete muß
doch vorher — einem Unbekannten
pumpt man nischt — bar hjnge-
legt werden, und die Beleuchtung
und Leizung müssen bezahlt wer-
den, und das Fräulein an der
Billettkasse arbeitet nicht um-
sonst, und die Türschließer wollen
doch auch was haben; die stehen
sich nicht ohne Vergütung die
Beine in den Leib. And die An-
zeigen in den Zeitungen und die
Plakate an den Littfaßsäulen
kosten Geld. Na, und wenn ich
auch im Dienste der Kunst am
liebsten ohne einen Pfennig mich
mühen und schinden möchte — —
Von Peter Robinson
, . 0
schließlich will ich doch auch leben, und deshalb müssen meine ^
mühungen ein bißchen honoriert werden. Was haben Sie den»
junger Mann? Sie wollen die Gunst des Publikums erobern, ».
wahr? Erobern ist Krieg, und zum Kriegführen gehört bekan»
Geld. Also — wieviel können Sie anwenden?" j
Lorenz Lüdepohl war nicht ganz unbemittelt, aber er war,
gerade deshalb, auch vorsichtig, und deshalb meinte er zög
„Tausend Mark dürften doch genügen?"
Moritz Zinkblech schlug die Lände über dem Kopf ruso^,!
„Junger Mann, Sie kommen wohl vom Mond? Mit tausend ** A
Anlagekapital wollen Sie ein berühmter Pianist werden, der ^
dann im Jahr ganz bequem seine hunderttausend Mark zusaw'"s
spielt. Das wäre ein Geschäft! Nee, unter dreitausend Mark ist
zu wollen. Das ist überhaupt mein fester Satz in solchen Fö
Mein Wort darauf: ich habe Konkurrenten, die damit noch
K>*
nicht zufrieden sein würden; nicht einen Finger würden sie ^
rühren." J
Lorenz Lüdepohl überlegte und stimmte dann mit einem
Seufzer zu. „Nun gut, ich werde es möglich machen. Ich muß ®
eben einige Pfandbriefe verkaufen." «
„Will ich gar nicht wissen. Interessiert mich nicht im gering'
wie Sie zu dem Gelbe koin" ^
meinetwegen können Sie j
alte Tante totschlagen. Aber ^
eine zweite Lauptsache: w>^
Besucher können Sie zu dew
zert Herankriegen?"
„Ich kann doch nicht W**'
wieviele Leute kommen wer'
meinte Lorenz Lüdepohl
„Kommen müssen, mein & ^
-müssen! Wieviele Verl»»^
gute Bekannte und Freundes
Sie, die sich ein Billett aufvry^
lassen und dann so ansl^S
sind, auch wirklich hinz»^I
statt der Versuchung zu <
das Billett, weil es nischt
kostet hat, einfach verfall
lassen?" „
„Ach, ich habe hier \at
keinen einzigen Bekannte»/
stand Lorenz Lüdepohl.
ja eben erst hergekommen-^J
„Erinnern Sie sich noch, Lerr Brüstle, voriges Jahr
Hamm Sie noch fünf getragen."
„Au weh, eine faule
v<
Ich dachte doch. Sie wö^y
an die 200 Menschen auf#*
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Das aufgeschobene Konzert
Das war in jenen Tagen, als noch gerissene Agenten, ohne
deren Vermittlung es angeblich gar nicht ging, bedeutende Tribute
von vielen Künstlern erhoben, besonders von jungen Anfängern,
denen sie auf dem beschwerlichen Wege zum Erfolge sichere Führer
zu sein versprachen, wofür sie sich immer einen so strammen Vor-
schuß zahlen ließen, daß es ihnen nachher keinen Kummer machte,
wenn der Geführte doch nicht weiterkam. Ja, diese Möglichkeit
schlossen sie von vornherein bei ihren Kalkulationen ein, und sie
pflegten ein solches Erlahmen und Erliegen schon deshalb nicht im
geringsten zn bedauern, weil es ja immer wieder Anfänger gab —
mehr als genug.
Einer der gerissensten dieser Agenten war Moritz Zinkblech, und
zu ihm kam eines Tages Lorenz Lüdepohl, der eben ein Konser-
vatorium der Musik absolviert hatte und nun als Pianist Trommel-
felle und Gehörknöchelchen einer dadurch begeisterten, beifallsfreu-
digen Menge zu entzücken, Lorbeeren zu sammeln und schließlich
auch Geld einzunehmen wünschte. Kurz und gut: Lorenz Lüdepohl
wollte ein Klavierkonzert geben, und dazu sollte ihm Moritz Zink-
blech verhelfen, denn er selbst hatte gar keine Ahnung, wie solch ein
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„Was können Sie geben?" fragte Moritz Zinkblech.
„Ich denke an Brahms und
Reger," schlug Lorenz Lüdepohl
schüchtern vor. „Bei der Aus-
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„Ist ja Quatsch! Ich meine,
wieviel Geld können Sie an-
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„Geld?"
„Aber ja! Die Saalmiete muß
doch vorher — einem Unbekannten
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den, und das Fräulein an der
Billettkasse arbeitet nicht um-
sonst, und die Türschließer wollen
doch auch was haben; die stehen
sich nicht ohne Vergütung die
Beine in den Leib. And die An-
zeigen in den Zeitungen und die
Plakate an den Littfaßsäulen
kosten Geld. Na, und wenn ich
auch im Dienste der Kunst am
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mühen und schinden möchte — —
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schließlich will ich doch auch leben, und deshalb müssen meine ^
mühungen ein bißchen honoriert werden. Was haben Sie den»
junger Mann? Sie wollen die Gunst des Publikums erobern, ».
wahr? Erobern ist Krieg, und zum Kriegführen gehört bekan»
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Lorenz Lüdepohl war nicht ganz unbemittelt, aber er war,
gerade deshalb, auch vorsichtig, und deshalb meinte er zög
„Tausend Mark dürften doch genügen?"
Moritz Zinkblech schlug die Lände über dem Kopf ruso^,!
„Junger Mann, Sie kommen wohl vom Mond? Mit tausend ** A
Anlagekapital wollen Sie ein berühmter Pianist werden, der ^
dann im Jahr ganz bequem seine hunderttausend Mark zusaw'"s
spielt. Das wäre ein Geschäft! Nee, unter dreitausend Mark ist
zu wollen. Das ist überhaupt mein fester Satz in solchen Fö
Mein Wort darauf: ich habe Konkurrenten, die damit noch
K>*
nicht zufrieden sein würden; nicht einen Finger würden sie ^
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Lorenz Lüdepohl überlegte und stimmte dann mit einem
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Erinnern Sie sich noch ..."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsdatum
um 1943
Entstehungsdatum (normiert)
1938 - 1948
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 198.1943, Nr. 5092, S. 130
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg